E-Auto ohne Preisvorteil: Laden ist teurer als Tanken

Ladestrompreis frisst Effizienzvorteil
E-Autos Laden ist teurer als Tanken

Veröffentlicht am 23.06.2025
Audi S6 e-Tron Sportback, Ladesäule
Foto: Rossen Gargolov

Das Laden von Elektroautos an öffentlichen Säulen ist vielerorts teurer als das Tanken eines Verbrenners – zumindest wenn man die gefahrene Strecke vergleicht. Darauf weist der Ökostromanbieter Lichtblick hin. Laut dem aktuellen "Ladesäulencheck" zahlen Fahrer von E-Autos bei 20 Kilowattstunden Stromverbrauch im Schnitt 10,45 Euro für 100 Kilometer an Normalladesäulen, an Schnellladesäulen sogar 12,06 Euro. Zum Vergleich: Für sechs Liter Benzin – die bei einigen Fahrzeugen etwa 100 Kilometer Reichweite ermöglichen – waren zum Zeitpunkt der Erhebung rund zehn Euro fällig.

"Seit Jahren betrachten wir die Preisentwicklung an öffentlichen Ladesäulen mit Sorge. Dass diese nun ein Niveau erreicht haben, auf dem sie die Tankpreise auch langfristig übersteigen, ist für die Verkehrswende ein herber Rückschlag. Wenn die Ladepreise unterwegs weiterhin so hoch bleiben, droht die Elektromobilität an Akzeptanz zu verlieren", sagt Markus Adam, Chefjurist von Lichtblick.

Kaum Wettbewerb, wenig Transparenz

Zwar bietet Lichtblick eigene Tarife an – mit 75 Cent pro Kilowattstunde beim Schnellladen ohne Grundgebühr liegt der Anbieter im marktüblichen Bereich. Haushaltsstrom ist aktuell ungefähr halb so teuer. Für die hohen Preise macht Lichtblick den mangelnden Wettbewerb verantwortlich – kleine Anbieter würden diskriminiert. In vielen Regionen dominieren lokale Energieversorger, die häufig eng mit dem jeweiligen Netzbetreiber verbunden sind – oder diesen selbst stellen. Sie bestimmen in der Praxis die Konditionen, während kleine Anbieter außen vor bleiben. Dabei sollen gesetzliche Vorgaben eigentlich für fairen Zugang und Transparenz sorgen. In der Praxis jedoch funktioniert das kaum. Wer unterwegs lädt, zahlt entweder einen hohen Preis, oder hat sich per Abo an einen festen Anbieter gebunden, was die Auswahl an Ladepunkten einschränkt. Schon 2024 hatte das Bundeskartellamt auf den ausbleibenden Wettbewerb hingewiesen und vor weiter steigenden Ladestromkosten gewarnt.

Überangebot mit Unterauslastung

Rein technisch ist Deutschland in Sachen Ladepunkte gut aufgestellt. Nach Angaben der Bundesnetzagentur gab es Ende 2024 mehr als 154.000 öffentliche Ladepunkte mit einer Gesamtleistung von rund 5,5 Gigawatt. Dennoch bleiben anscheinend viele Säulen schwach ausgelastet: Im Schnitt lädt an einem Normalladepunkt weniger als ein Fahrzeug pro Tag.

Sandro Vitale

Reine Energie sehr teuer

Der Energiegehalt von Benzin beträgt zirka 8,9 Kilowattstunden pro Liter bei einem Preis von aktuell 1,71 Euro, bei Diesel sind es 9,8 Kilowattstunden (1,53 Euro). Damit kostet die Kilowattstunde bei Benzin zirka 19 und bei Diesel zirka 16 Cent. Im Vergleich zu Diesel ist die Kilowattstunde an einer Ladesäule, wo sie 75 Cent kostet, also zirka 369 Prozent teurer. Allerdings ist ein Elektromotor erheblich effizienter als ein Verbrenner und setzt die genutzte Energie somit mit einem deutlich höheren Wirkungsgrad um. Aber die Ladestrompreise sind inzwischen auf ein Niveau gestiegen, das unter den genannten Vergleichsbedingungen die Effizienz des Elektromotors bei den Kosten zunichtemacht.

Politik plant Entlastung – ein bisschen

Um die E-Mobilität attraktiver zu machen, plant die Bundesregierung eine Strompreisbremse für Verbraucher – unter anderem durch niedrigere Netzentgelte. Allerdings ist die Politik für einen Teil der Abgabenlast verantwortlich, die den Strompreis in Deutschland erhöht – die Netzentgelte sind schließlich nur ein Teil des Preises. So kommt zur Umsatzsteuer (19 Prozent) noch die Stromsteuer (2,05 ct/kWh – Cent pro Kilowattstunde) hinzu. Außerdem gibt es diverse Abgaben und Umlagen: Die Konzessionsabgabe beträgt, je nach Gemeindegröße, zwischen 1,32 bis 2,39 Cent pro Kilowattstunde und für die Offshore-Netzumlage sind 0,656 Cent pro Kilowattstunde fällig. Zudem gibt es die KWKG-Umlage, die Betreiber von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) unterstützen soll – im Jahr 2025 kostet diese Umlage 0,277 ct/kWh. Stromanbieter EON betont, dass sich der Strompreis zu 43 Prozent aus Beschaffung und Vertrieb (und wohl auch Gewinn), zu 28 Prozent aus den regulierten Netzentgelten und zu 29 Prozent aus den genannten Steuern, Abgaben und Umlagen zusammensetzt.

Deutschland auf Kosten-Spitzenplatz

Nach einer Analyse des Vergleichsportals Verivox zahlen deutsche Privatkunden im Schnitt 38 Cent pro Kilowattstunde Haushaltsstrom – im weltweiten Vergleich ist das im ersten Quartal 2025 der fünftteuerste Preis. Teurer ist der Strom nur im Inselstaat Bermuda (41,97 ct/kWh), in Dänemark (40,62 ct/kWh), in Irland (39,40 ct/kWh) und in Belgien (38,20 ct/kWh). Unter Berücksichtigung der Kaufkraft ist Deutschland im weltweiten Vergleich zwar auf Platz 22 abgerutscht (2021: Platz 15), bleibt aber innerhalb der Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer nach Italien das Land mit den kaufkraftbereinigt zweithöchsten Strompreisen.