Mahindra und Jeep, das ist eine ganz besondere Beziehung. Bereits 2020 hatte der Autobauer FCA als damaliger Mutterkonzern von Jeep den Verkauf des Mahindra Roxor in den USA verbieten lassen. Der Roxor gilt als preiswerter Nachbau des Jeep CJ. Mit der Vorstellung des neuen Mahindra Thar in Indien, ebenfalls 2020, wurde das Verhältnis der beiden Autohersteller noch etwas komplizierter. Denn optisch ist der Mahindra Thar eine dreiste Kopie des Jeep Wrangler.
Dies führte zu einem neuen Gerichtstermin, diesmal in Australien. Vor dem australischen Bundesgericht trafen sich im Mai Vertreter von Stellantis/Jeep und Mahindra. Grund dafür war eine Marketing-Kampagne der Inder, die kurzfristig auf der offiziellen australischen Mahindra-Webseite veröffentlicht worden war, um nach Interessenten für den Thar zu suchen.
Jeep nahm das zum Anlass, vor dem Bundesgericht ein Verfahren nach australischem Verbraucherrecht gegen Mahindra wegen angeblicher "irreführender und betrügerischer Handlungen", "Absprachen" und "Verletzung eingetragener Designs" einzuleiten. Angeblich habe Mahindra auch ein Modell des Thar nach Australien importiert und plane, dieses für Homologationszwecke einzusetzen.
Jeep fordert jetzt, dass Mahindra den Konkurrenten mindestens 90 Tage im Voraus informiert, bevor ein Modell des Thar nach Australien importiert wird. Außerdem soll "Mahindra aufgefordert werden, sofort alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Import, dem Vertrieb und dem Verkauf des Thar-Produkts in Australien einzustellen und zu unterlassen". Die vorerst ergebnisfreie Anhörung soll Ende Mai fortgesetzt werden.
Die Vorliebe des indischen Autoherstellers für den berühmtesten Geländewagen der Welt kommt nicht von ungefähr. Bereits 1954 vereinbarte Mahindra mit dem damaligen Jeep-Eigner Kaiser-Jeep eine Lizenzfertigung der CJ-Modelle für den indischen Markt. Der 2020 vorgestellte neue Mahindra Thar ist seit den 1950er Jahren die erste echte Weiterentwicklung des Uralt-Konzepts, was zusätzlich zur Nervosität bei Jeep beiträgt. Denn der neue Thar besitzt modernere, saubere Benzin- (2,0l Turbo, 150 PS) und Dieselmotoren (2,2l, 130 PS), ist mit modernen Assistenzsystemen ausgestattet und verfügt mit dem überarbeiteten Fahrwerk über erheblich mehr Potenzial, auch außerhalb von Indien einen gewissen Markterfolg zu erreichen.
Dass der Mahindra Thar im Global NCAP Crashtest im November 2020 eine Vier-Sterne-Wertung einfuhr, macht die Angelegenheit für Jeep nicht einfacher: Der Jeep Wrangler hatte sowohl im europäischen NCAP-Crashtest als auch im US-amerikanischen IIHS-Test nicht die allerbeste Figur abgegeben. Nicht zuletzt dürften es die Jeep-Verantwortlichen nur so mittel lustig finden, dass Mahindra die Wrangler-Kopie bereits zu Preisen ab umgerechnet rund 13.600 Euro anbietet.
Man darf also davon ausgehen, dass dies noch längst nicht das Ende dieser Geschichte ist.