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Kommentar zum Auto-Führerschein
Unsere Fahrausbildung ist untauglich und unbezahlbar

Der Führerschein kostet inzwischen mehr als das erste Auto. Derart hohe Barrieren für Automobilität können wir uns nicht leisten. Kommentar.

Führerschein Kosten Preis teuer Gold Schatulle Collage
Foto: Patrick Lang / Pixabay

Bis zu 4.500 Euro kostet der Auto-Führerschein in Deutschland, im Schnitt waren es 2023 erstmals mehr als 3.000 Euro. Da kommt einem doch ein immerhin 75 Jahre alter Liedtext in den Sinn: "Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Pinke-Pinke, wer hat so viel Geld?" Die Antwort ist so einfach wie niederschmetternd: Niemand, denn Fahranfänger sind typischerweise jung, oft in Ausbildung und entsprechend wenig vermögend. Und man fragt sich: Wo ist eigentlich die FDP, wenn man sie braucht? Die will, dass wir in Städten nichts fürs Parken zahlen – das ist in gewisser Weise konsequent: Wer den Führerschein nicht bezahlen kann, muss das Auto stehen lassen. Wenn das dann auch noch teuer wird …

Rücksicht hat Vorfahrt

Scherz beiseite: Die deutsche Fahrausbildung ist so bürokratisiert und verkrustet, wie nahezu alles in diesem Land, das mit Behörden zu tun hat. Die Fahrschulen, auf die nun alle mit dem Finger zeigen, sind in dem unseligen Verfahren teils nur Passagier – auf dem Beifahrersitz wie Fahrlehrer sozusagen. Denn natürlich ist alles teurer geworden, was für eine Fahrstunde nötig ist: Autos, ihre Wartung, Sprit. Teuerung trifft Fahrlehrer auch privat, so dass ihre Gehälter steigen müssen, was am Ende den Führerschein noch teurer macht. Denn wie die "Bild" berechnet hat, macht der Fahrlehrer 35 Prozent der Kosten einer Fahrstunde (45 Minuten) aus. Die schlägt je nach Anbieter und Region mit 55 bis 77 Euro zu Buche. Pflicht sind zudem zwölf Sonderfahrten, für die Fahrschulen bis zu 95 Euro berechnen. Der erste 1.000er ist damit schon mal weg.

Wer also die galoppierenden Kosten für den Führerschein im Zaum halten oder gar senken will, muss zwingend die Anzahl der Stunden bei den teuren Fahrschulen senken, auch wenn das deren Branchenverband nicht gut findet. Warum ist klar: Das reduziert die Einnahmemöglichkeiten. Andererseits geben selbst Fahrlehrer zu: Wer die Führerschein-Prüfung bestanden hat, kann noch lange nicht sicher Autofahren. Der Lappen ist nur die "Lizenz zum Üben". Ein System, das nicht das bringt, wofür es gedacht ist, aber dafür unbezahlbar teuer geworden ist.

Fahrpraxis gibt’s nicht nur mit Fahrlehrer

Wie bekommen Anfänger dann Fahrpraxis? Nach Lösungen muss man nicht lange suchen. Ein Blick in Nachbarländer genügt: In Österreich etwa gibt es eine Grundausbildung (sechs Fahrstunden und Theorie), die zum begleiteten Fahren (mit einem Führerscheininhaber auf dem Beifahrersitz) berechtigt. 1000 Kilometer später kann man nach sechs weiteren Fahrstunden zur Prüfung antreten. Begleitetes Fahren gibt es sogar in Deutschland – für 17-Jährige. Aber dazu muss man den Führerschein erwerben. Bei der Prüfung dazu fielen in Deutschland 30 Prozent durch – für die wird es – man ahnt es – noch teurer. Noch mehr scheitern an der Theorie: 2023 lag die Quote bei 45 Prozent, ein Anstieg um vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Italien sorgte so etwas für ein mafiöses Geschäftsmodell, dem die Behörden aktuell mit drastischen und äußerst ungewöhnlichen Maßnahmen begegnen. Welche das sind, lesen Sie hier.

Manch einer mag jetzt auf die immer dümmeren jungen Leute schimpfen – in Summe bedeuten auch solche Quoten im Schnitt eine durchschnittliche Verteuerung des Führerscheins. Denn die Fahrschule berechnet für die theoretische Prüfung laut ADAC zwischen 60 und 137 Euro und für die praktische Prüfung 160 bis 289 Euro, dazu kommen die Gebühren von TÜV oder Dekra: 25 Euro für die Theorie-Prüfung und 130 Euro für die Praxis. Kosten, die doppelt anfallen, wenn der Prüfling durchfällt. Obwohl laut ADAC schon zuvor eine Grundgebühr für den theoretischen Unterricht zwischen 350 und 565 Euro fällig wurde. Darin sind zwölf Doppelstunden à 90 Minuten und zwei Zusatzstunden enthalten – gehalten vom Fahrlehrer. Kein Wunder, dass die Kosten entsprechend hoch sind. Besonders hilfreich sind die Stunden offenbar nicht – siehe Durchfallquote.

Anderswo ist die Fahrschule nicht verpflichtend

Auch hier hilft der Blick ins Ausland: In Spanien etwa ist der Besuch einer Fahrschule zwar üblich, aber nicht verpflichtend, Testaufgaben gibt es online kostenlos und für alle zugänglich. Warum auch nicht? Das Üben mit den Fragen hat sicher noch niemandem geschadet. Kostenlosigkeit schadet natürlich – denjenigen, die bislang kassiert haben.

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Fazit

Die Kosten für den Führerschein in Deutschland übersteigen locker die der Anschaffung des ersten Autos. Das sollte sich aus zweierlei Gründen ändern: Erstens: Mobilität heißt hierzulande vor allem außerhalb von Städten Automobilität. Und die braucht man häufig auch zum Broterwerb. Derart hohe Barrieren davor sind unsozial, zumal der typische Führerscheinanwärter jung und nicht wohlhabend ist.

Zweitens: Mobilität ist der Blutkreislauf eines Industrielandes. Solange autonomes Fahren eine Zukunftsvision ist, brauchen wir Fahrer. Sie fehlen um Arbeitnehmer wird und mehr schon jetzt massiv in der Logistik und beim Personentransport.

Die Folgen der enormen Hürden hinterlassen Bremsspuren im Autoland Deutschland: Ein befreundeter Professor befragte kürzlich seine Studenten der Fahrzeugtechnik (!), nach dem Führerschein: Der nicht repräsentativ ermittelte Anteil der Führerscheininhaber lag niedriger als die Durchfall-Quote bei der Prüfung.

Das kann niemand wollen, selbst wenn Abhilfe bedeutet, dass das einer oder andere Businessmodell einer Minderheit erodiert.

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Erscheinungsdatum 10.09.2024

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