Der Berliner Politikwissenschaftler und Verkehrsforscher Prof. Dr. Andreas Knie sagt den Tod der deutschen Autoindustrie voraus. VW werde die Hälfte der Mitarbeiter verlieren, Wolfsburg das neue Detroit und Baden-Württemberg das neue Ruhrgebiet. Warum, lesen Sie hier.
Man muss diese düsteren Prognosen nicht teilen, aber die Anzeichen für eine existenzielle Krise der europäischen Autoindustrie und der deutschen im Besonderen sind unübersehbar. Bei Stellantis, der paneuropäischen Autokrake mit US-Anschluss (Ram, Dodge, Chrysler, Jeep), sank zuletzt die Rendite, worüber selbst der ins Straucheln geriet, der die Gewinne in Regionen hielt, um die ihn die Konkurrenz beneidete: Carlos Tavares, Sanierer, Kostenkiller und Schmied der Allianz aus PSA und Fiat-Chrysler trat nach einem Gewinneinbruch um 48 Prozent und Querelen Anfang Dezember zurück.
Die Probleme von Volkswagen
Im Vergleich dazu scheint VW- und Porsche-CEO Oliver Blume fest im Sattel zu sitzen, auch wenn das der Betriebsrat womöglich nicht begrüßt, seit die Konzernführung Stellen abbauen und Werke schließen will. Der Vorwurf: Anteilseigner und Management hätten sich die letzten Jahre trotz heraufziehender Krise die Taschen vollgemacht, aber jetzt außer Sparen keinen Zukunftsplan.
Zumindest letztes kann man nicht ernsthaft behaupten: Der Konzern hat gerade markenübergreifend Modelle (Audi Q6, A6, Porsche Macan) auf Basis der zweiten Elektro-Plattform (PPE) neben dem MEB auf den Markt gebracht. Zudem hat er sich fürs wegbrechende China-Geschäft mit lokalen Partnern (Xpeng, SAIC) verbündet und baut in Europa zwei Batteriefabriken (Salzgitter, Valencia), die die neue Einheitszelle produzieren sollen, die in praktisch allen Konzernmodellen Verwendung finden werden – einschließlich der lange geforderten Einstiegs-E-Autos (VW ID.2, Cupra Raval, Skoda Epiq). Dass das alles viel zu lange dauert, steht auf einem anderen Blatt, aber abgesehen vom zeitlichen Ablauf ist es planvoll und zukunftsgerichtet. Selbst die Software-Entwicklung mit Cariad geschieht nicht ohne Plan, im Gegenteil. Was allerdings hinterher auch klar ist: Weder Plan noch Ausführung waren gut und haben ihren Anteil an den Problemen in China.
Das China von Stellantis sind die USA
Während Volkswagen mit Strukturen und Mitarbeiterzahl kämpft, weil die Gewinne in China schmelzen, hat Stellantis seine Probleme in den USA. Das Geschäft mit den großen SUVs und Pick-ups von Dodge und Ram spülte lange gutes Geld in die Kassen des Konzerns, schwächelt aber aktuell wegen Modellwechseln, ausbleibender Preissenkungen und wachsender Neuwagen-Halden.

In den USA verdient Stellantis mit konventionell angetriebenen Pick-Ups und SUV Geld.
Dass die klassischen Gas-Guzzler auch die fernere Zukunft auf dem US-Markt bestimmen werden, ist seit dem Wahlsieg Donald Trumps wieder wahrscheinlicher. Zuvor hatte Joe Biden vor allem mit dem IRA die Elektromobilität gefördert – passend für den Stellantis-Konzern, der in Europa ohnehin die Antriebswende schaffen muss.
Schafft Stellantis den Batterie-Durchbruch in den USA?
Im Schatten des Führungswechsels hat Stellantis vielversprechende strategische Entscheidungen zur Batteriezukunft vermeldet: Anfang Dezember gab der Konzern erst eine Kreditzusage von bis zu 7,54 Milliarden US-Dollar für ein Joint Venture mit Samsung SDI bekannt, das zwei Fabriken für E-Auto-Batterien in Indiana bauen soll, und dann eine Entwicklungsvereinbarung mit dem US-Unternehmen Zeta Energy. Das könnte einen Game-Changer für die Elektromobilität bringen, denn Zeta entwickelt Lithium-Schwefel-Batterien, deren gravimetrische Energiedichte theoretisch um den Faktor 10 höher ist als die klassischer NMC-Akkus. Schwefel ist zudem kostengünstig und weltweit verfügbar, teils teure und umweltschädliche Materialien wie Mangan, Nickel, oder Kobalt (NMC) braucht die Technologie nicht.
Natürlich ist die neue Billig-Batterie noch nicht serienreif – Risiken sind die Energiedichte auf Systemebene und generell die volumetrische. Aber die Lithium-Schwefel-Batterie soll innerhalb der bestehenden Gigafactory-Technologie herstellbar sein und eine kurze, vollständig inländische Lieferkette sowohl in Europa als auch in Nordamerika nutzen. Die Zusammenarbeit mit Zeta soll Vorserienentwicklung und Planung für die zukünftige Produktion erledigen. Ab 2030 sollen die Schwefel-Batterien Elektrofahrzeuge von Stellantis antreiben. Wenn auch nicht alle der 75 E-Modelle, die der Konzern dann im Angebot haben will – darum die Vereinbarung mit Samsung zur Herstellung von Li-NMC-Akkus.
(In unserer Bildergalerie sehen Sie die aktuell meistverkauften Elektroautos in Deutschland).
VW: Feststoff-Batterien statt Lithium-Schwefel
Als Alternative zu NMC bzw. als nächste Batterie-Chemie plant VW Festkörper-Akkus. Partner der Deutschen ist ebenfalls ein US-Unternehmen: Quantumscape aus Kalifornien. Im Juli hat das Batterieunternehmen der Wolfsburger (PowerCo) eine nicht-exklusive Vereinbarung zur Industrialisierung von Feststoffbatterien mit Quantumscape geschlossen. Eine Jahreszahl blieben die Firmen zwar schuldig, gaben aber bekannt, dass die PowerCo im Rahmen der Lizenz bis zu 40 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr mit der Quantumscape-Technologie produzieren kann – mit der Option auf bis zu 80 GWh, was für etwa eine Million E-Fahrzeuge pro Jahr reichen würde.