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Der große Mobilitätstest
Unterwegs mit dem E-Auto

Das E-Auto macht Spaß, bis der Akku leer ist. Dann ist Schluss mit lustig. Schuld daran ist die schlechte Ladeinfrastruktur – das Resümee eines Selbstversuches.

Mobilitätstest, E-Auto, Moove 0119
Foto: Dino Eisele

Viele reden über die E-Mobilität, als sei sie DER Heilsbringer in Zeiten drohender Fahrverbote. Ich bin einer von ihnen, weil ich die Diskussionen leid bin, wie es in unserem Land mit dem Autoverkehr weitergeht. Also warum nicht einfach umsteigen? Diese Frage beschäftigt mich schon länger, was nur den logischen Schluss zulässt: Ich mache den Selbstversuch und prüfe, ob der Wechsel wirklich so leicht ist und ob das E-Auto in meinen Alltag passt.

Doch was für Modelle gibt es? Wie sieht es mit der Reichweite aus? Mit Laden, Kosten? Wie ist der Komfort der Stromer? Ich bin zu Beginn noch sehr ahnungslos. Erste Erkenntnis: Die Modellauswahl an bezahlbaren E-Autos ist kein Thema mehr, sie sind alltagstauglich und alles andere als ein rollendes Provisorium. Kurzum: Fahrzeuge mit einem E-Antrieb fahren sich genauso komfortabel wie die Varianten mit Verbrennungsaggregat – oft sogar besser, weil das maximale Drehmoment bereits früher anliegt, und zwar schon kurz nach Anlaufen des E-Motors.

Zu hoher Preis, zu wenig Komfort – diese Argumente ziehen somit nicht mehr. Auch bei der Reichweite hat sich was getan. Doch sie hängt von der Jahreszeit ab – eine Erfahrung, die Kollege Luca Leicht und ich kurz vor Weihnachten machen. Für eine Fahrt von Stuttgart nach Coburg, die insgesamt 500 Kilometer beträgt, wählen wir den Hyundai Kona Elektro – der im Sommer immerhin 536 km Reichweite mit einer Akku-Ladung geschafft hat.

Doch Wochen später und mindestens 30 Grad kälter sind es nur noch 390 km. Ein Nachteil der E-Mobilität ist, dass sie bei Kälte deutlich Akku-Leistung einbüßt. Das müssen wir auf der Rückfahrt schmerzlich feststellen. Damit wir nicht stranden, schaltet Kollege Leicht die Heizung ab. Das bringt die fehlenden Kilometer bis zur Ladesäule, lässt uns aber bibbern bei minus einem Grad. Das gleiche Bild zeigt sich beim zweiten Auto im Selbstversuch, dem Renault Zoe. Bei der Ausführung mit großem Akku stehen nicht mehr 300, sondern nur noch 180 km zur Verfügung. Das führt immer wieder zu Rechenspielen und neuen Verhaltensmustern: Ich wohne im ländlichen Umfeld von Stuttgart, in dessen Zentrum die Redaktion liegt. Da mein Arbeitsweg 50 km beträgt, das Auto aber dafür gerne mal 70 km Reichweite benötigt, gehen lieb gewonnene Angewohnheiten über Bord. Ich drehe die Heizung bis zur Schmerzgrenze runter, meide Bundesstraßen und nehme nur noch Nebenwege – am besten mit Gefälle, damit der Zoe rekuperiert, also während der Fahrt den Akku lädt. Unnötige Privatfahrten werden gestrichen oder nur durchgeführt, wenn eine Ladesäule in der Nähe ist. Und da ist das Auto oft zu Gast: Spätestens alle zwei Tage hängt der Zoe am Zapfhahn.

Mobilitätstest, E-Auto, Moove 0119
Dino Eisele
Bislang besteht der Strom zu 60 Prozent aus nicht erneuerbaren Energien. Damit ist er zu teuer und rückt den CO2-Fußabdruck der E-Mobilität in ein schlechtes Licht.

Das öffentliche Laden hat Schwächen

Zu Hause geht es nicht. Steckdose in Stellplatznähe? Fehlanzeige. Bleiben nur die öffentlichen Säulen mit ihren Nachteilen: Morgens liefere ich mir ein Rennen um die Ladepunkte in Büronähe, vor allem mit den E-Smarts von Car2Go. Mit mäßigem Erfolg. Denn selbst wenn ich mal schneller bin, ist das noch keine Erfolgsgarantie: Entweder streiken die Säulen oder es parken Autos ohne E-Antrieb davor. Meist ist ein Fußmarsch von einem Kilometer zum Büro fällig.

Deshalb lade ich gerne beim Supermarkt im Nachbardorf. Die Säule ist selten besetzt. Okay, es dauert, bis die Batterie geladen ist, und ich muss mich im Supermarkt irgendwie beschäftigen – aus Langeweile sogar mit Haarfärbemittel.

Zum Glück gibt es mittlerweile Apps, mit denen man relativ einfach freie sowie günstige Ladestationen in der Umgebung findet. Im Selbstversuch setze ich auf die Anwendungen von Plugsurfing und EnBW. Über sie wird der Ladevorgang gestartet – ohne Vertragsbindung und sogar deutschlandweit. Ein Schritt in eine bessere Welt, denn bislang sind die Ladesäulen von Stadt zu Stadt in der Hand verschiedener Anbieter mit abweichenden Bezahlsystemen. Die Apps machen beim Verlassen der Region die Sammlung an Ladekarten überflüssig.

Die verschiedenen Tarife bleiben aber bestehen und werden nach verbrauchs- oder zeitbasierter Abrechnung unterschieden. Die Kosten reichen von einem Euro pro Aufladung bis zu elf Cent pro Minute. Bei einer Ladezeit von vier Stunden können so rund 26 Euro anfallen. Das wäre akzeptabel bei regenerativem Strom, doch bislang besteht er zu 60 Prozent aus nicht erneuerbaren Energien. Damit ist er zu teuer und rückt den CO2-Fußabdruck der E-Mobilität in ein schlechtes Licht.

Laden zu Hause hat Kostenvorteile. Aber auch hier kommen mir Zweifel. In vielen Häusern dürfen E-Autos nicht ohne Weiteres an den 230-Volt-Anschluss, er muss dafür ausgelegt sein. Sicherer und effizienter ist die Wallbox am Stellplatz. Das ist aber nicht günstig, und in einem Mehrparteienhaus müssen die Nachbarn der Installation zustimmen. Das schreckt mich ab. Den Erfolg der E-Mobilität bremst also nicht der Antrieb, sondern eher die Ladeinfrastruktur.

Fazit

Für die Stadt und den Speckgürtel eignen sich E-Autos, aber noch nicht für die Landbewohner. In meinem Fall passt die E-Mobilität nur bedingt in den Alltag. Das ist das Resultat des Selbstversuches. Die Ladeinfrastruktur muss besser werden, dann könnte es klappen. Außerhalb urbaner Grenzen sind nur selten öffentliche Ladestationen zu finden – schon gar nicht Schnellladesäulen.

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