Das aktuell dezentrale System mit über 400 Zulassungsämtern sorgt vor allem in Großstädten für lange Wartezeiten und verursacht hohe Kosten in den kommunalen Haushalten. "Die Zentralisierung auf Basis von i-Kfz ist machbar und rechnet sich – es muss nur jemand anfangen," sagte Reichel.
Warum das Thema jetzt auf der Agenda steht
Seit Jahren stockt die digitale Kfz-Zulassung. Zwar haben laut i-Kfz-Dashboard mittlerweile 378 von 411 Stellen ein Onlineangebot, doch der tatsächliche Digitalanteil dümpelt bei knapp acht Prozent. Gleichzeitig laufen in rund 100 Landkreisen alte Fachverfahren aus; kostspielige Ersatzprojekte drohen. In diese Lücke stößt das Konzeptpapier "(Neu)Start Kfz." Es verspricht schnelle Entlastung – und es rechnet vor:
Die nötigen Investitionen von 500 – 800 Mio. € sollen sich binnen zwei Jahren amortisieren. Ex-Innenminister Thomas de Maizière nannte das Konzept "einen längst fälligen Schritt."
Kernpunkte des Konzepts
- KBA statt Kreishaus: Standardvorgänge wandern komplett an das Kraftfahrt-Bundesamt, kommunale Stellen beraten nur noch.
- Vollständig digitaler Prozess: Antrag via Bund-ID oder EUDI-Wallet, automatische Vorprüfung, digitale Bescheide.
- 80 % Digitalquote bis 2030: Bis dahin soll der klassische Behördengang Ausnahme sein.
- Schrittweiser Personalumbau: Freiwerdende Kräfte bleiben in den Kommunen – dort mangelt es ohnehin an Fachleuten.
Was das für die Bürger ändert
Ganz banal: Für die meisten Anliegen genügt künftig ein Login statt eines Vormittags im Zulassungsbüro. Plakette und Fahrzeugpapiere kommen per Post oder landen digital in der Wallet. Bei Sonderfällen – etwa Importfahrzeugen – helfen zentrale Prüfgruppen; wer gar nicht digital will oder kann, bekommt Unterstützung vor Ort. "Eine moderne Verwaltung ist keine Kür, sondern Voraussetzung dafür, dass der Staat handlungsfähig bleibt," betont Prof. Michael Breidung, IT-Betriebsleiter der Stadt Dresden.
Kritiker zweifeln, ob Länder auf Kompetenzen verzichten und ob ein zentrales Portal wirklich allen Lastspitzen standhält. Andere warnen vor der "Ein-Portal-Abhängigkeit." Die Autoren verweisen auf Cloud-Redundanzen und den jüngsten Cyber-Vorfall in Witten, bei dem inkompatible Systeme Amtshilfe blockierten – ein einheitliches Verfahren sei hier robuster.
Weitere Einsatzgebiete
Die Kfz-Zulassung ist laut Konzept nur der Anfang. Wohngeld, Elterngeld oder Meldewesen ließen sich ähnlich zentralisieren. In Summe stehen laut Schätzung bis zu zehn Milliarden Euro jährliche Einsparungen im Raum. Ob es so kommt, entscheidet die Politik: Das BMI muss eine Rechtsverordnung nach § 4 OZG schreiben; Länder dürfen nur abweichen, wenn sie "gleichwertige IT-Komponenten" anbieten.
Die Fotoshow zeigt die neuen Vorschläge für Kennzeichen-Kürzel.