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Seat-Entwicklungsvorstand Dr. Werner Tietz im Interview
Investiert wird vor allem in die Marke Cupra

Dr. Werner Tietz ist seit fast einem Jahr Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Seat. Im Zuge der Vorstellung des rein elektrisch angetriebenen Cupra Born kündigt er im Interview mit auto-motor-und-sport.de an, auch in den nächsten Jahren vor allem in Cupra investieren zu wollen.

Dr. Werner Tietz, Vorstand Forschung und Entwicklung bei Seat
Foto: Seat
Herr Dr. Tietz, Sie sind zum 1. Juli 2020 als Vorstand für Forschung und Entwicklung von Bentley zu Seat gekommen – wie ist so ein Wechsel von England nach Spanien in der Pandemie?

In Großbritannien war vor allen Dingen die Ein- und Ausreise schwierig. Nach Spanien reisen war etwas einfacher. Es gab zwar keine Direktflüge, aber der Wechsel war insgesamt eher einfacher als gedacht.

Und jetzt haben Sie auch besseres Wetter.

Beim Wetter kommt es auf den Charakter an, den man gern haben möchte: Die Landschaften in England sind auch extrem schön. Es gibt dort tolle Regionen wie den Lake District, den Peak-District und Snowdonia. Wenn man bodenständiges graues Wetter mag, kann man dem durchaus etwas abgewinnen. Zu Spanien ist das natürlich ein Kontrast – aber es ist auch sehr schön.

Unsere Highlights
Was ist jetzt bei Ihrer Arbeit der größte Unterschied zu Bentley?

Der größte Unterschied ist das Verhältnis von Investitionen zu Einzelkosten. Bei einer Luxusmarke spielen die Einzelkosten nicht so eine große Rolle, aber das Thema Investitionen ist relevant – das liegt einfach an den Stückzahlen. Bei Seat sind hingegen die Einzelkosten sehr wichtig, damit die Autos bei größeren Volumina bezahlbar bleiben. Ansonsten gibt es aber auch viele Parallelen, insbesondere zur Marke Cupra. Unseren Cupra-Kunden wollen wir etwas Individuelles, etwas Besonderes bieten. Das kann man natürlich nicht in dem Maße machen, dass man Tailor-Made-Fahrzeuge produziert, wie es bei Bentley möglich war (Fahrzeuge, bei denen der Hersteller bei der Produktion möglichst jeden Sonderwunsch des Kunden maßgeschneidert umsetzt. Anm.d.Red.). Aber ein bisschen was können wir da bei Cupra auch machen.

Und was ist Ihnen in Sachen Forschung und Entwicklung bei Seat aktuell am wichtigsten – wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?

Bei uns geht es darum, die neuen Projekte zu entwickeln. Wir haben jetzt den Cupra Born vorgestellt, außerdem haben wir angekündigt, dass wir den Cupra Tavascan entwickeln und 2024 in Europa auf die Straße bringen. Zudem entwickeln wir ein kleines Elektro-Fahrzeug, dessen Bau hier am Standort Martorell vorgesehen ist. In der Summe haben wir relativ viele Projekte vor uns und mein Team ist mehr als busy.

Cupra ist eine sportliche Marke. Elektroautos sollen allerdings Energie und CO2 einsparen. Warum ist der Born kein Widerspruch?

Ich glaube nicht, dass das ein Widerspruch ist. Richtung Sportlichkeit ist ein Elektro-Fahrzeug ja nicht unbedingt ein Verzicht. Wenn man das Thema Anfahren und Beschleunigen im unteren Geschwindigkeitsbereich mit dem Verhalten von Verbrennungs-Fahrzeugen vergleicht, vermisst man da nichts. Ganz im Gegenteil: Man hat da ganz neue Erlebnisse. Hohe Autobahngeschwindigkeiten sind natürlich noch nicht die Welt der Elektroautos. Aber das Thema Sport und Spaß am Fahren im urbanen Umfeld, beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit – also ich glaube, dass man mit einem Elektroauto da keinen Verlust hat. Uns ist es auch sehr wichtig, das Fahrzeug so zu auszulegen, dass es mehr Fahrspaß bietet, als man vielleicht erwartet.

Wird es motorsportliche Aktivitäten mit elektrischen Cupras geben so wie einst mit dem Seat Leon Cup Racer?

Wir sind mit einem elektrischen Cupra in die ETCR-Serie eingestiegen und auch in der Extreme E unterwegs. Ich glaube, dass wir künftig auch extrem sportliche Varianten von E-Fahrzeugen auf die Straße bringen.

06/2019, Seat Mii Electric
Seat
Der Seat Mii Electric wird für eine ganze Weile der einzige vollektrische Seat bleiben. Investieren werden die Spanier in den nächsten Jahren vor allem in Cupra!
Elektromobilität ist zum Teil schon Gegenwart und auf jeden Fall die Zukunft. Den elektrischen Seat Mii gab es nur 2020, von anderen Seat-Modellen gibt es PHEV-Varianten – wird es auch wieder einen elektrischen Seat geben, oder gehört die Zukunft ausschließlich der Performance-Marke Cupra?

Wir haben jetzt in Seat relativ viel investiert und zum Beispiel den neuen Leon gelauncht, den Tarraco gebracht und der Arona sowie der Ibiza haben ein Facelift bekommen. In den nächsten drei/vier Jahren gehen die Haupt-Investitionen zu Cupra – mit Cupra machen wir den Schritt nach vorn. Bei Seat fördern wir momentan das Thema Mikromobilität. Wir haben den Seat Mó E-Kickscooter und den jetzt in Barcelona vorgestellten E-Scooter. Die E-Mobilität wird auf der Seat-Seite von unten nach oben eingeführt.

Die Technik des Cupra Born stammt vom ID.3. Wird der MEB den Konzernmarken eher mehr oder weniger Freiheitsgrade geben als der MQB, um eigenständige Fahrzeuge zu machen? Hat Cupra eine Chance, auch außerhalb des Designs, eigenständige Lösungen und/oder Abstimmungen zu entwickeln?

Der MEB gibt als Baukasten relativ viele Freiheitsgrade. Da auf dem MEB verschiedenste Fahrzeuge basieren, kann man sich auch an den verschiedensten Komponenten bedienen und diese neu kombinieren. Außerdem kann man viel über Applikationen und über Sonderlösungen machen. Wenn Sie jetzt den Cupra Born anschauen: Da haben wir beim Fahrwerk viel gemacht. Wir haben ein eigenes DCC in Kombination mit dem ESC Sport mit einer sportlichen Tieferlegung, eine eigenständig abgestimmte Progressiv-Lenkung und wir haben die vom Fahrmodus abhängige Fahrpedal-Rückmeldung eigenständig kalibriert. Kurz vor Ende des Jahres kommt dann eine Sonderversion auf den Markt: Die Boost-Version mit 170 Kilowatt (231 PS), die es nur bei Cupra geben wird. Die hat eine andere Achsübersetzung an der Hinterachse, so dass wir da mehr Radmoment haben. Damit spurtet das Auto in 6,6 Sekunden von null auf 100 km/h mit der mittleren Batterie. Und ich glaube, dass auf der MEB-Plattform noch mehr möglich ist, das Potential der Plattform ist noch nicht ausgereizt.

Was war die größte technische Herausforderung bei der Entwicklung des Cupra Born auf Basis des MEB? Das Auto war ja schon in der Entwicklung, als Sie dazugestoßen sind.

Als ich dazugestoßen bin, war der Cupra Born schon vom Design her entwickelt. Was wir noch nicht gemacht hatten, war die komplette Fahrwerks-Applikation und die höhermotorisierte Variante stecke noch in den Anfängen. In die Realisierung mussten wir relativ viel Intelligenz stecken, da wir nicht zu massiv in die Hardware eingreifen wollten. An der Hardware haben wir nur Feintuning gemacht. Die Achsübersetzung sowie die Bremsen an der Vorderachse konnten wir dank des MEB-Baukastens vom VW ID.4 nehmen.

Bekommen die Cupra-Varianten auch einen eigenen Sound?

Wir haben einen eigenen Cupra-Sound generiert. Der Außensound ist in einem gewissen Rahmen gesetzlich vorgeschrieben. Wir haben uns sehr viel Zeit genommen, und zusammen mit unseren Designern im Rahmen dieser Vorschriften einen eigenen Außensound komponiert. Der Klang soll die formalen Cupra-Gene transportieren. Es wird spannend, ob dann auch die Kunden die Assoziationen zu Natur, Stein und Sand erleben können und ein bisschen Barcelona-Feeling spüren.

Wie werden die Preise des Born im Verhältnis zum ID.3 liegen?

Der Cupra Born wird etwas oberhalb vom VW ID.3 liegen, wobei die finalen Preise erst zum Launch Ende des Jahres bekanntgegeben werden.

Die Elektromobilität ist stark auf die Lade-Infrastruktur angewiesen – wo sehen Sie die Hauptmärkte des Born?

Der Hauptmarkt für den Cupra Born ist Europa – und da ist beim Thema Ladeinfrastruktur noch viel zu tun. Auf dem Heimatmarkt hier in Spanien müssen wir beispielsweise noch massiv zulegen, da arbeiten wir mit der Regierung zusammen. Denn wenn man Elektromobilität möchte, und wir unterstützen das massiv, dann müssen auch die lokalen Regierungen dafür sorgen, dass eine entsprechende Lade-Infrastruktur da ist – die dann hoffentlich auch mit grünem Strom versorgt ist.

Bei Ihrem Maschinenbau-Studium in den 1980er-Jahren an der RWTH Aachen spielte Elektromobilität sicher noch keine große Rolle – wie ist das jetzt für Sie?

Ich habe schon bei Porsche bei Hybrid-Rennfahrzeugen mitgearbeitet – da bin ich relativ früh mit dem Thema Elektromobilität in Kontakt gekommen. Da habe ich auch Erfahrungen damit gesammelt, was man alles mit Elektromobilität machen kann. Wenn Sie heute zum Beispiel einen Plugin-Hybrid fahren, hat der ja unten heraus eine deutlich bessere Beschleunigung als ein normaler Verbrenner. Das ist eine fantastische Kombination, die auch das Motorkennfeld optimal nutzt. Die Elektromobilität war also noch nicht Teil meines Studiums, aber mit dem Thema beschäftige ich mich schon lange.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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