Die Zukunft fährt elektrisch – oder steht einfach nur still, während eine Luft-Boden-Rakete auf sie zurast. Die US Air Force plant, zwei Tesla Cybertruck s zu beschaffen. Nicht etwa, weil das futuristische Design so kampftauglich wäre – sondern um die Fahrzeuge bei Zielübungen als statische Testobjekte zu benutzen. Diese Information hat The War Zone ausgegraben.
Die beiden Trucks sind Teil einer größeren Bestellung von 33 Zielübungs-Fahrzeugen, die allesamt entkernt, nicht fahrbereit und ohne Batterien ausgeliefert werden sollen. Der Zweck: Testumgebungen simulieren, in denen "potenzielle gegnerische Fahrzeuge" im Fadenkreuz stehen. Dass der Cybertruck auf dieser Liste steht, spricht Bände – nicht über seine militärische Tauglichkeit, sondern über seine Popkultur-Präsenz.
Raketen statt Reichweite
Während Elon Musk den Cybertruck gerne als revolutionäres Hightech-Fahrzeug inszeniert, mit Edelstahlkarosserie und angeblicher Kugelsicherheit, sehen die US-Streitkräfte offenbar etwas anderes: ein gutes Ziel.
Das Militär hat keinen Bedarf an 800 Kilometer Reichweite, faltenfreier Geometrie oder Tesla-typischer Beschleunigung. Stattdessen zählen andere Werte – etwa, wie gut sich ein Fahrzeug mit einer Hellfire-Rakete verflüchtigen lässt.
Warum gerade der Cybertruck?
Die Wahl des Cybertrucks ist kein Zufall. Die Air Force will realistische Szenarien testen, in denen Fahrzeuge wie dieser – martialisch, zivil zugänglich, auffällig – auch im Krisengebiet auftauchen könnten. Ob durch private Söldner, paramilitärische Gruppen oder einfach als Symbol westlicher Technik: Der Cybertruck steht für Sichtbarkeit. Und genau das macht ihn zum perfekten Ziel. Spätestens seit Ramsan Kadyrow, diktatorisch regierender Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien, bei CNN mit einem Cybertruck aufgetaucht ist, auf dem ein Maschinengewehr montiert war, ist klar, dass sich auch weniger harmlose Autokäufer von der martialischen Optik des kantigen Pick-ups angezogen fühlen. Während der Toyota Hilux paramilitärische Gruppen mit hoher Zuverlässigkeit und Geländegängigkeit überzeugt, dürfte es beim Cybertruck der panzermäßige Auftritt sein. Ein Auftritt, der bisher nicht hält, was er verspricht.

Die US Air Force kauft zwei Tesla Cybertrucks - um sie als Übungsziele zu nutzen.
"Kugelsicher" – außer bei Beschuss
Tesla hatte stets betont, der Cybertruck bestehe aus ultrahartem kaltgewalztem Edelstahl – dieselbe Legierung wie bei SpaceX-Raketen. Und auch die Fenster seien gepanzert. Was wie ein Verkaufsargument klingt, wurde bereits 2019 bei der legendären Fenster-Demo ad absurdum geführt, als zwei von Tesla-Chefdesigner Franz von Holzhausen aus kurzer Distanz geworfene Stahlkugeln die angeblich "gepanzerten" Scheiben zerstörten.
Zudem stellte sich heraus: Lediglich die Türen des Pick-ups bestehen aus 3 Millimeter starkem Edelstahl. Der Rest der Karosserie? Reine Optik. Und die Stahlplatten sind nur verklebt – und fallen schon bei normaler Fahrt ab. Beschussfestigkeit nach militärischem Standard? Fehlanzeige. Kein Wunder, dass die Air Force hier keine Spezialtests braucht – Standardmunition dürfte genügen.

Die US-Unternehmen Archimedes Defense und Unplugged Performance arbeiten an einem gepanzerten Cybertruck. In den falschen Händen könnte das Modell dann in der Tat eine echte Bedrohung darstellen.
Rostfreier Stahl – mit Rost?
Auch Teslas zweites Lieblingsnarrativ – die Materialwahl mache den Cybertruck rostfrei – gerät regelmäßig ins Schleudern. Besitzer berichten über Flugrost, braune Flecken und metallische Tristesse auf der blanken Außenhaut. Laut Tesla sei das kein Rost, sondern lediglich "Schmutz". Allerdings kann Flugrost auch beim darunterliegenden Edelstahl Rost verursachen. Technisch gesehen ist bei diesem Thema sowieso Vorsicht angebracht: Edelstahl ist nicht in jeder seiner Ausführungen das Gleiche wie Nichtrostender Stahl (NiRoSta) – es gibt Edelstähle, die rosten können. Und was ist mit der von Elon Musk in Aussicht gestellten Schwimmfähigkeit des Cybertrucks? Gluck gluck – die hat er offensichtlich nicht, wie ein Video aus einem Yachthafen zeigt.
Warum die US-Streitkräfte unbedingt einen Cybertruck für Beschussübungen brauchen, ist unter den genannten Voraussetzungen ein bisschen rätselhaft. Ein mit einfachen Stahlplatten nachgebautes Modell hätte vielleicht gereicht. US-Medien spotten bereits, dass das Militär doch einfach nur zwei Müllcontainer als Ersatzziele beschaffen sollte. Aber vielleicht geht es um viel mehr. Wie ist die Radarsignatur des Cybertrucks aus allen erdenklichen Entfernungen und Richtungen? Wie kalibrieren die Spezialisten am besten die Zielerfassungssysteme ihrer Drohnen, Jagdflugzeuge und Kampfhubschrauber? Zudem dürfte das Militär Antworten auf Fragen suchen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.