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Führungsstreit bei VW
Aufsichtsrat nimmt Diess' Entschuldigung an

VW ordnet seine Führungsstruktur von Marke und Konzern. Konzernchef Diess gibt Führung der Kernmarke an Ralf Brandstätter ab, der Aufsichtsrat nimmt seine Entschuldigung zu einer Äußerung über "Rechtsbruch" an.

Ralf Brandstätter
Foto: VW

"VW-Chef Herbert Diess wirkt mittlerweile wie ein einsamer Wolf, den der Betriebsrat rund um den Vorsitzenden Bernd Osterloh gnadenlos zum Abschuss freigegeben hat", schrieb Chefredakteurin Birgit Priemer im Editorial der auto motor und sport 13 vom 4. Juni 2020. Einen Tag später warf Diess bei einer internen Veranstaltung vor VW-Führungskräften dem Aufsichtsrat Rechtsbruch vor.

Diess hat sich entschuldigt

Der Aufsichtsrat bekommt Wind davon und ist entsprechend verärgert. Inzwischen hat sich Diess "in aller Form bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates für die Äußerungen entschuldigt und erklärt, dass diese unangemessen und falsch waren", erklärt der Aufsichtsrat am Dienstag der Presse.Der Aufsichtsrat nimmt Diess' Entschuldigung an und wird "ihn auch künftig bei seiner Arbeit unterstützen." Seinen Job als Vorstand der Marke VW ist der Konzernchef trotzdem los. Ralf Brandstätter führt künftig die Marke. Also doch ein einsamer Wolf, der es sich mit Betriebsrat und Aufsichtsrat verscherzt hat und nun seine letzte Chance bekommt?

Unsere Highlights

Probleme bei ID.3 und VW Golf

VW ID.3 Produktion Halde
nextmove
VW ID.3 auf Halde: kommt später und mit weniger Funktionen.

In Diess' Amstzeit fällt der strategische Wechsel zur Elektromobilität und die Entwicklung einer kompletten Elektroauto-Modellfamilie. Den Konzern auf Zukunftsthemen zu fokussieren, ist ein klarer Verdienst von Herbert Diess. Doch ausgerechnet das Vorzeigeprojekt ID.3 macht Probleme. Immer wieder muss der Start des Elektroautos verschoben werden. Autos stehen auf Halde und warten auf funktionierende Software. Auch der Golf legt einen Fehlstart hin: Lieferstopp wegen Problemen mit dem automatischen Notruf E-Call. Inzwischen sind die Probleme behoben. Der ID.3 soll ab September ausgeliefert werden – lediglich zwei Funktionen fehlen dann noch. Darum kümmert sich nun jedoch nicht mehr Diess, sondern Ralf Brandstätter, bisher COO der Marke VW.

Brandstätter löst Diess als Markenchef ab

Ralf Brandstätter
VW
Ab 1. Juli 2020 führt Ralf Brandstätter die Marke VW.

Ab 1. Juli 2020 führt Ralf Brandstätter die Marke VW. Bisher hatte der CEO von Volkwagen, Herbert Diess, diesen Posten in Personalunion inne. Mit der Berufung Brandstätters erhält Diess mehr Freiraum für die Aufgaben als Konzernchef, heißt es aus Wolfsburg.

Brandstätter war zuvor zwei Jahre lang als COO (Chief Operating Officer) für die Marke zuständig und steuerte das operative Geschäft. Der gebürtige Braunschweiger ist Jahrgang1968 und studierten nach seiner Ausbildung zum Betriebsschlosser bei Volkswagen Wirtschaftsingenieurwesen. Danach kehrte er 1993 zum Volkswagen-Konzern zurück. Nach Stationen in der Internationalen Projektsteuerung der Beschaffung wechselte er als Vorstandsreferent in das Generalsekretariat der Volkswagen AG. 1998 übernahm er die Leitung der Beschaffung Metall für Fahrwerk und Powertrain-Komponenten und wurde 2003 Projektleiter für neue Fahrzeugprojekte. 2005 wechselte er nach Spanien als Leiter Beschaffung bei Seat. 2008 folgte die Berufung zum Mitglied des Seat Vorstands für das Ressort Beschaffung. 2010 wurde Brandstätter Leiter Konzernbeschaffung Exterieur. Von 2012 an war er Leiter Konzernbeschaffung neue Produktanläufe und wurde im Oktober 2015 Generalbevollmächtigter der Volkswagen AG. Im Dezember 2015 wurde Brandstätter zum Vorstand für Beschaffung der Marke Volkswagen berufen. Seit dem 1. August 2018 ist Brandstätter Chief Operating Officer (COO) der Marke Volkswagen Pkw.

Sommer verlässt VW

Als weitere Änderung teilt der VW-Konzern mit, dass Stefan Sommer zum 30 Juni 2020 aus dem Vorstand der VW AG ausscheiden wird. Sommer war mit Wirkung zum 1. September 2018 zum Mitglied des Vorstands für das Ressort Komponente und Beschaffung berufen worden. Er verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch, laut Konzern im besten gegenseitigen Einvernehmen. Das Vorstandsressort wird bis auf weiteres kommissarisch von Frank Witter verantwortet.

Neue Mitglieder im VW-Aufsichtsratspräsidium

Neben den Veränderungen im Vorstand erweitert Volkswagen auch das Aufsichtsrats-Präsidium um zwei auf acht Mitglieder. Wie VW am Freitag (5.6.2020) mitteilte gehören dem Gremium künftig Hans Michel Piëch auf der Anteilseignerseite sowie Bertina Murkovic auf der Arbeitnehmerseite an.

Als Grund für die Erweiterung gibt der Konzern die zunehmende Aufgabenfülle an. Zuletzt haben unter anderem das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) und die Novelle des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) die Aufgaben des Gremiums erheblich erweitert.

Weitere Präsidiumsmitglieder neben dem Vorsitzenden Hans Dieter Pötsch und seinem Stellvertreter Jörg Hofmann sind Dr. Wolfgang Porsche, Stephan Weil, Bernd Osterloh sowie Peter Mosch.

Fazit

Konzern-Boss, VW-Markenchef, Leiter des China-Geschäfts: Herbert Diess wollte mit umfassenden Befugnissen den Riesen-Konzern rasch in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung steuern. Strategisch ist das bewundernswert klar erkennbar, operativ gab es zuletzt Probleme mit besonders wichtigen Produkten wie dem Golf und dem ersten E-Auto auf dem neuen Baukasten, dem ID.3, der neben dem neuen Antrieb auch gleich eine neue Software-Struktur bekam. Nicht nur das löste den Unmut bei der mächtigen Arbeitgeberseite, im Betriebsrat und bei der Gewerkschaft aus – diplomatisch geschickt war Diess nicht immer.

Diess' Machtverlust mag richtig sein, der Konzern fuhr zuletzt nicht gut mit allzu dominanten Männern an der Spitze. Die Richtung, die Diess für das Unternehmen vorgegeben hat, wirkt aber alternativlos, sie zu verändern wäre gefährlich. Bleibt zu hoffen, dass der größte Autohersteller der Welt mit seiner besonders politischen Führunggstruktur das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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