VW-Neuwagen mit China-Reifen: 50.000-Euro-Tiguan rollt auf Linglong

VW-Neuwagen mit Linglong-Reifen
VW liefert 50.000-Euro-Tiguan mit China-Reifen aus

Veröffentlicht am 25.07.2025
VW Tiguan III (3. Generation / 2024)
Foto: Volkswagen AG

Bereits im Sommer 2024 verkündete der chinesische Reifenhersteller Shandong Linglong, dass man es auf die Liste der Erstausrüster für den Volkswagen-Konzern in Europa geschafft habe. Seither laufen Tiguan-Modelle also nicht nur mit Reifen von Michelin, Continental oder Hankook vom Band, sondern eben auch mit Linglong-Reifen. Als Produktionsstätte für die Pneus sollte das 2022 neu in Betrieb genommene Reifenwerk in Serbien dienen, wobei nach Medienberichten immer noch tausende Reifen aus chinesischer Produktion an Volkswagen geliefert werden.

Sparzwang für viele Kunden unverständlich

Den Kunden gefällt diese Sparmaßnahme ganz und gar nicht. Seit Monaten tauchen in Foren und Bewertungsportalen immer wieder fassungslose Kommentare von enttäuschten Neuwagen-Käufern auf. Ende Juli hat nun auch ein VW-Händler via Linked-in Dampf abgelassen. "Jeden Tag kämpft der Service im Autohaus dafür, den Kunden bestmöglich zu beraten und ihn in seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen. Dazu zählt natürlich auch die Wahl der Bereifung als einzige Verbindung zur Fahrbahn", erklärt der Teiledienstleiter.

Konkret geht es um einen neuen VW Tiguan mit voller R-Line-Ausstattung für insgesamt rund 50.000 Euro – aber eben mit vier Linglong-Sport-Master-Reifen "Made in China". Mit viel Ironie schreibt der verärgerte Händler weiter: "Nun hat wohl jemand bei VW beschlossen, uns die Arbeit noch etwas zu erschweren. Warum nicht einen 'Billigreifen' auf unser neues Premiummodell montieren? Das kostet ja immerhin schon in der Grundausstattung knapp 40.000 €, da sollte man schon bei der Reifenauswahl auf die Kosten schauen. Für jeden Reifenverkäufer ist das ein herber Schlag ins Gesicht, wenn man Reifen ab Werk aus einem Land montiert, gegen dessen Fahrzeugmodelle die deutschen Hersteller sich mit aller Kraft behaupten wollen."

Linglong-Reifen mit schlechtem Testergebnis

Im SUV-Sommerreifentest 2024 des ADAC bekam der Linglong Sport Master die Gesamtnote Note 3,3. Damit war er der schlechteste aller 16 getesteten Reifen im Format 215/55 R17. Beste Kandidaten im Testfeld waren der Continental PremiumContact7 (Note: 2,0), der Michelin Primacy 4+ (Note: 2,1) sowie der Kumho Ecsta HS52 (Note: 2,3). Besonders schlecht schnitt der Linglong übrigens beim Thema Fahrsicherheit ab (Note: 3,5).

Im ADAC-Test heißt es: "Der Linglong Sport Master wird in der Summe seiner Eigenschaften bei der Fahrsicherheit mit gerade noch befriedigend bewertet. Der Sport Master bietet in der getesteten Dimension dem Fahrer auf trockener Fahrbahn eine nur ausreichende Rückmeldung am Lenkrad und kommt auch beim Fahrverhalten im Grenzbereich nicht über eine ausreichende Bewertung hinaus. Dafür neigt der Testwagen bei plötzlichen Ausweichmanövern zu stark zum Übersteuern und braucht recht lang, um sich zu stabilisieren. Beim Bremsweg schneidet der Linglong befriedigend ab, wodurch es in der Summe zu einer gerade noch befriedigenden Bewertung der Trockeneigenschaften reicht. Bei der Nachhaltigkeit kommt der in China produzierte Reifen nicht über eine ausreichende Bewertung hinaus."

Serbisches Werk in der Kritik

Seit Mitte 2022 betreibt der chinesische Reifenhersteller Shandong Linglong das Werk in Serbien, das Anfang 2023 offiziell eingeweiht wurde. Bereits zuvor hatte der "Deutschlandfunk" über mögliche Verstöße gegen Umwelt- und Sozialstandards im Zusammenhang mit dem Werksbau berichtet. Ende 2024 griffen der "Tagesspiegel" und das "Manager Magazin" das Thema erneut auf und warfen dem Unternehmen schwerwiegende Verfehlungen vor – von Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Menschenhandel.

Unabhängig von der Frage, wie belastbar diese Anschuldigungen waren, reagierte Volkswagen auf die Vorwürfe und unternahm laut "Manager Magazin" "Schritte zur Sachverhaltsklärung." MAN, ein zum VW-Nutzfahrzeug-Ableger Traton gehörender Hersteller, hat unterdessen Konsequenzen gezogen: Aufgrund möglicher Menschenrechtsverletzungen hatte man bereits Ende November 2024 alle Lieferabrufe bei Linglong gestoppt.