Ein Diesel mit Euro-5-Norm – und trotzdem die "4" auf der Plakette statt der "5”? Wer sich diese Frage stellt, ist nicht allein. Die verschiedenen Ziffern auf der Umweltplakette und in der Euro-Abgasnorm sorgen immer wieder für Verwirrung. Dabei hat es durchaus seinen Grund, warum sich die beiden Regelungen auf verschiedene Zahlen beziehen. Denn die Zahl auf der Plakette steht für etwas ganz anderes als die Abgasnorm, die Hersteller und Käufer in Prospekten und Zulassungspapieren anführen.
Die farbigen Plaketten an der Windschutzscheibe sind Teil des Umweltzonen-Konzepts in deutschen Städten. Ihre Aufgabe ist einfach. Sie sollen auf einen Blick zeigen, ob ein Fahrzeug die jeweiligen Umweltauflagen erfüllt. Doch was viele irritiert: Die Zahl auf der Plakette bezeichnet nicht die Euro-Abgasnorm, sondern die sogenannte Schadstoffgruppe.
Dabei gilt: Je höher die Schadstoffgruppe, desto niedriger das Feinstaub-Emissionsniveau des Fahrzeugs – und desto größer die Wahrscheinlichkeit, in Umweltzonen einfahren zu dürfen. Die Skala reicht von 1 bis 4. Fahrzeuge der Schadstoffgruppe 1 – meist alte Diesel oder Benziner ohne geregelten Katalysator – bekommen gar keine Plakette. Gruppe 2 ist rot, Gruppe 3 gelb – und nur Gruppe 4 bringt die grüne Plakette. Sie gilt aktuell in allen Umweltzonen als Voraussetzung für die Einfahrt.
Warum stimmen Plakettenzahl und Euro-Norm nicht überein?
An dieser Stelle wird es technisch – und politisch. Die Euro-Abgasnormen regeln Grenzwerte für verschiedene Schadstoffe, unter anderem Stickoxide (NOₓ), Kohlenmonoxid (CO) und Partikelmasse. Doch für die Einstufung in die Schadstoffgruppen, über die die Plakette informiert, ist ausschließlich der Feinstaubausstoß relevant, insbesondere bei Dieselmotoren.
Das Umweltbundesamt (UBA) erklärt: "Je geringer die durchschnittlichen Feinstaubemissionen sind, desto höher ist die Schadstoffgruppe”. Also die Zahl auf der Umweltplakette. "Fahrzeuge mit moderner Abgasnachbehandlung erhalten die Schadstoffgruppe 4."
Heißt konkret: Ein Euro-5-Diesel, der relativ viel Feinstaub ausstößt, kann in derselben Schadstoffgruppe landen wie ein Euro-4-Benziner, der deutlich sauberer arbeitet. Die Abgasnorm allein reicht nicht aus, um die Umweltwirkung eines Fahrzeugs zu beurteilen – besonders nicht, wenn unterschiedliche Antriebsarten ins Spiel kommen.
Zudem spielen Nachrüstlösungen eine Rolle. Fahrzeuge mit nachträglich eingebautem Partikelfilter erfüllen nicht automatisch eine neue Euro-Stufe, sondern werden über die reduzierte Partikelmasse einer höheren Schadstoffgruppe zugeordnet. Damit können selbst Euro-3-Diesel mit Filter in die Gruppe 4 rutschen und damit die grüne Plakette erhalten. Ein weiterer Grund, warum die Zahl auf der Plakette nicht mit der Euro-Norm korreliert.
Wie wird die Schadstoffgruppe bestimmt?
Statt die Plakettenzahl pauschal an der Euro-Norm festzumachen, erfolgt die Zuordnung über den sogenannten Emissionsschlüssel in den Fahrzeugpapieren. Dieser steht in der Zulassungsbescheinigung Teil I unter Punkt 14.1, bei älteren Fahrzeugen unter der Schlüsselnummer zu 1.
Anhand dieser Codes lässt sich das Feinstaub-Emissionsniveau ermitteln – die Grundlage für die gesetzlich geregelte Einstufung in die richtige Schadstoffgruppe. Basis hierfür ist Anhang 2 der 35. BImSchV (Bundes-Immissionsschutzverordnung).
Der ADAC hat eine hilfreiche Übersicht veröffentlicht, in der man mit wenigen Klicks herausfindet, welcher Emissionscode zu welcher Schadstoffgruppe gehört. Wer sich selbst ein Bild machen möchte, findet dort praxisnahe Tabellen und Zuordnungshilfen.
Wie kontrollieren die Behörden überhaupt?
Auf deutschen Straßen geht es in Umweltzonen nicht um die Abgasnorm, sondern allein um die sichtbare Plakette. Polizei und Ordnungsamt kontrollieren ausschließlich das Vorhandensein und die Farbe oder Zahl der Plakette – entweder im fließenden Verkehr oder bei stehenden Fahrzeugen im Parkraum.
Das UBA stellt klar: "Die Behörden kontrollieren nicht die Abgasnorm, sondern das sich daraus ergebende Feinstaub-Emissionsniveau, abgebildet über die Schadstoffgruppe." Damit ist auch klar: Ob ein Fahrzeug Euro 5 oder Euro 6 erfüllt, spielt bei der Kontrolle keine Rolle – entscheidend ist, ob es die richtige Plakette trägt. Derzeit verlangen alle Umweltzonen in Deutschland die grüne Plakette, also Schadstoffgruppe 4.
Warum steht dann nicht einfach die Euro-Norm auf der Plakette?
Das würde auf den ersten Blick Sinn ergeben, oder? Schließlich weiß man oft, welche Euro-Norm das eigene Auto erfüllt – zum Beispiel Euro 4 oder Euro 5. Aber genau das wäre verwirrend. Warum? Ein Benziner mit Euro 5 stößt viel weniger Feinstaub aus als ein Diesel mit Euro 5. Wenn auf beiden Autos einfach "Euro 5" auf der Plakette stehen würde, würde das so aussehen, als wären beide gleich umweltfreundlich – das sind sie nicht.
Manche alten Diesel haben später einen Rußfilter eingebaut bekommen, um weniger Feinstaub auszustoßen. Das Auto bekommt daraufhin eine bessere Umweltplakette, doch die Euro-Norm ändert sich nicht – die bleibt bei Euro 3 oder Euro 4. Stünde also die Abgasnorm auf der Plakette, wäre die Umrüstung nicht zu erkennen. Das Umweltbundesamt ist derselben Meinung: Wenn man nur die Euro-Norm auf die Plakette schreibt, zeigt das nicht zuverlässig, wie sauber das Auto in der Realität ist.