Viel Platz, verpackt in schickes Design – damit machte sich der Renault Grand Scénic in der Redaktion über 100.000 Kilometer viele Freunde. Zahlreiche außerplanmäßige Werkstattbesuche trüben allerdings die Langzeitbilanz.
Traditionell sind geräumige Mobile bei Redakteuren und Fotografen sehr beliebt und entsprechend viel unterwegs. Deshalb lassen die ersten positiven Kommentare zum Grand Scénic nach dem Start zum Dauertest im Juli 2017 nicht lange auf sich warten. Einige Kollegen schätzen das eigenständige, frische Design, weil der 4,64 Meter lange Renault das Van-Thema mit neuen Elementen anreichert. Andere Stimmen bedauern die Abkehr vom strengen Nutzwertdesign, weil die dynamische Dachlinie gehörig Innenhöhe abknapst.
So bietet der Laderaum mit 718 bis 1.901 Litern nominell zwar viel Volumen, aber nur für eher flaches Gepäck. Zudem vermissen viele die früheren Einzelsitze im Fond inklusive dreier Isofix-Halterungen sowie einer Durchladefunktion. Renault belässt es bei einer zweigeteilten Rückbank, deren Segmente sich individuell um 18 Zentimeter verschieben und per Tastendruck im Heck vorklappen lassen. Für 800 Euro Aufpreis gibt es zwei zusätzliche Klappsitze im Heck.
Vertikal und erhaben über dem Armaturenbrett positioniert, ist das Navi- und Infotainment-System R-Link 2 im Grunde ein fest eingebautes und aufwendig programmiertes Tablet. Die Bedienung mittels Wischen und Zoomen fällt nicht jedem auf Anhieb leicht, und manch eine Funktion versteckt sich im dritten Untermenü. Wenn man das System aber länger nutzt oder sich das Startmenü selbst konfiguriert, kommt man mit dem R-Link 2 besser zurecht. Zudem lässt sich das Smartphone einfach koppeln, die Verkehrsdaten fließen in Echtzeit ein, und die Kartendarstellung ist angenehm groß.
Insgesamt hinterlässt der Renault jedoch nach 100.000 Kilometern einen nur mittelmäßigen Qualitätseindruck. So mussten zahlreiche Klappergeräusche aus dem Motorraum und von der Armaturentafel sowie ein nicht mehr zu öffnendes Handschuhfach für Verdruss und mehrere unplanmäßige Werkstattaufenthalte sorgen.
Der größte Schwachpunkt des Franzosen: sein vernünftiger, aber wenig langstreckentauglicher Motor. Denn unter der Haube werkelt kein drehmomentstarker Diesel, sondern ein nur 1,2 Liter kleiner Vierzylinder-Benziner, der trotz Turboaufladung mit nur 205 Nm Drehmoment ab 2.000 Umdrehungen aufwartet und erst bei 5.500/min seine maximale Leistung von 132 PS erreicht.
Großer Raumgleiter mit (zu) schwachem Motor – So schön der Grand Scénic nach 100.000 Kilometern immer noch glänzt, so wenig begeistert sind wir vom müden Benziner und der teils mauen Materialqualität. Der Renault zeigt, dass 100.000 Kilometer ohne Probleme keineswegs selbstverständlich sind. Ein Totalausfall und sieben außerplanmäßige Werkstattbesuche trübten die Bilanz, sodass sogar der weitaus günstigere, aber robuste Grand Kangoo besser abschnitt als der Grand Scénic.