Während wir in Deutschland noch davon träumen, haben es die Schweden bereits in die Realität umgesetzt. Das skandinavische Land baut die weltweit erste permanente Autobahn, auf der Elektrofahrzeuge während der Fahrt geladen werden. Der Pilotabschnitt auf der E20 südlich von Stockholm ist ein konkreter Vorstoß, wie elektrische Mobilität nicht nur nachhaltiger, sondern auch alltagstauglicher werden kann – ganz ohne Zwischenstopp an der Ladesäule.
Konkret handelt es sich um einen 21 Kilometer langen Abschnitt zwischen Hallsberg und Örebro. Dort wird aktuell eine Ladeinfrastruktur direkt in die Fahrbahn integriert. Dabei testen die Schweden zwei technische Ansätze: entweder konduktiv, also über einen mechanischen Kontakt mit einer Stromschiene im Asphalt, oder induktiv durch elektromagnetische Felder, die das Fahrzeug kabellos mit Energie versorgen. Beide Systeme sind bereits durch vorangegangene Testfelder in Schweden erprobt – unter anderem auf der Insel Gotland und im Raum Stockholm. Favorisiert wird inzwischen die induktive Lösung, da sie wartungsärmer und für verschiedene Fahrzeugtypen flexibler einsetzbar ist.
Kleinere Batterien, weniger Ladestress
Dass Schweden hier als Vorreiter auftritt, kommt nicht von ungefähr. Der Verkehrssektor ist einer der größten CO₂-Verursacher des Landes, rund ein Drittel der Emissionen gehen auf das Konto des Straßenverkehrs. Entsprechend ehrgeizig sind die politischen Ziele: Spätestens 2030 will man unabhängig von fossilen Brennstoffen sein. Das Land profitiert dabei von seiner Topografie – lange, gut ausgebaute Autobahnachsen zwischen den urbanen Zentren bieten sich ideal für neue Infrastrukturprojekte an.
Die Vorteile elektrifizierter Straßen liegen auf der Hand. Wenn Strom permanent verfügbar ist, können die Batterien in den Fahrzeugen deutlich kleiner ausfallen. Laut einer Studie der Chalmers University of Technology würde bereits eine Teil-Elektrifizierung von etwa einem Viertel des hochfrequentierten Straßennetzes in Europa ausreichen, um Batterien auf etwa ein Drittel ihrer bisherigen Größe zu reduzieren. Das spart nicht nur Ressourcen, sondern senkt auch das Fahrzeuggewicht und letztlich die Kosten.
Kosten, Technik – und der Blick nach Deutschland
Gleichzeitig ist der technologische Aufwand erheblich. Allein der Bau der schwedischen E-Road kostet rund 2,7 Millionen Euro pro Kilometer. Hinzu kommen hohe Anforderungen an die Haltbarkeit der Technik, vor allem im Winterbetrieb, sowie die Frage nach länderübergreifenden Standards. Denn aktuell gibt es noch keine einheitliche Norm, wie Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller sicher und effizient auf solchen Strecken laden können.
Trotz dieser offenen Punkte hält Schweden an seiner Vision fest. Bis 2045 soll das E-Road-Netz im Land auf rund 3.000 Kilometer anwachsen. Besonders Güterverkehr und Pendlerverbindungen stehen dabei im Fokus. Denn gerade dort könnte das kontinuierliche Laden den größten Nutzen bringen – sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch.
Deutschland beginnt inzwischen, sich dem Thema zu nähern. In Bayern entsteht derzeit eine Teststrecke auf der Bundesstraße B471, auf der ab 2025 induktives Laden während der Fahrt erprobt werden soll. Der Versuchsbetrieb ist auf rund einen Kilometer begrenzt.
Ob sich das System europaweit durchsetzen wird, hängt maßgeblich von der technologischen Weiterentwicklung, den Kosten – und der Zusammenarbeit zwischen Ländern und Industrie ab. Schweden hat den ersten Schritt gemacht. Jetzt bleibt abzuwarten, wer nachzieht.
Im Video sehen Sie einen Versuch aus Wien zum Thema automatisiertes Laden von Taxis.