Eiskalt: Im Mercedes EQE 500 durch schwedischen Schnee

1:11 Min. 11.02.2022

Mitfahrt | Mercedes EQE 350+ - Beschleunigung und Rekuperation

Wenn du als Autohersteller ein Elektroauto zur ersten Ausfahrt an Journalisten herausgibst, machst du das normalerweise nicht im tiefen Winter, schon gar nicht auf Schnee und mit eiskaltem Akku. Wenn doch, musst du dir bei den Fähigkeiten Deines Produkts, aber auch des Urteilsvermögens der Journalisten ziemlich sicher sein. Denn dass die Kälte dem Akku einen höheren Innwiderstand aufzwingt, die Winterreifen – erst recht auf Schnee – erheblich mehr Rollverluste erzeugen, die klirrende Luft einen höheren Widerstand leistet und die Heizung elektrisch schuften muss, lässt sich nun mal nicht ändern.

Trotzdem grinst der Leiter der elektrischen Antriebe bei Mercedes, Christoph Starzynski, als er sagt: "Wir haben ihn sogar extra nicht vorkonditioniert, um zu zeigen, wie schnell er den Innenraum aufwärmt." So starten wir bei minus sieben Grad im nordschwedischen Arjeplog und nach kaum vier Minuten Fahrt ist im EQE zumindest Frühling. Dafür nutzt der EQE wie auch sein großer Bruder EQS ein Thermomanagmentsystem mit mehreren Kreisläufen, das unter anderem über die Abwärme des Antriebsstrangs – ja auch ein Elektromotor erzeugt nennenswert Verlustwärme – das Interieur heizt. Bis fünf Grad plus soll das sogar ohne zusätzliche Energiezufuhr eines sogenannten PTC-Heizelements (positive temperature coefficient) funktionieren. PTC-Heizer ähneln in ihrer Funktionsweise einem Haarföhn, brauchen einiges an Strom und müssen schon bei effizienten Dieseln an kalten Tagen beim Wärmen helfen. Was der EQE indes noch nicht nutzt ist eine nochmal effizientere Wärmepumpe. Die kommt laut Starzynski erst später.

Auch das Armaturenbrett im EQE erinnert stark an den großen Bruder EQS in Standard-Ausstattung – ohne den breitflächigen Hyperscreen. Aber beim EQE hat Mercedes an den Menüs und den Touchscreen-Kacheln nachgearbeitet: Sie sind größer, etwas intuitiver und damit noch angenehmer bedienbar. Zusätzlich verfügen sie jetzt auch über eine sehr praktische Ladeleistungs-Prognose die abhängig von der Akkutemperatur die mögliche maximale Leistung angibt. Bei unserer Testfahrt entwickelt sich der prognostizierte Wert von 31 kW am kalten Anfang bis hin zu 122 kW am Ende. Ohne Vorkonditionierung wohlgemerkt und nur auf der Basis der Akku-Erwärmung durch die Nutzung. Wer die vollen 170 kW erreichen möchte, muss die Ladestation eingeben, dann wird der Akku aktiv auf mindestens 25 Grad gebracht. Dass er nicht die 200 kW des größeren EQS erzielt, liegt am kleineren Akku mit 90,6 anstatt rund 108 kWh im EQS. Der um rund 19 Prozent kleinere Akku kann elektrochemisch eben um den gleichen Betrag weniger maximale Ladeleistung vertragen. Dabei ist für Mercedes die Spitzen-Ladeleistung eher zweitrangig, wichtiger ist ein Leistungsplateau, das bis in höhere Ladestandsbereiche anhalten soll.

Der Allrad-Antriebsstrang des EQE 500 ähnelt stark dem des EQS 580. Er nutzt die gleichen zwei Synchronmotoren mit permanenten Magneten, holt aus diesen aber 300 kW (408 PS) anstatt 385 kW (524 PS) wie der EQS. Wie überhaupt beide auf der gleichen, skalierbaren EVA2-Plattform aufbauen. "Wir haben den EQE aber fahrdynamischer und agiler ausgelegt", erklärt Starzynski als wir auf der gewaltigen Testfläche des zugefrorenen Sees ankommen. Auf diesem traktionsarmen Untergrund – low µ (gesprochen mü), wie die Ingenieure sagen – bringen sie die Fahrdynamikregelung an ihre Grenzen. Wir beginnen mit dem normalen Anfahren auf Schnee. Klingt einfach, ist aber eine Mammutaufgabe für die Regelung, da mehr Schlupf als auf Asphalt, aber eben nicht zu viel Schlupf nötig ist. Verbrenner kämpfen oft mit einem steten Wechsel zwischen stark durchdrehenden und fast stehenden Rädern.

Das Problem der Kolbenmaschinen ist ihre Leistungssteuerung, die mechanisch behäbig über Motorsteuerungs- oder Bremseingriff erfolgt. Elektromotoren sind hier theoretisch gewaltig im Vorteil, weil die Variation des Stromfluss viel zügiger die enorme Kraft dosiert. Theoretisch, denn in der Praxis muss es die Regelu... [Text gekürzt für Demonstration]

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