Es war keine Überraschung: Peugeot hat Wort gehalten und sein radikales Fahrzeugkonzept, das vor gut einem Jahr vorgestellt wurde, eins zu eins umgesetzt. Letzte Woche Freitag (20.5.2022) wurde der 9X8, dessen Grundhomologation kurz vor dem Abschluss steht, offiziell in Portimão vorgestellt. Wie bereits Mitte April berichtet, kommt das Hypercar von Peugeot ohne Verwendung eines Heckflügels aus. "Die Koeffizienten für Abtrieb und Luftwiderstand sind vom Reglement vorgeschrieben, und diese Eckdaten kann man auch ohne Heckflügel erreichen", hält Peugeot-Sportchef Jean-Marc Finot fest.
Renndebüt im Juli in Monza
Im Rahmen der Erprobung, die bisher 25 Testtage mit über 10.000 Kilometer umfasste, wurde das aerodynamische Konzept nur marginal angepasst: Dive Planes an der Vorderachse gehören ebenso dazu wie zwei Mini-Flügelchen am Ende der hinteren Radhäuser sowie geänderte Radhaus-Fences vorne und hinten.
Am 10. Juli wollen die Franzosen das erste Mal ihre Muskeln zeigen. In Monza steht das 6-Stunden-Rennen im königlichen Park an. Bis dahin soll der Prototyp konkurrenzfähig sein. Peugeot sieht sich in der Lage, das zu erreichen. Im Januar sprach Stellantis-Sportchef Jean-Marc Finot davon, dass das Team nur in Italien aufschlägt, wenn das Auto bereit ist.
Extremes Aerodynamik-Konzept
2023 steht die Rückkehr zum Rennen in Le Mans an. Für Peugeot wird es der erste Einsatz beim 24-Stunden-Klassiker nach dem abrupten Ende des 908-HDI-FAP-Projekts im Januar 2012. Damals trudelte die Peugeot-Mutter PSA in finanzielle Probleme und musste die Fortsetzung des LMP1-Programms beenden, obwohl die neue Hybridversion des 908-Prototypen bereits fertig entwickelt war.
Für das Comeback setzen die französischen Ingenieure wie bereits erwähnt auf ein extremes Aerodynamik-Konzept. Die Techniker haben in der Hypercar-Klasse deutlich mehr Freiheiten als die Hersteller, die ihre Autos auf den LMDh-Regheln aufbauen.
Reifenbreite als Zankapfel
Mittlerweile hat sich über die Konvergenz mit der amerikanischen LMDh-Klasse der Fokus verschoben: Die Grenzgeschwindigkeit, ab denen die Hypercars ihre elektrische Energie an der Vorderachse boosten dürfen, wurde erhöht, dazu sollen alle Wagen der Topklasse, die ab 2023 homologiert werden, auch die asymmetrischen Reifengrößen der US-Wagen (290 mm vorne, 340 mm hinten) verwenden.
9X8 generiert Abtrieb am Unterboden
Peugeot setzt im Rahmen des Hypercar-Regelwerks den Fokus auf klassischen Ground Effect, der primär vom Unterboden des Fahrzeuges erzeugt wird. Vorteil: Abtrieb vom Unterboden geht nur zu einem sehr kleinen Teil in den Luftwiderstand ein, Ingenieure bezeichnen das auch gerne als "billigen" Abtrieb.
V6-Biturbo mit Hybrid-Allrad
Der Peugeot 9X8 verfügt über einen 2,6-Liter-V6-Biturbomotor mit einer maximalen Leistung von 500 kW, unterstützt wird der Verbrenner von einem Hybridsystem, dass bis zu 200 kW leisten kann und seine elektrische Energie an der Vorderachse boostet, womit der 9X8 beim Boosten temporär zum Allradler wird. Die E-Maschine ist an der Vorderachse untergebracht, somit lastet viel Gewicht vorne, trotz ausgewogener Gesamtbalance. Das war ein Grund, warum die Hypercars laut Reglement mit gleich großen Vorder- und Hinterreifen (jeweils 310 mm breite Reifen) antreten sollten.