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Neues Stoßfänger-Testverfahren
So funktionioniert der neue Bumper-Test

Wenn Autohersteller am falschen Ende sparen, können harmlose Auffahrunfälle richtig teuer werden. Ein neuer Test, den jetzt alle Modelle absolvieren müssen, straft die Knauserer bei der Typklassen-Einstufung ab.

Bumper-Test
Foto: Archiv

In diesem Winter krachte es auf den Straßen wegen extremer Witterungsbedingungen am laufenden Band. Auch im Stadtverkehr häuften sich die Karambolagen auf glatten Fahrbahnen. Diese waren zwar meist harmloser Natur, denn das Gros der Auffahrunfälle dort ereignet sich gegebenheitsbedingt bei niedrigen Geschwindigkeiten – doch für viele mit einem teuren Nachspiel. 

Bagatellschäden werden zur Kostenfalle

Steuerte der Unfallverursacher einen Audi Q5, so kommt er finanziell noch vergleichsweise glimpflich davon, wenn er ins Heck des Vordermanns rutschte. Denn die Reparatur der beschädigten Audi Q5-Fahrzeugfront kostet ihn oder seine Vollkaskoversicherung nur knapp 1.200 Euro. Bei anderen Geländegängern – etwa beim Suzuki Jimny - kann es aber bis zu drei Mal teurer kommen, die Schäden eines Bagatellunfalls zu reparieren. Dies ist ein Phänomen, das allerdings in allen Fahrzeugklassen zu beobachten ist.

Bumper-Test soll Schwachstellen aufdecken

Warum es bei identischer Unfallkonstellation mit einer Aufprallgeschwindigkeit von zehn km/h zu enormen Unterschieden bei den Reparaturkosten kommt, das erklärt Christoph Lauterwasser, Leiter des Allianz Zentrum für Technik (AZT) in Ismaning: „Optimaler Schutz bei Kollisionen lässt sich nur dann erzielen, wenn die Stoßfänger beider Fahrzeuge kompartibel sind“, sagt der Sicherheitsexperte. „Nur so können sie bei leichten Auffahrunfällen im Stadtverkehr Schäden an anderen Fahrzeugteilen verhindern.“ Doch in der Realität sieht das meist anders aus.
Um Defiziten auf die Spur zu kommen, gibt es jetzt ein neues Prüfverfahren – den so genannte Bumper-Test.

Das Ergebnis bestimmt die Kasko-Einstufung

Er ist beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nunmehr eine obligatorische Ergänzung zum Typklassen-Einstufungstest, den alle neuen Modelle absolvieren müssen. Je nach Ergebnis kann sich die Zuordnung um bis zu zwei Klassen verändern – die Vollkasko-Prämie wird billiger oder teurer. Was trennt bei Stoßfängern die Spreu vom Weizen? Schmale, zu tief oder zu hoch angebrachte Querträger sowie zu starre Elemente zwischen Querträger und Karosserie erweisen sich im Bumper-Test als serienmäßige Fehlkonstruktion. Denn wenn sich die Stoßfänger nicht treffen und Aufprallenergie abbauen, rutschen sie in weichere Fahrzeugstrukturen. Das richtet beim Unfallgegner schwere Schäden an, häufig ohne Stoßenergie zu absorbieren.

Bumper-Test bei zehn km/h

Auch das Auto des Verursachers ist in der Regel ziemlich lädiert: Schäden an Lampen, Kühler, Kotflügel, Haube und Teilen der Klimaanlage treiben die Reparaturkosten in die Höhe. Untersuchungen im AZT belegen schon jetzt, wie gut oder schlecht die Hersteller ihre Hausaufgaben in Sachen Stoßfänger gemacht haben: Die Instandsetzungskosten für eine demolierte Kompaktklasse-Front beispielsweise reichen von rund 750 bis über 2.700 Euro.
Um den typischen Auffahrunfall im niedrigen Geschwindigkeitsbereich nachzustellen, steuert der Proband beim Bumper-Test jeweils mit Tempo zehn gegen eine Barriere, die Stoßfängerformat hat – vorwärts mit 455, rückwärts mit 405 Millimeter Bodenfreiheit. Der Test ist nur zu bestehen, wenn das Fahrzeug ausreichend hohe, weitgehend überlappende Querträger hat, die über so genannte Crashboxen verbunden sind.

Der Bumper-Test erfüllt internationale Standards

„Auf diesem Wege können gute Stoßfängerlösungen durchgesetzt werden, die unnötig hohe Reparaturkosten für Autofahrer und Versicherungen vermeiden helfen“, sagt Lauterwasser. Der Audi Q5 erfüllte das schon, bevor der Bumper-Test Pflicht wurde. Das neue Prüfverfahren wurde in einer internationalen Arbeitsgruppe unter Federführung des AZT erarbeitet und ist als internationaler Standard anerkannt. Es war erforderlich, weil man Stoßfänger-Schwächen im standardmäßigen Reparatur-Crashtest, der mit höheren Geschwindigkeiten gefahren wird, nicht ohne Weiteres auf die Schliche kommt. Dieses Prozedere wurde ebenfalls vom AZT entwickelt und als „RCAR Low Speed Test Standard“ international übernommen. Es dient in Deutschland seit nunmehr 20 Jahren für die Typklassen-Einstufung – Frontaufprall bei 15 km/h mit 40 Prozent Überdeckung auf eine starre Barriere, Heckaufprall von 1.000 Kilogramm bei gleicher Überdeckung.

Der Reparatur-Crashtest wurde allerdings 2004 verschärft: Beim Frontaufprall ist die Barriere um zehn Grad schräg gestellt, und ein auf 1.400 Kilo erhöhtes Gewicht trifft das ebenfalls um zehn Grad schräggestellte Fahrzeugheck, Geschwindigkeit und Überdeckung blieben gleich. Diese Testkonstellation sei, so Lauterwasser, näher an der Unfallwirklichkeit und aussagekräftiger für die Reparaturfreundlichkeit.

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Erscheinungsdatum 20.06.2024

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