Manche Tage beinhalten kniffelige Aufgaben. Heute beispielsweise. "Wuchten Sie doch bitte mal diese Schrankwand durch den großen Irrgarten da draußen. Wir geben ihnen aber auch ein paar Rollbretter mit". Bitte was? Nun ja, die Schrankwand ist ein Audi E-Tron Sportback, rund 2,6 Tonnen schwer. Der Irrgarten: Die unterschiedlichen Handlingkurse des Audi Testzentrums in Neuburg nahe Ingolstadt. Und die Rollbretter? Eigentlich nur eines: Die modifizierte Fahrzeugarchitektur.
Nun stecken drei Asynchronmotoren im Chassis, rahmen sozusagen den 95 kWh-Akkublock ein (2,28 Meter lang, 1,63 Meter breit, 34 Zentimeter hoch; er unterteilt sich in 36 Module à 12 Zellen). "Die Architektur ist sehr flexibel. So konnten wir den größeren Motor, der sonst an der Hinterachse sitzt, vorne installieren. Hinten kommt nun die kleine E-Maschine zum Einsatz, die sonst vorne untergebracht ist – und zwar in doppelter Ausführung", erklärt Projektleiter Marc Baur. Die hinteren E-Maschinen sind nicht mechanisch miteinander verbunden, wenn man mal vom gemeinsamen Kühlkreislauf und Gehäuse absieht.
An der Hinterachse arbeiten die Motoren radselektiv. Die Leistung? Vorne 124 kW, hinten 196 kW, macht also 320 kW – im normalen Modus. Im Boost stehen dann vorn 150 kW und hinten 264 kW bereit. Macht 414 kW. Moment mal, warum gibt Audi dann eine Systemleistung von 370 kW an? "Weil die Batterie nicht mehr hergibt, daher muss die Gesamtleistung begrenzt werden", antwortet Baur. Übrigens: Der E-Tron 55 Quattro entwickelt 300 kW. Also geht’s ordentlich dahin, mit massiven Druck, nahezu geräuschlos, angeblich in 4,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h – geschenkt. Denn der Irrgarten wartet ja, Kurven unterschiedlichster Radien, in munter wechselnder Abfolge. Genau da soll er mit maximal neutralem, im Ernstfall leicht übersteuerndem Fahrverhalten durch, der E-Tron S Sportback, weil sich Projektleiter Baur und sein Team einen Wolf programmiert haben.
Die Motoren können individuell angesteuert werden, hinten also auch radselektiv. Die Fahrstabilitätskontrolle regelt so sensibel über Bremseingriff und Leistungsreduzierung, dass der SUV einen sauberen, nach wie vor flotten Strich fährt. Im ESC Sport-Modus lockert sich das Heck ein wenig, darüber hinaus reduzieren sich die Bremseingriffe vorne. Dennoch erfordert der Audi Gewöhnung, um ihn schnell zu fahren. Das liegt natürlich an der Masse, aufgrund derer du eigentlich am Einlenkpunkt eher langsam unterwegs sein solltest, um dann früh und kräftig bei gleichzeitig öffnender Lenkung herauszubeschleunigen. Nur klappt das mit dem "langsam" nicht so, weil die spezielle Akustik irgendwie den Sinn für das Tempo vernebelt. Du nagelst also immer etwas zu schnell hinein, worauf sich der E-Tron sicher über die Vorderräder abbremst. Dennoch kannst du beim Herausbeschleunigen erleben, wie das Heck leicht drückt, immerhin.
Die neue Technik lässt der klassischen keine Chance. So – genug der Aufregung. Trotz all der Kurverei sind die Zellen noch nicht ganz leer gesogen und wir verlassen das Testgelände. Mensch und Maschine etwas abkühlen und klären, wie sich der Apparat in freier Wildbahn fährt. Alles auf Comfort gestellt, E-Pedal drücken und schon säuseln wir aufs Land hinaus. Wie gewaltig und doch so entspannt der Audi gen Horizont schiebt, ist bemerkenswert.
Mit dem Laden geht es dann nicht ganz so schnell, es bleibt bei 150 kW Ladeleistung. Dann dauert es eine halbe Stunde, um den Füllstand von fünf auf 80 Prozent zu hieven. Doch warum genau braucht die Welt nun einen Elektro-SUV, der driften kann? Gar nicht. Doch die Technik deckt eine neue Fahrspaß-Facette auf, erhöht gleichzeitig die Fahrsicherheit.