Die finanzielle Belastung durch einen Autokauf ist für viele Haushalte in Deutschland deutlich gestiegen. Wie die im Mai 2025 veröffentlichte Studie von Oliver Wyman und Jato Dynamics zeigt, haben sich die Preise für Neuwagen seit 2019 um 40 Prozent erhöht – von durchschnittlich 30.200 auf 41.800 Euro.
Im selben Zeitraum sind die Nettoeinkommen um 24 Prozent gestiegen, von 26.100 auf 32.400 Euro. Der Effekt: Wer sich 2019 im Schnitt ein neues Auto kaufen wollte, musste 1,16 Jahresgehälter investieren. 2024 liegt dieser Wert bereits bei 1,29 Jahresgehältern – ein Rückgang der Erschwinglichkeit um elf Prozent.
Besonders betroffen: das untere Preissegment
Gleichzeitig sanken die Neuwagenverkäufe um 22 Prozent, wobei insbesondere das Segment unterhalb von 30.000 Euro stark eingebrochen ist. Fahrzeuge in höheren Preisbereichen konnten diese Verluste nur teilweise kompensieren. Hersteller, die weiterhin günstige Modelle anbieten, konnten sich in diesem Marktumfeld besser behaupten.
Die Studie zeigt zudem, dass der Wandel zur Elektromobilität nur teilweise für die Preisentwicklung verantwortlich ist. Rund die Hälfte des Preisanstiegs entfällt auf neue Antriebstechnologien – davon etwa 30 Prozent auf vollelektrische Fahrzeuge (BEV) und 20 Prozent auf Plug-in- und Mildhybride (PHEV/MHEV). Hinzu kommen höhere Produktionskosten, Inflation sowie strategische Entscheidungen vieler Hersteller, preisgünstige Einstiegsmodelle aus dem Portfolio zu streichen.
Reaktion der Verbraucher
Viele Konsumenten weichen auf Leasing- und Finanzierungsmodelle aus: 72 Prozent aller Neuwagenkäufe erfolgen mittlerweile nicht mehr direkt, sondern werden finanziert oder geleast. Gleichzeitig wächst der Gebrauchtwagenmarkt, laut Studie um 18 Prozent seit 2019 – ein klares Signal dafür, dass sich immer weniger Menschen einen Neuwagen leisten können oder wollen.
Handlungsempfehlungen für Hersteller
Um der sich verschärfenden Erschwinglichkeitskrise entgegenzuwirken, formuliert die Studie vier zentrale Strategiefelder:
- Preisgünstige Modelle: OEMs sollten durch neue Modellvarianten oder Rückkehr zu Basisausführungen wieder Fahrzeuge unterhalb von 25.000 Euro anbieten – insbesondere auch kleinere SUVs und Stadtfahrzeuge.
- Mehr Vielfalt im Angebot: Eine gezielte Preisdifferenzierung und modulare Ausstattungspakete sollen unterschiedliche Budgets besser ansprechen.
- Neue Fahrzeugkonzepte: Innovationspotenzial sieht die Studie unter anderem in kompakten, kostengünstigen Fahrzeugen wie Quadricycles, die speziell für den urbanen Raum entwickelt werden könnten.
- Gesamtnutzen steigern: Zusätzliche Services wie die Installation von Ladetechnik oder Wartungspakete können helfen, das Preis-Leistungs-Verhältnis aufzuwerten.
Flexible Preisgestaltung und Finanzierung
Neben einem überarbeiteten Produktangebot müssen Hersteller laut Studie auch ihre Preis- und Rabattpolitik überdenken. Statt pauschaler Rabatte sei ein datenbasierter Ansatz zielführender – etwa durch dynamische Preisempfehlungssysteme, die regionale Märkte, Nachfragesignale und Wettbewerbsdaten berücksichtigen. Damit ließen sich nicht nur Margen sichern, sondern auch gezielte Angebote für preissensible Kundengruppen schaffen.
Ein weiteres zentrales Element ist die Erweiterung der Finanzierungsmodelle. Die Autoren der Studie schlagen unter anderem ein "Leasing 2.0" vor – mit flexibler Laufzeit, anpassbaren Kilometerpaketen und Optionen zur vorzeitigen Vertragsumstellung. Auch Subskriptionsmodelle für Elektroautos und Gebrauchtwagen gewinnen an Bedeutung, da sie einen niedrigeren Einstiegspreis und höhere Planbarkeit versprechen. Solche Modelle könnten dazu beitragen, neue Zielgruppen zu erschließen und die Zugänglichkeit zur individuellen Mobilität zu verbessern.
Stimmen zur Studie
Steffen Rilling, Associate Partner bei Oliver Wyman, betont: "Die Erschwinglichkeitskrise in der Automobilbranche erfordert sofortiges und strategisches Handeln. Wer jetzt seine Angebotsstrategie nicht anpasst, wird es künftig schwer haben, im schrumpfenden Markt zu bestehen." David Di Girolamo, Global Head of Professional Services bei Jato Dynamics, ergänzt: "Unsere datenbasierte Analyse zeigt, wie stark der Wandel im Antriebs- und Angebotsmix das Konsumentenverhalten verändert. Hersteller müssen verstehen, wie ihre Entscheidungen auf Modell- und Preissegmentebene wirken, um nachhaltige Wachstumschancen zu identifizieren."
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