Wegen FSD: Muss Tesla wirklich 4 Mio. Bordcomputer tauschen?

Hardware zu schwach für autonomes Fahren
Muss Tesla wirklich 4 Mio. Bordcomputer tauschen?

Veröffentlicht am 16.04.2025

Derzeit sorgt ein US-Medienbericht für Wirbel. Die auf die Berichterstattung von Elektroautos spezialisierte Website "Elektrek" titelt: "Tesla (TSLA) muss die Computer in etwa 4 Millionen Autos ersetzen oder deren Besitzer entschädigen". Der Grund: Die aktuell in Tesla-Fahrzeuge eingebaute Hardware sei nicht leistungsfähig genug, um die Versprechung, die mit dem Assistenzpaket "Full Self Driving" (FSD) einhergehen, tatsächlich einzulösen. Und Firmenchef Elon Musk habe das bereits zugegeben.

"Alle Teslas mit erforderlicher Technik"

Um das Thema zu verstehen, muss man tief in Teslas Selbstfahr-Technik einsteigen. Und in die vielen Versprechungen, die der Hersteller und speziell der Mann an der Spitze über die Jahre in Bezug auf autonom fahrende Teslas gemacht haben. Tatsächlich behauptet der Hersteller auf seiner US-Website unentwegt (laut "Elektrek" und einem Gerichtsurteil seit 2016), dass "alle Tesla-Autos über die gesamte Hardware, die für eine vollständige Selbstfahrfähigkeit erforderlich ist", verfügen.

Doch der anfangs eingesetzte "Self-Driving-Computer" namens HW2.5 war den Anforderungen nicht gewachsen. Das erkannte auch Tesla und begann deshalb, die Nachfolgegeneration HW3 des "Selbstfahr-Computers" in neue Autos einzubauen. Und nicht nur das: Der "Elektrek"-Darstellung zufolge sei bei Autos, deren Kundinnen und Kunden das FSD-Paket gebucht hatten, die 2.5er-Hardware freiwillig gegen die 3er-Version getauscht worden. Doch auch deren Leistungsfähigkeit reichte allem Anschein nach nicht aus für die enormen Anforderungen, die hochautomatisiertes Fahren mit sich bringt. Also führte Tesla 2023 einen HW4-Computer ein.

Im Januar 2025 offenbarte Musk die unangenehme Wahrheit bei der Bekanntgabe der Tesla-Geschäftszahlen für das Geschäftsjahr 2024. Auf die Frage eines Anlegers, ob damit zu rechnen sei, dass Tesla Hardware-3-Fahrzeuge nachrüsten muss, antwortete der Firmenchef: "Die ehrliche Antwort ist, dass wir die Hardware-3-Computer derjenigen, die 'Full Self Driving' gekauft haben, aufrüsten müssen." Das werde schmerzhaft und schwierig sein, "aber wir werden es hinbekommen".

Kein Gerichtsurteil, keine Verpflichtung

Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist das jedoch nicht passiert – weder freiwillig noch auf Druck von außen. Denn anders, als es die eingangs erwähnte Überschrift suggeriert, gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt kein generelles Gerichtsurteil, das von dem Autohersteller verlangt, die Bordcomputer bei den infrage kommenden Autos tatsächlich gegen eine bessere Variante auszutauschen. Sondern nur ein Einzelfall, der jedoch als Präzedenzfall dienen könnte (siehe Textende). Auch die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA – sonst dafür bekannt, bei Tesla ganz genau hinzuschauen – hat den E-Auto-Bauer bislang nicht zu einer solchen Maßnahme verpflichtet.

Und falls Tesla den Computer tatsächlich austauscht: Um wie viele Autos geht es dabei? "Elektrek" geht von vier Millionen aus, da Tesla ja seit 2016 behauptet, dass ALLE Autos über die erforderliche Hardware verfügen sollen. Tatsächlich hat Tesla in den Jahren bis zur Einführung der HW4-Hardware 2023 weltweit ungefähr diese Anzahl an Autos ausgeliefert. Doch Elon Musk macht eine andere Rechnung auf: "Jetzt bin ich irgendwie froh, dass nicht so viele Leute das FSD-Paket gekauft haben", sagte er als Ergänzung seiner Antwort bei der erwähnten Geschäftszahlen-Präsentation.

Computer-Tausch nur bei FSD-Autos?

Er scheint also davon auszugehen, den Computer nur bei den Autos tauschen zu müssen, für die das FSD-Paket geordert wurde – wie damals beim Wechsel von der 2.5er- auf die 3er-Version. Um wie viele Autos es sich dabei handelt, ist nicht ganz klar, denn Tesla ist sehr diskret, wenn es um die Nennung dieser Zahl geht. Vor einigen Jahren gab der Hersteller einmal bekannt, bis zum Jahresende 2022 über 285.000 Kundinnen und Kunden in Nordamerika die Betaversion des "Full Self Driving"-Systems gebucht hätten. Aufgrund strengerer Auflagen hinsichtlich hochautomatisierter Fahrfunktionen auf anderen Märkten dürften es international nicht sehr viel mehr sein. Zudem enthält das Paket dort in der Regel weniger Funktionen, weshalb nicht viele Kundinnen und Kunden bereit sind, den nötigen Aufpreis zu zahlen.

Wie geht es nun also weiter? Erste Variante: Tesla tauscht die Computer-Hardware freiwillig, wie von Musk im Januar in Aussicht gestellt. Ob es wirklich dazu kommt, ist bislang jedoch nicht absehbar. Zweite Variante: Der Hersteller führt die Tauschaktion nicht durch, entschädigt aber die betroffenen Kundinnen und Kunden mit einer Geldsumme. Dritte Variante: Ein oder mehrere Gerichtsurteil(e) zwingen den Hersteller dazu, den Computer zu tauschen. Dafür müssten betroffene Kunden allerdings klagen.

Präzedenzfall von 2022

Dabei könnte ihnen ein Richterspruch von 2022 helfen. Damals verurteilte ein US-Richter Tesla dazu, den Computer bei einem Kundenfahrzeug auf eigene Kosten zu tauschen. Zuvor wollte der Autobauer dem Kläger, als er von sich aus die Aufrüstung anmahnte, dafür mehr als 1.000 Dollar in Rechnung stellen. Der Richter bezog sich auf die Versprechung von 2016 und urteilte, dass "die Besitzer dieser Fahrzeuge über die gesamte erforderliche Hardware verfügen müssen, um Zugang zu diesen Funktionen zu erhalten". Ansonsten sei das ein Fall von irreführender Werbung.