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Sicherheitsrisiko Brennende E-Autos auf See
Kapitän: „Ladezustand muss gering sein“

Brände auf Schiffen sind nach wie vor eines der größten Sicherheitsprobleme in der Schifffahrtsbranche. Dies zeigt die deutliche Zunahme von Vorfällen in jüngster Zeit, darunter der Brand auf der Fremantle Highway, einem Autotransportschiff, das mit Tausenden Fahrzeugen an Bord auf dem Weg von Deutschland nach Ägypten war und vor der niederländischen Küste Feuer fing.

Fremantle Highway Autotransporter Feuer
Foto: FLYING FOCUS via Getty Images

Kapitän Anastasios Leonburg, Senior Marine Risk Consultant bei Allianz Commercial, dem Unternehmensversicherer der Allianz, erklärt einige Hintergründe von Bränden auf Schiffen.

Der "Safety and Shipping Review 2023" der Allianz zeigt, dass Feuer im vergangenen Jahr die zweithäufigste Schadensursache bei Schiffen war: Acht Totalverluste und mehr als 200 gemeldete Vorfälle – die höchste Zahl seit einem Jahrzehnt – gingen auf Brände an Bord zurück. Warum ist das so?

Jedes Jahr analysiert Allianz Commercial in ihrer Studie die gemeldeten Totalverluste und -vorfälle bei Schiffen mit mehr als 100 Bruttotonnen. Und obwohl die Schiffsverluste in den letzten zehn Jahren um 65 Prozent zurückgegangen sind (38 Schiffe im Jahr 2022 im Vergleich zu über 100 im Jahr 2013), zeigt sich bei Brandereignissen leider ein gegenteiliger Trend. Nach wie vor kommt es zu großen Bränden an Bord, an denen zum Beispiel Containerschiffe, Autotransporter und sogenannte "Roll on-Roll Off" (Ro-Ro)-Schiffe beteiligt sind. Allein im Jahr 2022 wurden mehr als 200 Brandfälle gemeldet (209) – die höchste Zahl seit einem Jahrzehnt. In den letzten fünf Jahren sind 64 Schiffe durch Brände verloren gegangen. Die Analyse von 250.000 Schadensfällen in der Seeversicherung zeigt, dass Feuer auch die teuerste Schadensursache ist und 18 Prozent des Wertes aller analysierten Schäden ausmacht.

Der große E-Ratgeber



Katastrophale Brände auf großen Schiffen haben in der Regel ihren Ursprung in brennbarer Ladung, breiten sich schnell aus und übersteigen oft die Möglichkeiten der Besatzung zur Brandbekämpfung. Die schiere Größe und Konstruktion großer Schiffe erschweren die Branderkennung und -bekämpfung; wenn die Besatzung zudem gezwungen ist, das Schiff zu verlassen, werden die Notfall- und Bergungsmaßnahmen komplexer und teurer, und das Risiko eines großen Schadens oder eines Totalverlusts steigt. Brände müssen schnell eingedämmt werden, doch kann es auf einem großen Schiff mehrere Stunden dauern, bis man überhaupt zum Brandherd vordringt.



Die Falschdeklaration von Ladung ist ein echtes Problem bei der Brandprävention. Die Meldesysteme der Branche führen etwa 25 Prozent aller schweren Zwischenfälle an Bord von Containerschiffen auf falsch deklarierte gefährliche Güter wie Chemikalien, Batterien und Holzkohle zurück. Experten glauben, dass diese Zahl zu niedrig angesetzt ist. Wird gefährliche Ladung nicht ordnungsgemäß deklariert, dokumentiert und verpackt, kann dies zu Bränden beitragen oder die Brandbekämpfung behindern. Die Kennzeichnung einer Ladung als Gefahrgut ist teuer und aufwändiger. Daher versuchen einige Unternehmen, dies zu umgehen, indem sie beispielsweise Feuerwerkskörper als Spielzeug oder Lithium-Ionen-Batterien (Li-Ion) als Computerteile kennzeichnen.

In den letzten Jahren gab es mehrere Vorfälle, bei denen Li-Ion-Batterien als Ursache für Brände auf Schiffen gemeldet wurden. Wie stark beeinträchtigen sie die Sicherheit auf Frachtschiffen?

Lithium-Ionen-Batterien können an Bord von Schiffen befördert werden, entweder als Ladung selbst oder als Teil von Elektrofahrzeugen, die sie mit Strom versorgen. Millionen dieser Batterien werden tagtäglich sicher transportiert. Jedoch besteht immer ein gewisses Brandrisiko, insbesondere wenn die Batterien benutzt, defekt, beschädigt oder unsachgemäß gelagert sind. Die Hauptgefahren sind Feuer, Explosion und "thermische Überladung", ein schnelles selbsterhitzendes Feuer, das eine Explosion verursachen kann. Außerdem können sie reizende, ätzende oder giftige Gase erzeugen, die in einem geschlossenen Raum eine Explosion auslösen können. Die Hauptursachen von Li-Ion-Bränden sind mangelhafte Herstellung oder beschädigte Batteriezellen oder Geräte, Überladung und Kurzschluss.

Kurzum: Natürlich sind Li-Ion-Batterien eine wichtige Energiequelle und brennen grundsätzlich nicht häufiger als andere Waren. Die Brandgefahr bei E-Autos ist ebenfalls genauso hoch wie bei Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Nur wenn sie sich entzünden, sind sie schwieriger zu löschen, da sie heftiger brennen können und in der Lage sind, sich Stunden oder sogar Tage nach dem Löschen spontan wieder zu entzünden.

Den meisten Schiffen fehlt es an geeignetem Brandschutz, Brandbekämpfungsmöglichkeiten und Detektionssystemen, um solche Brände auf See effektiv bekämpfen zu können. Durch das starke Wachstum der Schiffsgrößen – die Container-Transportkapazität hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt – wird Brandbekämpfung an Bord weiter erschwert.

Welche Rolle spielt die Nachfrage nach grüner Technologie?

Dekarbonisierung der Wirtschaft und Elektrifizierung führen dazu, dass immer mehr Güter mit Li-Ionen-Batterien ausgeliefert werden – von Elektrofahrzeugen bis hin zu einer breiten Palette von Konsumgütern und elektronischen Geräten. Laut McKinsey wird der weltweite Markt für Li-Ionen-Batterien von 2022 bis 2030 jährlich um über 30 Prozent wachsen. Auch die Zahl der Elektroautos wächst rasant: Fast zehn Prozent der weltweiten Autoverkäufe waren im Jahr 2021 elektrisch, das ist das Vierfache des Marktanteils im Jahr 2019. Viele konventionelle Energiequellen wurden durch Batterien ersetzt, und die Nachfrage in dieser Branche ist in den letzten Jahren enorm gestiegen – ein Trend, der sich fortsetzen wird. Diese neuen Transportgüter bedeuten veränderte Risiken, die beim Handling und Verladung der Waren berücksichtigt werden müssen. Zudem stellen sich Fragen zur Qualitätskontrolle, wenn die starke Nachfrage nach diesen Batterien viele neue Hersteller in den Markt eintreten lässt.

Was können Spediteure, Verlader oder Frachtunternehmen tun, um die Sicherheitsstandards bei diesen Transporten zu verbessern?

Die Brandgefahr bei Lithium-Ionen-Akkus wird sich im Laufe der Zeit wahrscheinlich verringern, wenn Hersteller, Spediteure und Aufsichtsbehörden weitere Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit der Transporte zu verbessern. Ansatzpunkte dafür gibt es einige.

Der Ladezustand von Lithium-Ionen-Batterien ist ein wichtiger Faktor für ihren sicheren Transport und sollte zwischen 30 und 50 Prozent liegen, idealerweise eher an der unteren Grenze. Sowohl die Reedereien als auch die Verlader sollten dies sicherstellen. Die Verlader sollten zudem eine ordnungsgemäße Zertifizierung, wie eine Zusammenfassung der Tests, von den Herstellern verlangen, bevor sie die Batterien transportieren, da wie erwähnt bei der Herstellung entstandene Produktdefekte eine der Hauptursachen für Brände bei diesen Batterien sind.

Weitere Maßnahmen, die in Betracht gezogen werden sollten, sind die Sicherstellung einer angemessenen Ausbildung des Personals und des Zugangs zu geeigneter Brandbekämpfungsausrüstung, die Verbesserung der Früherkennungssysteme an Bord und die Entwicklung von Gefahrenabwehr- und Notfallplänen.

Wie können auf der Beschaffungsseite die Sicherheitsstandards für die Lagerung von Batterien an Bord von Frachtschiffen verbessert werden?

Wie bereits erwähnt, ist die falsche Deklaration von Ladung eine der Hauptursachen für Brände auf Containerschiffen, und Verlader oder Spediteure sollten sicherstellen, dass die Waren ordnungsgemäß deklariert und als gefährlich gekennzeichnet sind, wenn Li-Ionen-Batterien verschifft werden.

Mehrere große Containerschifffahrtsunternehmen setzen auf Technologie, um dieses Problem zu lösen, indem sie Software für die Frachtkontrolle einsetzen, um verdächtige Buchungen und Ladungsdetails zu erkennen, während große Containerbetreiber Strafen verhängen. Einheitliche Anforderungen und Strafen für falsch deklarierte gefährliche Fracht wären zu begrüßen.



Die Debatte über E-Fahrzeuge in der Schifffahrtsindustrie ist im Gange, und es wird diskutiert, ob spezielle Ro-Ro-Schiffe für E-Fahrzeuge erforderlich sind. Aus versicherungstechnischer Sicht ist dies etwas, das wir gerne sehen würden – speziell für den Transport von E-Fahrzeugen gebaute Schiffe, die so konzipiert sind, dass sie das Brandrisiko erheblich reduzieren. Es gibt bereits erste Schifffahrtsunternehmen im Markt, die den Transport von E-Fahrzeugen auf ihren Schiffen aufgrund des potenziellen Brandrisikos eingestellt haben.

Wir analysieren jährlich die Entwicklung der Sicherheit in der Schifffahrt und sehen im letzten Jahrzehnt deutliche Fortschritte in vielen Bereichen. Wir sind zuversichtlich, dass die Schifffahrtsindustrie mit ihren Verbänden, zusammen mit der Industrie und Aufsichtsbehörden, Antworten auf die jüngsten Vorfälle finden wird, die helfen werden, die Brandrisiken an Bord weiter zu verringern. Als Versicherer unterstützen wir diesen Prozess mit unserer Expertise zu Risiken und Präventionsmaßnahmen.

Das Interview wurde veröffentlicht auf der Website von Allianz Commercial.

Welche Schutzmaßnahmen sind speziell für E-Fahrzeuge möglich?

  • Alle E-Fahrzeuge sollten an der Windschutzscheibe eine klare und präzise Kennzeichnung des Batterietyps aufweisen (etwa Batterie-Elektrofahrzeug (BEV), Hybrid-Elektrofahrzeug (HEV), Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeug (PHEV)).
  • E-Fahrzeuge mit geringer Bodenfreiheit sollten deutlich gekennzeichnet werden, da dies aufgrund von Rampen, Innenschrägen oder Deckerweiterungen des Schiffes zu Problemen beim Be- und Entladen führen kann.
  • Alle Elektrofahrzeuge mit einer Lithium-Ionen-Batterie müssen Druck-, Temperatur-, Druck- und Stoßtests gemäß dem UN-Handbuch der Kriterien für den Transport von Lithium-Ionen-Batterien erfolgreich bestanden haben (Kapitel 38.3).
  • Alle E-Fahrzeuge müssen voll funktionsfähig, selbstfahrend und verkehrssicher sein und über ein unbeschädigtes Batteriesystem verfügen.
  • Während der Durchfahrt sollten keine E-Fahrzeuge aufgeladen werden.
  • Alle E-Fahrzeuge müssen ordnungsgemäß gesichert werden, um ein Verrutschen während des Transports zu verhindern.
  • Eine mögliche Idee, die von einigen Betreibern von Autotransportern als Teil der Brandschutzmaßnahmen untersucht wird, ist die Verwendung von feuerfesten Decken, die speziell für E-Fahrzeuge hergestellt werden.
Umfrage
Das Brand-Risiko von Elektroautos halte ich für ...
19289 Mal abgestimmt
... gering, Benziner und Diesel können auch Feuer fangen.... höher als bei Verbrennern, schon wegen der komplizierten Akkus.

Fazit

Brände auf Schiffen sind nach wie vor eines der größten Sicherheitsprobleme in der Schifffahrtsbranche. Den meisten Schiffen fehlt es an geeignetem Brandschutz, Brandbekämpfungsmöglichkeiten und Detektionssystemen, um solche Brände auf See effektiv bekämpfen zu können. Vorschläge für Verbesserungen gibt es viele. Die Umsetzung scheitert jedoch oft an der finanziellen Bereitschaft.

Die aktuelle Ausgabe
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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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