Mitten in der Hauptreisezeit wurden nach einer Meldung von RAI Südtirol alle sogenannten Speedcheck-Säulen abgeschaltet.
Blitzer-Aus wegen Salvini-Dekret
Wie Christian Carli, Präsident der Vereinigung der Südtiroler Ortspolizei, gegenüber RAI Südtirol bestätigt, betrifft die Maßnahme sämtliche fest montierten Blitzeranlagen in der Region. Grund ist ein Dekret des italienischen Verkehrsministers Matteo Salvini. Es sieht vor, dass fixe Geschwindigkeitskontrollen nur noch auf von der Präfektur ausdrücklich ausgewiesenen Straßen zulässig sind. Diese Zuordnung ist in Südtirol bislang nicht erfolgt.
Bevor die Geräte wieder aktiviert werden dürfen, muss der zuständige Regierungskommissar auf Basis von Unfall- und Verkehrsdaten der Ortspolizei festlegen, auf welchen Straßenabschnitten stationäre Radarfallen zulässig sind. Bis dahin bleibt die gesamte Messtechnik außer Betrieb.
Für Carli ist die Situation problematisch: "Die Speedcheck-Säulen dienen nicht der Einnahmeerzielung, sondern der Verkehrssicherheit", betont er. Gerade zu Ferienzeiten mit hohem Verkehrsaufkommen sei der Verzicht auf präventive Kontrollen bedauerlich.
Keine Zweifel an der Zulassung – aber die Regeln ändern sich
Ein weiterer Aspekt der Blitzer-Debatte betrifft die technische Zulassung. Nach einem Urteil des Kassationsgerichts im Jahr 2024 sind nur noch "typengenehmigte" Radargeräte rechtlich einwandfrei – Geräte, die lediglich als "zugelassen" gelten, könnten ungültige Bußgelder erzeugen, heißt es in dem RAI-Bericht weiter.
Christian Carli versichert jedoch, dass in Südtirol ausschließlich ordnungsgemäß homologierte Geräte verwendet werden, die jährlich technisch überprüft werden: "Schon bei der Ausschreibung für die Radargeräte wird verlangt, die Homologierung beizulegen." Auch die Genehmigungsunterlagen seien für jedes Gerät vorhanden (Rai Südtirol, 22.4.2024).
Diese Aussage ist insofern relevant, als es in anderen Regionen Italiens – etwa in Treviso – zu massenhaften Rückforderungen von Bußgeldern gekommen war. In einem aufsehenerregenden Fall wurde ein Radargerät eingesetzt, das die vorgeschriebene Jahresüberprüfung nicht bestanden hatte. Die Konsequenz: Tausende Bußgeldbescheide könnten unwirksam sein.
Neue Regelungen für Blitzer-Standorte in Italien
Die aktuelle Abschaltung in Südtirol ist Teil einer größeren Reform des italienischen Bußgeldsystems. Seit dem 12. Juni 2025 gelten neue, landesweit einheitliche Vorschriften zur Aufstellung von Geschwindigkeitsmessgeräten. Ziel ist es, willkürliche Blitzer-Standorte zu verhindern und die Akzeptanz der Verkehrskontrollen zu erhöhen.
Ein Überblick über die wichtigsten neuen Vorgaben:
- Blitzer müssen genehmigt und mit Verkehrsschild angekündigt werden (innerorts 200 Meter, außerorts 1.000 Meter vorher).
- Stationäre Messungen sind nur in Tempo-50-Zonen innerhalb geschlossener Ortschaften zulässig.
- Zwischen zwei fest installierten Blitzern müssen innerorts mindestens ein Kilometer, außerorts mindestens vier Kilometer Abstand liegen.
- Das Tempolimit am Standort darf maximal 20 km/h unter der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit der Straße liegen.
- Versteckte oder getarnte Geräte sind ausdrücklich verboten.
- Auch mobile Blitzer unterliegen denselben Transparenzpflichten und technischen Vorgaben.
Diese neuen Regeln sind eine direkte Reaktion auf die Kritik an übermäßigem Blitzer-Einsatz in Italien – insbesondere an Standorten mit zweifelhafter Verkehrssicherheitsrelevanz. Prominentestes Beispiel war der Fall eines Supermarktangestellten, der durch einen schlecht sichtbaren Blitzer auf seinem Arbeitsweg über Monate hinweg Bußgeldforderungen in Höhe von rund 28.000 Euro erhielt. Der Fall hatte landesweit Empörung ausgelöst.
Milliarden-Bußgelder unter Druck
Dass es beim Thema Blitzer nicht nur um Sicherheit, sondern auch um erhebliche Einnahmen geht, zeigen die Zahlen: Im Jahr 2024 nahmen Italiens Kommunen über 1,7 Milliarden Euro an Bußgeldern ein – ein neuer Rekordwert. Allein in Mailand waren es über 204 Millionen Euro, in Rom 145,8 Millionen, in Florenz 61,6 Millionen.
Selbst Kleinstgemeinden wie Carrodano (465 Einwohner) generierten sechsstellige Summen mit nur einem einzigen Blitzer: 807.000 Euro. In Colle Santa Lucia lag der Betrag bei 671.000 Euro – ebenfalls mit nur einem Standort.
Für viele Gemeinden stellt die neue Rechtslage daher eine finanzielle Herausforderung dar. In Südtirol jedoch betonen Vertreter wie Gemeindeverbandspräsident Andreas Schatzer, dass es bei den Kontrollen nicht um Einnahmen, sondern um Ordnung und Sicherheit gehe.