Seit Monaten sorgt die Mangelwirtschaft für immer neue Negativrekorde. In einer Untersuchung des ifo Instituts klagten im Dezember 2021 bereits 81,9 Prozent der Firmen über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten sowie Rohstoffen. "Die Situation in der Industrie ist paradox", resümiert Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen. "Die Auftragsbücher sind voll. Der Materialmangel erlaubt es den Unternehmen aber nicht, ihre Produktion entsprechend hochzufahren." Besonders betroffen sei die Automobilindustrie mit 93 Prozent.
Lieferengpässe dauern an
Vor allem der Mangel an Halbleitern breitet sich immer mehr wie ein Flächenbrand in der Fahrzeugbranche aus. Ohne die kleinen Bauteile läuft nicht viel im Auto. Sie sind Hauptbestandteil von Mikrochips, die sich vorwiegend in Steuergeräten verbergen. "Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage von Halbleitern wird immer größer. Eine baldige Besserung ist nicht in Sicht", sagt Sven Siepen, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger.
Das heißt, dass auch Kunden länger mit den Auswirkungen leben müssen. Ein Blick auf die aktuelle Lieferzeitsituation bestätigt das. Seit Wochen nehmen die Wartefristen nur eine Richtung: nach oben. "Je nach Marke und Modell liegen die Lieferzeiten aktuell etwa zwischen sechs und zwölf Monaten, teilweise sogar darüber", sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). "Daran wird sich zunächst wohl nicht viel ändern."
Modellreihe | Listenpreis in € | Rabatt in % | Lieferzeit |
Audi A3 35 TFSI S Tronic Sportback | 32.850 | 21 | 5 Monate |
Audi A4 35 TDI S Tronic Avant | 45.200 | 22 | 7 Monate |
Audi A6 Avant 40 TDI S Tronic | 56.600 | 19 | 7 Monate |
Audi Q3 35 TDI S Tronic | 41.450 | 20 | 4-5 Monate |
BMW 116d | 30.900 | 18 | 4 Monate |
BMW 320i Touring | 44.300 | 22 | 5 Monate |
BMW 530d Touring | 62.500 | 25 | 4 Monate |
BMW X1 18d | 36.300 | 23 | 4 Monate |
BMW X3 20d | 54.000 | 22 | 6 Monate |
Fiat 500 1.0 Dolcevita GSE Mild-Hybrid | 16.989 | 16 | 6-7 Monate |
Ford Kuga 1.5 EcoBoost 88 kW Titanium | 34.850 | 24 | 9-11 Monate |
Ford Puma 1.0 EcoBoost Titanium | 25.300 | 18 | 6 Monate |
Kia Ceed 1.0 T-GDI 88 kW Edition 7 | 19.790 | 25 | 6 Monate |
Mercedes A200 | 32.654 | 9 | 10 Monate |
Mercedes C 200 d T | 46.351 | 9 | 7 Monate |
Mercedes E 220 d T | 55.638 | 10 | 7 Monate |
Mercedes GLC 220 d | 51.390 | 8 | 6 Monate |
Mini One Classic Trim | 23.250 | 14 | 4-5 Monate |
Opel Astra 1.2 Turbo 96 kW Edition | 25.560 | 24 | ca. 4 Monate |
Opel Corsa 1.2 DI Turbo Edition | 19.340 | 25 | 4-5 Monate |
Opel Mokka 1.5 Diesel 81 kW Edition | 24.935 | 24 | 4 Monate |
Seat Leon 2.0 TDI Style | 28.250 | 18 | 6-8 Monate |
Skoda Octavia 1.5 TSI E-TEC DSG Ambition Combi | 30.190 | 16 | 10 Monate |
VW Golf 1.5 TSI OPF Life | 28.500 | 14 | 5-6 Monate |
VW Multivan 2,0 TSI OPF DSG Style | 60.940 | 12 | 7-8 Monate |
VW Passat Variant 2.0 TDI DSG Conceptline | 38.670 | 16 | 3-4 Monate |
VW Polo 1.0 TSI Life | 21.120 | 12 | 3-4 Monate |
VW T-Cross 1.5 TSI DSG Life | 28.440 | 12 | 6-9 Monate |
VW Tiguan 2.0 TDI DSG Life | 39.660 | 16 | 6-9 Monate |
VW T-Roc 1.5 TSI OPF Life | 28.310 | 14 | 5-6 Monate |
Quelle: carwow.de, meinauto.de |
Nachfrage über Angebot
Nur noch wenige Modelle sind kurzfristig erhältlich. Wie eine Analyse zeigt, sind von 30 beliebten Autos mit Verbrennermotor, keines innerhalb von drei Monaten lieferbar. Im Durchschnitt warten die Kunden momentan zwischen sechs und sieben Monate auf ihre Neuwagen – die Betonung liegt auf "im Durchschnitt", denn wer ein besonders gefragtes Modell auswählt, muss sich fast eineinhalb Jahre gedulden.
Was an einen Notstand erinnert, hat System. Mit der kontrollierten Mangelwirtschaft versucht die Branche, den Schaden durch die Halbleiterkrise so klein wie möglich zu halten. Die Automarken träfen eine Vorauswahl, in welche Modelle die Chips eingebaut werden, ist Philipp Sayler von Amende überzeugt: "In der Chipkrise priorisieren die Hersteller die Fahrzeuge mit E-Antrieb. Die Chips, die geliefert werden, werden ihnen zugeteilt, und diese Priorisierung wird auch so bleiben", sagt der Chef der Online-Neuwagenbörse carwow.de.
Rabatte fallen gerade
Gute Angebote sind somit seltener zu finden – eine Situation, die es in der jüngsten Geschichte so noch nicht gegeben hat. Wann immer in der Vergangenheit der Markt nicht rundlief, half die Rabattspritze. Jahrelang hat diese Art von Doping zum Erfolg geführt. Aber das war noch zu Zeiten, als das Angebot die Nachfrage überstieg. Die sind nun vorbei. "Wenn – wie zurzeit – die Nachfrage das Angebot übersteigt, ist mit sinkenden Preisen wohl kaum zu rechnen", sagt ZDK-Vize Peckruhn, "das sind ja ganz normale Marktmechanismen."
Innerhalb von zwölf Monaten rutschte die Nachlassbereitschaft im Handel im Durchschnitt um vier Prozent ab, hat eine auto motor und sport-Stichprobe ergeben. Statt 21 gibt es im Mittel nur noch 17 Prozent Rabatt – wohlgemerkt, bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Fazit
Wer jetzt nach einem Neuwagen mit Verbrennungsmotor sucht, muss nicht nur lange Lieferzeiten in Kauf nehmen, sondern auch schlechtere Angebote. Aber es kann auch anders gehen: Wenn nicht unbedingt ein Bestellfahrzeug gewünscht wird, sondern ein Lagerfahrzeug, ein Auto mit Tageszulassung oder ein Vorführwagen reicht, dann können die Chancen gut stehen. Allerdings sollte man flexibel bei der Wagenfarbe sein, bei der Motorisierung, bei der Ausstattung, sogar bei der Modellauswahl. So etwas lässt sich bei Bestandsfahrzeugen nicht mehr ändern.