Erst 2024 sind Abbiegesysteme bei allen neu zugelassenen Lkw ab 3,5 Tonnen in der EU Pflicht. Schon jetzt gibt es Nachrüstsysteme, die über eine Allgemeine Betriebserlaubnis verfügen und die Fördervoraussetzungen des Bundesverkehrsministeriums erfüllen, neun davon hat der ADAC untersucht. Das Ergebnis, erschreckend.
Vier Abbiegeassistenten mit "mangelhaft"
Vier der getesteten Systeme schnitten mit "mangelhaft" ab, zwei mit "befriedigend" und nur zwei erhielten die Note "gut". Als Testsieger kristallisierte sich das Abbiegesystem "Eyyes TASET001" heraus. Mit 3.690 Euro auch der teuerste Assistent im Test. "Dieses System produzierte im realen Straßenverkehr keine Fehlmeldungen und konnte Radfahrer auch noch in einem seitlichen Abstand von sechs Metern zum Lkw erkennen. Die optische Rückmeldung an den Fahrer ist leicht und verständlich", urteilt der Autoclub.
Der Testverlierer mit der Note 5,0 ist "RightVlu" von Continental, das jedoch nicht für das Testfahrzeug erlaubt war und stattdessen an einem Lkw mit 18 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht montiert wurde.
Fehlermeldungen schlecht für die Akzeptanz
Der ADAC hat die Tests sowohl auf abgesperrtem Gelände als auch im Straßenverkehr absolviert und ist diversen Fragestellungen nachgegangen. Hier war in erster Linie wichtig, wie die Nachrüstassistenten auf verschiedene Verkehrsteilnehmer wie Inlineskater, Fußgänger oder Rollstuhlfahrer reagieren. Darüber hinaus war der Abdeckungsbereich wichtig und wie die Systeme bei Dunkelheit arbeiten. Ebenfalls wurde getestet wie die Abbiegesysteme auf Radfahrer reagieren, die teilweise von Gebüschen, Bäumen oder parkenden Autos verdeckt werden.
Darüber hinaus war dem ADAC wichtig, die Anzahl der Fehlwarnungen zu untersuchen, da sie die Akzeptanz beim Fahrer beeinflussen. Die meisten Fehlalarme entstanden, weil die Systeme nicht zwischen Objekten (Bäumen, Verkehrsschilder, Poller, etc) und ungeschützen Verkehrsteilnehmern unterscheiden konnten. Keinem System gelang es einen Radfahrer zuverlässig zu erkennen, wenn sich zwischen Lkw und Radler Hindernisse befinden. Ein genereller Nachteil der Nachrüst-Technik ist es, dass sie keine automatische Notbremsfunktion bieten, sondern nur eine Bremswarnung.
Förderung mit bis zu 1.500 Euro
Im Rahmen der "Aktion Abbiegeassistent" fördert das Bundesverkehrsministerium die Nachrüstung von Bestandsfahrzeugen mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mit bis zu 1.500 Euro – maximal jedoch 80 Prozent der Kosten. In Deutschland sterben jährlich rund 70 Radfahrer bei Unfällen mit Lkw, 665 werden schwer verletzt. Jeder dritte dieser Unfälle ereignet sich beim Abbiegen, bei dem sich der Radfahrer im toten Winkel befindet. Erst 2022 müssen neue Lkw ab 3,5 Tonnen nach der "General Safety Regulation" der EU einen entsprechenden Abbiegeassistenten serienmäßig verbaut haben, ab 2024 gilt dieser Verpflichtung auch für neu zugelassene Lkw.
Fazit
Nur zwei von neun System erhalten im ADAC-Test die Note "gut", vier sind sogar "mangelhaft" – und alle Systeme werden im Rahmen der Förderung vom Bundesverkehrsministerium unterstützt. Da stellt sich natürlich die Frage, warum Scheuers Ministerium solche Systeme zum Unfallschutz fördert, die nicht zum Unfallschutz beitragen. Da scheinen die Zugangshürden offenbar recht niedrig zu sein.
Das ist nicht nur eine Verschwendung von Steuergeldern, sondern auch ein Hohn gegenüber allen Unfallopfern und einen große Gefahr für alle die es werden könnten. Und auch den Fuhrparkbetreibern suggerieren die mangelhaften und trotzdem geförderten Systeme eine trügerische Sicherheit, mal davon abgesehen, dass sie für schlecht funktionierende Systeme zur Kasse gebeten werden – schließlich übersteigen Anschaffung und Einbau die Fördersumme.