Aktuell baut Volkswagen einige seiner Klassiker und Bestseller im Stammwerk Wolfsburg. Hier entstehen der Golf inklusive der Kombiversion Variant, der Tiguan samt dessen XL-Ableitung Tayron sowie der Kompaktvan Touran. All diese Modelle werden noch von klassischen Verbrennungsmotoren angetrieben oder verfügen über Hybridantriebe. Doch künftig wird der Standort für VW zum Zentrum seiner E-Auto-Aktivitäten: "Wir wollen dort den elektrischen Golf-Nachfolger auf der neuen SSP-Plattform bauen, ebenso den volumenstarken elektrischen T-Roc", kündigte Markenchef Thomas Schäfer zum Jahresbeginn 2025 an.
Betriebsrat geht von Produktionsdelle aus
Damals frohlockte Schäfer: "Das Werk Wolfsburg hat eine klare Zukunftsperspektive", sagte das Mitglied des Konzernvorstands seinerzeit. Daniela Cavallo war ebenfalls zufrieden: "Damit hat sich das Stammwerk ein hochattraktives Fahrzeugsegment gesichert – und schreibt im Übrigen die mehr als 50-jährige Golf-Tradition in Wolfsburg fort", sagte die Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrates von VW. Management und Betriebsrat gingen damals von einem Gesamtvolumen von mehr als 500.000 Autos pro Jahr aus, das dann in Wolfsburg gefertigt werden soll.
Doch inzwischen scheint den Mitgliedern ihres Gremiums und den Beschäftigten zu dämmern, dass der Wechsel von Verbrenner- zu Elektroautos größere Umwälzungen mit sich bringt als gedacht. Wie Cavallo nun auf einer Betriebsversammlung ankündigte, könne die Produktion während dieser Transformation stark zurückgehen und den Beschäftigten deshalb die Arbeit fehlen. Als Konsequenz sei "ab 2027 die zeitweise Vier-Tage-Woche kein abwegiges Szenario", wird die Betriebsratschefin in mehreren Medien übereinstimmend zitiert. Sie riet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bis dahin ihre Arbeitszeitkonten gut zu füllen, damit es nicht zu finanziellen Einbußen kommt.
Vier-Tage-Woche bei VW bereits in den 1990ern
Den Beschäftigten in Wolfsburg droht ein harter Einschnitt – und das nicht zum ersten Mal. Bereits 1993 wurde im VW-Stammwerk eine Vier-Tage-Woche eingeführt. Als der Konzern damals in einer Krise steckte, einigte er sich mit der Gewerkschaft IG Metall auf dieses Konstrukt, um Massenentlassungen – im Gespräch war der Abbau von bis zu 30.000 Stellen – zu verhindern. Die Wochenarbeitszeit wurde ab 1994 auf 28,8 Stunden verringert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzichteten auf 20 Prozent ihres Lohns. Autos wurden dennoch an fünf Tagen pro Woche gebaut, doch die Beschäftigten teilten sich ihre Schichten so auf, dass sie im Schnitt einen Tag pro Woche freihatten. Die 30.000 Menschen konnten ihre Jobs behalten, was in den Medien daraufhin als "Wunder von Wolfsburg" bezeichnet wurde.
Das damals eingeführte Arbeitszeitmodell war übrigens viel mehr als ein Provisorium, denn es galt bis 2006. Nicht nur Daniela Cavallo und die VW-Werker dürften hoffen, dass eine Vier-Tage-Woche – falls sie überhaupt eingeführt wird – diesmal deutlich kürzer dauert. Auch das Management dürfte sich das wünschen, denn es würde bedeuten, dass die Elektrostrategie des Konzerns aufgeht und die Nachfrage an elektrisch angetriebenen Volkswagen-Modellen steigt.
Hinweis: In der Fotoshow präsentieren wir Ihnen alle acht Generationen des VW Golf GTI.