Am 11. März 2014 ging der damals insolvente Nürburgring für einen Kaufpreis in Höhe von 77 Millionen Euro an die deutsche Capricorn Group. Dagegen haben der Verein "Ja zum Nürburgring" und das seinerzeit im Bieterwettstreit unterlegene US-Unternehmen Nexovation geklagt. Ein Gutachter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat jetzt im erstinstanzlichen Urteil Rechtsmängel festgestellt.
Hohe Subventionen
Bei dem Rechtsstreit geht es hauptsächlich um die Frage, ob das Land Rheinland-Pfalz rechtswidrig eine halbe Milliarde Euro an Steuergeldern in den Nürburgring gepumpt hat und dieser dann nach einem angeblich undurchsichtigen Verfahren für zu niedrig angesetzte 77 Millionen Euro an die Capricorn Group gegangen ist.
Beihilfen teilweise rechtswidrig
Die Europäische Kommission entschied bereits am 1. Oktober 2014 [Beschlussnummern SA.31550 (2012/C) (ex 2012/NN)], dass tatsächlich einige Beihilfen unzulässig waren. Sie sah aber keine Möglichkeit für eine Rückforderung, da es zwischen den früheren staatlichen Eigentümern und der Capricorn Group keine wirtschaftliche Kontinuität gäbe. Zudem sei das Bieterverfahren offen, transparent und frei von Diskriminierungen gewesen. Den Kaufpreis stufte die EU-Kommission als marktgerecht ein.
Nach dem EuG zum EuGH
Diesem Beschluss folgte das Gericht der Europäischen Union (EuG) in seinem Urteil vom 19. Juni 2019 (Rechtssachen T-353/15 und T-373/15). Das EuG ist dem EuGH nachgeordnet, beide Gerichte sitzen in Luxemburg. Nach dem Urteil des EuG fochten die Kläger dieses vor dem EuGH an – als letztinstanzliche Möglichkeit.
Angefochtenes Urteil mit Begründungsmängeln
EuGH-Generalanwalt Giovanni Pitruzzella hat jetzt das Ergebnis seines im Auftrag des Gerichts verfassten Gutachtens vorgelegt. Im Wesentlichen untersuchte er, ob der möglicherweise zu niedrige Kaufpreis eine versteckte staatliche Subvention darstellt. Pitruzzella stellt in seinem Gutachten fest, dass das EuG auf einige Argumente der Kläger nicht eingegangen ist. Damit habe das angefochtene Urteil Begründungsmängel. Ob der Europäische Gerichtshof dieser Ansicht folgt, wird sich in dem Urteil zeigen, dass in ein paar Wochen gefällt sein dürfte.
Fazit
Der nun schon seit sieben Jahren andauernde Rechtsstreit um den Verkauf des Nürburgrings geht in seine entscheidende Phase: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als höchstmöglicher Instanz scheint kurz bevorzustehen. Ein vom EuGH in Auftrag gegebenes Gutachten macht den Klägern jetzt Mut: Der Gutachter stellt fest, dass das dem EuGH nachgeordnete Gericht der Europäischen Union (EuG) in seinem Urteil nicht auf sämtliche Argumente der Kläger eingegangen ist. Ob der EuGH diesen Rechtsfehler allerdings in seinem Urteil berücksichtigt, ist offen.
Dem Nürburgring wäre es zu wünschen, wenn das Kapitel Verkauf rechtlich zum Abschluss kommt. Das jahrelange Verschleudern von Steuergeldern für ein sehr ambitioniertes Freizeitpark-Projekt und die anschließende Insolvenz gehören nicht zu den besten Kapiteln der legendärsten und härtesten Rennstrecke der Welt. Als sichtbares Zeichen des Scheiterns ist die Schienen-Konstruktion der Nürburgring-Achterbahn (Ringracer) weithin sichtbar. Die netto 10,4 Millionen Euro teure Bahn stellte nach nur vier Tagen am 3. November 2013 ihren Betrieb ein. Heute dienen die Schienen als Träger für Scheinwerfer.