Starker Absatz von A6, 5er und Co.: Die Gründe für das Comeback der Oberen Mittelklasse

KBA-Neuzulassungen 1. Halbjahr 2025
Comeback der Oberen Mittelklasse oder Strohfeuer?

Veröffentlicht am 08.07.2025

Wer sich in den vergangenen Jahren regelmäßig mit den Neuzulassungsstatistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) beschäftigte, hatte sich an eine Gesetzmäßigkeit gewöhnt: Zuwächse zeigten allein die SUV-Baureihen. Der Aufschwung der Soft-Offroader ging natürlich zulasten der klassischen Autosegmente. Während die SUVs also einen Höhenflug nach dem anderen hinlegten, bröckelten die Zahlen bei den Kleinwagen sowie in der Kompakt- oder (Oberen) Mittelklasse – Stück für Stück, Monat für Monat.

Plus 81,9 Prozent in der Oberen Mittelklasse

Doch in der Neuzulassungsstatistik des ersten Halbjahres 2025 gibt es eine große Überraschung. Das KBA weist für das Segment "Obere Mittelklasse" ein sattes Plus von 81,9 Prozent aus. Und tatsächlich: Wurden zwischen Anfang Januar und Ende Juni 2024 lediglich 42.967 Vertreter jenes Segments neu zugelassen, in dem sich die klassischen Business-Limousinen und -Kombis à la Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse tummeln, waren es im gleichen Zeitraum des aktuellen Jahres starke 78.173 Exemplare (siehe Tabelle unten im Artikel).

Die Haupttreiber dieser Entwicklung stehen nicht nur alphabetisch, sondern auch nach Absatzzahlen geordnet vorn in diesem Segment. Audi A6 und BMW 5er marschieren mit 18.974 beziehungsweise 18.134 Neuzulassungen im Gleichschritt vorneweg in der Oberen Mittelklasse. Da kann der alte Rivale Mercedes E-Klasse mit 15.837 Neuzulassungen nicht ganz mithalten. Während der Schwabe stagniert (minus 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum), verzeichnen die beiden Bayern sogar größere Zuwächse als das gesamte Segment. Der Audi A6 legte um 87,8 Prozent zu, der BMW 5er steigerte sich im Vergleich zu den ersten beiden Quartalen 2024 um 82,5 Prozent.

Doch woran liegt es, dass ausgerechnet diese beiden Modelle das Momentum aktuell auf ihrer Seite haben? Die naheliegende Antwort: an einem Modellwechsel. Mit der Aussicht auf die neue Generation hatten sich die Privatkäufer und Fuhrparkleiter bis zum Jahresende 2024 offenbar in vornehmer Zurückhaltung geübt und das Auslaufmodell ignoriert, um später beim Neuling zuzuschlagen. Wer argumentiert, dass der aktuelle BMW 5er G60 schon im Herbst 2023 auf den Markt kam, hat zwar grundsätzlich recht. Doch die hierzulande deutlich beliebtere Touring-Version (siehe Fotoshow über dem Artikel) ließ bis Mai 2024 auf sich warten. Erst als der Kombi kam, haben die Zulassungszahlen Aufwind erhalten.

Fast ein Drittel Elektroanteil beim A6

Dass dies nicht die einzige Wahrheit sein kann, zeigt die Entwicklung beim Audi A6, dessen Modellwechsel vom C8 zum C9 (siehe Video nach dem dritten Absatz) erst im zweiten Quartal 2025 stattfand. Allzu viele Neunt-Generationen-A6 dürften sich also noch nicht in den knapp 19.000 Neuzulassungen im bisherigen Jahresverlauf tummeln. Schon eher polstert die bereits im Spätsommer 2024 erschienene Elektro-Version A6 E-Tron die Zulassungszahlen – allerdings nicht in dem Maße, dass sich der aktuell große Erfolg der A6-Baureihe erklärt. Mit 6.018 Exemplaren wurden zwischen Januar und Juni 2025 zwar mehr A6 E-Tron verkauft als BMW i5 (4.639); dennoch machen die elektrischen A6 nur knapp ein Drittel der Neuzulassungen der gesamten Modellreihe aus.

Wer allen Gründen für den derzeitigen Erfolg der deutschen Premium-Vertreter in der Oberen Mittelklasse auf die Spur kommen möchte, muss aber tiefer graben. Und sich beispielsweise die Rabatte anschauen. Über 20 Prozent Nachlass auf einen BMW 5er der gerade eingeführten Generation? Früher undenkbar, heute längst keine Ausnahme mehr. Zudem werden vor allem in der Business-Klasse gerade viele Autos mit sehr günstigen Leasing-Angeboten in den Markt gedrückt. Wobei Privatkäuferinnen und -käufer hier kaum eine Rolle spielen; der Anteil der gewerblichen Zulassungen beträgt im gesamten Segment 79,8 Prozent (Vorjahreszeitraum: 78,5), bei manchen Modellen fast 90 Prozent.

Beim A6 warten Leasing-Schnäppchen

Und die Fuhrparkleiter, die die Dienstwagen ihrer Außendienstler und führenden Angestellten beschaffen, müssen sparen. Also wird nach Leasing-Schnäppchen gefahndet. Beispiel Audi A6 Advanced 50 TFSIe, noch aus der C8-Generation stammend: Hier gibt es Neuwagen-Angebote für nicht einmal 500 Euro netto im Monat bei 10.000 Kilometern Jahresfahrleistung; ein Tarif, für den es in Nicht-Krisenzeiten eher einen A4 Avant zu leasen gab. Kaum teurer ist der BMW 530e Touring, ebenfalls ein Plug-in-Hybrid-Kombi der Fast-300-PS-Klasse, mit 587 Euro im Monat. Das Mercedes E 300 e T-Modell ist monatlich etwas teurer, was eine Erklärung sein könnte, warum die schwäbische Baureihe ihren bayerischen Rivalen bei den Neuzulassungen etwas hinterherhinkt.

Doch nicht nur die Premiummarken treiben die Neuzulassungszahlen in der Oberen Mittelklasse an. Ein weiterer Gewinnbringer ist der VW ID.7, der sich knapp hinter dem BMW 5er auf dem dritten Rang einreiht. Seine 18.017 Neuzulassungen gehen fast voll in die Wertung ein, denn im Vorjahreszeitraum wurden lediglich 2.026 ID.7-Exemplare neu zugelassen. Volkswagens Elektro-Pendant zum Passat hat sich nach gewissen Anlaufschwierigkeiten am Markt etabliert und zeigt, dass die Frage von Erfolg oder Misserfolg nicht allein vom (Verbrenner-)Antrieb abhängt.

Satte Rabatte auf den VW ID.7

Zur Wahrheit gehört aber auch: VW pusht den ID.7-Absatz – und den seiner anderen ID.-Modelle – kontinuierlich über Rabatte. Die Wolfsburger führten bereits kurz nach dem überraschenden Aus der staatlichen E-Auto-Förderprämie zum Jahresende 2023 große Nachlässe auf ihre Elektroautos ein und befinden sich seither im permanenten Rabattmodus. Erst kürzlich hatte VW seine Prämienaktion bis Ende September 2025 verlängert. Im Fall des ID.7 locken Nachlässe von bis zu 6.000 Euro brutto, was je nach Modellversion und Ausstattung über zehn Prozent ausmachen kann.

Auf niedrigerem Niveau trägt übrigens der Mercedes CLE zum Aufschwung der Oberen Mittelklasse bei. Seine 5.756 Neuzulassungen bedeuten ziemlich genau eine Verdopplung der Zahlen aus dem Vorjahreszeitraum. Womit alle relevanten Modelle dieses Segments übrigens benannt sind, denn Importfahrzeuge spielen hierzulande in der Business-Klasse weiterhin keine Rolle. Die nächsterfolgreiche Baureihe nach den einheimischen ist der Volvo (E)S90 mit 609 Zulassungen in den ersten sechs Monaten des Jahres.