Sulfid oder Oxid? Welcher Feststoffakku ist besser?

Sulfid vs. Oxid
Welcher Festkörper-Akkutyp macht das Rennen?

Veröffentlicht am 29.07.2025

Der chinesische Zellhersteller und strategische Partner von Mercedes-Benz, geht in Sachen Festkörper-Akku zweigleisig vor. Er entwickelt parallel zwei völlig unterschiedliche Zelltypen – mit Sulfid- und mit Oxid-Elektrolyt. Die sulfidbasierte Festkörperzelle kombiniert Hochnickel-Kathoden mit Silizium- oder Lithium-Metall-Anoden. Als Elektrolyt kommt ein sulfidischer Feststoff zum Einsatz – ein Material, das Ionen schnell transportiert und sich relativ gut in bestehende Zellformate integrieren lässt. Der Aufbau erinnert an ein dreilagiges Knäckebrot: oben die Kathode, unten die Anode, dazwischen die Elektrolytschicht – dünn, spröde, aber durchgängig. Die Zellen werden im gestapelten Pouch-Design gefertigt, ähnlich wie klassische Lithiumionen-Zellen.

Farasis testet aktuell 60-Ah-Zellen mit mehr als 400 Wh/kg Energiedichte. Die Zellen haben bereits verschiedene Sicherheitstests bestanden – darunter Durchstoß-, Scher- und Hitzetests. Ein integriertes Abschaltsystem soll zusätzlich vor Thermal Runaway (Thermisches Durchgehen) schützen. Sulfid-Elektrolyte sind extrem empfindlich gegenüber Feuchtigkeit. Schon kleinste Wassermengen können zu toxischen Gasen führen. Die Fertigung erfordert daher streng kontrollierte Trockenräume – die sind aufwendig und teuer.

Die Oxid-Zelle ist stabiler und komplexer

Die zweite Zellplattform basiert auf einem Oxid-Polymer-Verbundelektrolyt, ebenfalls in Kombination mit Lithium-Metall-Anoden und Hochnickel-Kathoden. Ziel ist eine Energiedichte von bis zu 500 Wh/kg – ein Wert, der mehr als doppelt so hoch ist wie bei aktuellen Serienzellen. Das System erinnert an eine feine Keramikplatte zwischen zwei Aluminiumfolien. Oxid-Elektrolyte sind thermisch stabiler als Sulfide, aber auch mechanisch anspruchsvoller. Farasis will diese Schwäche mit einer besonders dünnen, spannungsarmen Elektrolytschicht ausgleichen.

Die Technik steht noch im Prototypenstadium, eignet sich aber besonders für Hochleistungsanwendungen wie Sportwagen oder Lkw mit hoher Dauerlast. Der große Vorteil: Oxide brennen nicht und können sogar bei höheren Temperaturen betrieben werden. Obwohl sicherer im Betrieb, gelten Oxid-Systeme als schwieriger zu skalieren. Das Problem liegt in der Herstellung hauchdünner, homogener Schichten mit hoher Ionenleitfähigkeit – ein Prozess, der aktuell nur im Labormaßstab gelingt.

Die Strategie von Mercedes

Farasis verfolgt zwei Entwicklungsstränge gleichzeitig – nicht aus Unentschlossenheit, sondern aus strategischer Vorsicht. Das Sulfid-System geht gemeinsam mit Mercedes und Factorial in Richtung Serienreife. Die Oxid-Plattform bleibt in der Hinterhand. Mercedes ist an Farasis beteiligt und testet verschiedene Zellformate auf der MBEA-Plattform. Ziel ist es, bis 2028 eine eigene, möglichst unabhängige Zellfertigung in Europa aufzubauen. Die doppelte Ausrichtung von Farasis zeigt: In der Festkörperforschung gibt es aktuell keinen Königsweg. Jeder Zelltyp hat seine Stärken und Schwächen. Wer zuerst eine skalierbare, sichere und leistungsstarke Variante zur Serienreife bringt, sichert sich einen strategischen Vorteil im Akku-Wettrennen.