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EKD beschließt Tempolimit für Mitarbeiter
Die Kirche macht mal langsam

Die Evangelische Kirche (EKD) hat sich auf ein Tempolimit für ihre Mitarbeiter geeinigt. Auf Autobahnen soll nicht schneller als 100 km/h gefahren werden, auf Landstraßen sieht der Beschluss maximal 80 km/h vor.

EKD Tempolimit Evangelische Kirche Collage
Foto: Patrick Lang / EKD

Viele, nennen wir sie mal "laute Medien", reagieren empört. Was mischt sich die Evangelische Kirche (EKD) in verkehrspolitische Fragen ein? Wieso kann ein Gremium der EKD ein Tempolimit beschließen? Funktioniert als Schlagzeile sicher gut, aber wir wollen die Kirche im Dorf lassen (sorry für das naheliegende Wortspiel). Auf einer Tagung der EKD wurde ein Antrag für ein Tempolimit eingereicht, diskutiert und angenommen, das stimmt. Es richtet sich aber ausschließlich an die Mitarbeiter der Evangelischen Kirche und ist keine politische Empfehlung für die Bundesrepublik. Das nur zur Einordnung. Schauen wir uns nun die Details an.

Unsere Highlights

"Wir haben gängige Geschwindigkeiten auf verschiedenen Straßen-Typen diskutiert und uns auf 100 km/h für Autobahnen und 80 km/h für Landstraßen geeinigt. Diese Geschwindigkeiten fahren beispielsweise auch Lkw. Wir wollten keine selbsterdachte willkürliche Grenze ziehen, die möglicherweise ein Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr darstellt", erklärt Carsten Splitt, Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland auf NAchfrage von auto-motor-und-sport.de. Der Antrag zum Tempolimit kam aus der Mitte der Synode und darf als Maßnahme im Zuge der bereits von der Kirchenkonferenz und dem Rat beschlossenen Klimaschutzrichtlinie verstanden werden. Die Richtlinie sieht eine Klimaneutralität bis spätestens 2045 vor, bis 2035 sollen 90 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen der EKD wegfallen.

Carsten Splitt Pressesprecher Evangelische Kirche Deutschland EKD
Sven Kriszio
"Das Tempolimit gilt auch für Elektroautos, denn der Strom kommt ja auch irgendwo her und wird verbraucht", erklärt EKD-Pressesprecher Carsten Splitt.

Gilt auch für Elektroautos

"Mit Blick auf unsere Klimaschutzziele haben wir natürlich den Bereich der Mobilität als Hebel identifiziert. Die Klimaschutzrichtline gibt vor, bei Dienstreisen auf klimafreundliche und öffentliche Verkehrsmittel zurückzugreifen. Bei dem Tempolimit geht uns es um eine drastische Reduzierung der Emissionen auf allen dienstlichen Fahrten der Kirchenmitarbeiter. Das Limit gilt übrigens auch für alle, die mit einem Elektroauto unterwegs sind. Das emittiert zwar keine Abgase, doch der Strom muss ja auch irgendwo herkommen und wird dann verbraucht. Hinter unserem Beschluss steckt allerdings auch die Hoffnung, mehr und mehr Mitarbeiter zu einem Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen", so Splitt weiter. Begleitend zum Tempolimit soll nun eine bundesweite Kampagne laufen, die aktuell konzipiert und gestaltet wird. Denn wo und wie der Beschluss am Ende tatsächlich umgesetzt wird, lässt sich nicht einfach per Synoden-Beschluss regeln, wie Pressesprecher Carsten Splitt erläutert: "Wir sind der Überzeugung, dass zunächst einmal jeder bei sich selbst anfangen muss, wenn es um den Klimaschutz geht. Da bringt es wenig, mit Verboten und erhobenem Zeigefinger zu kommunizieren. Vielleicht regen wir die Menschen mit unserem selbstverpflichtenden Tempolimit zum Nachdenken an."

Das Thema "Tempolimit" ist bei der Evangelischen Kirche indes nicht neu. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) sammelte bereits 2019 im Rahmen einer Petition mehr als 50.000 Unterschriften pro Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Unterschriften wurden anschließend dem Petitionsausschuss des Bundestages vorgelegt. "Das Quorum ist erreicht. Wir freuen uns mit all denen, die sich überall in Deutschland engagiert haben", sagt Oberkirchenrat Christian Fuhrmann, der die Petition beim Bundestag eingereicht hat. Jetzt müsse sich das Parlament der Debatte stellen, die Diskussion darüber sei jedem gesunden Menschenverstand zuzumuten. "Wir haben den Garten, in dem wir leben, nicht selbst gepflanzt – wir haben ihn zu bewahren", so Fuhrmann weiter. Dazu gehöre, den eigenen Lebensstil zu überdenken.

"Schöpfungsauftrag" verpflichtet zu Tempo 130

Zum Start der Petition sagte Fuhrmann damals, die "Freie Fahrt für freie Bürger" gehöre angesichts des Klimawandels auf den Prüfstand. Man könne auf diese Weise mindestens zwei Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr sparen. Landesbischöfin Ilse Junkermann pflichtet Fuhrmann bei: "Der Schöpfungsauftrag trägt uns. Daher sind wir verpflichtet, auch beim Klimaschutz mehr zu tun." Weitere Gründe für den auch innerhalb der Evangelischen Kirche umstrittenen Vorstoß seien außerdem die höheren Chancen auf einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss, weniger Lärmaufkommen und Reifenabrieb sowie eine höhere Verkehrssicherheit.

Die von der EKM gewünschte lebhafte Debatte wurde kurz vor dem Jahreswechsel von anderer Stelle angestoßen. Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), sagte, dass die Organisation die Chancen für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen prüfe. Allerdings geht die DUH einen Schritt weiter als die Kirche und fordert eine Beschränkung auf 120 km/h. "Wir prüfen auch, welche juristischen Möglichkeiten wir hier für die Durchsetzungen haben", sagte Resch.

Keine Limit-Fans in der Politik

Die Politik indes wollte sich weder in der vorangegangenen noch in der aktuellen Legislaturperiode auf ein Tempolimit einlassen. Sowohl der ehemalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) als auch die ehemalige Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hielten nichts von den Bemühungen. Der DUH-Vorstoß sei laut Scheuer "eine Nebelkerze, die fachlich nicht den Argumenten standhält." Der Ex-Minister setzt auf Förderungen und Anreize statt auf Einschränkungen und Verbote, um die Verkehrsbelastung zu reduzieren und damit die Umweltverschmutzung durch den Straßenverkehr zu senken.

Schulze sagte der "Südwestpresse", es gehe "aus Umweltsicht wirklich nicht mehr um ein Tempolimit für Autos auf Autobahnen". Das sei eine "Symboldebatte aus der Vergangenheit". Auch im kürzlich veröffentlichten Zwischenbericht der Regierungs-Kommission "Nationale Plattform Zukunft der Mobilität" hat ein generelles Tempolimit auf Autobahnen nur noch den Status einer Fußnote. Damit Sie auf jeden Fall auf dem aktuellen Stand sind, haben wir in unserer Fotoshow oben im Artikel einige Irrtümer aus dem Straßenverkehr und auch zu diversen Tempolimits zusammengetragen und erklärt.

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Wir brauchen heute Investitionen in Mobilität. Und irgendwann vielleicht ein Tempolimit.

Fazit

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) beschließt ein selbstverpflichtendes Tempolimit für alle dienstlichen Fahrten ihrer Mitarbeiter. Auf der Autobahn sind maximal 100 km/h, auf Landstraßen höchstens 80 km/h vorgesehen. Bis spätestens 2045 will die EKD klimaneutral sein.

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