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Tesla-Chef Elon Musk im Interview
Mit Tesla wäre Mercedes 76 Milliarden reicher

In einem mehrstündigen Videointerview hat sich Elon Musk ungewöhnlich offen zu Teslas Geschichte und Zukunft geäußert. Wir fassen die interessantesten Statements zusammen.

Tesla-Chef Elon Musk im Video-Interview Juni 2022
Foto: Tesla Owners Silicon Valley/Screenshot Youtube

Über drei Stunden nahm sich Tesla-Gründer Elon Musk Zeit, um mit Vertretern mehrerer kalifornischer Tesla-Fanclubs zu plaudern – von der Gründungsgeschichte des Autobauers bis hin zu den aktuellen Problemen in der Produktion und den Zukunftsaussichten der Marke. Ungewohnt offen und ausführlich nahm der 51-jährige Milliardär dabei Stellung. So berichtete er unter anderem, wie Mercedes Tesla gerettet hat, warum er einen Bankrott der Marke fürchtet und was aus seiner Sicht die Kernwerte von Tesla sind. Wir fassen einige der wichtigsten und interessantesten Musk-Aussagen zusammen.

Neue Mobilität im Alltag

Was Tesla wirklich ausmacht

Das "autonome Ding" ist für Elon Musk entscheidend für die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung der Marke. Autonomes Fahren, natürlich mit Elektroantrieb, sei der Schlüssel für die Zukunft. "Ohne elektrischen Antrieb und Autonomie wird ein neues Auto nicht bestehen können". Auch den entscheidenden Grund, warum er den Tesla Autopilot so entschieden vorantreibt, verriet Musk. Ausschlaggebend war demnach ein tragischer Unfall, bei dem 2014 ein Tesla-Fahrer am Steuer eingeschlafen war und einen Radfahrer tödlich verletzte. "Mit dem Autopilot wäre der Radfahrer noch am Leben. Das hat mich dazu gebracht, dass es mit dieser Technik so schnell wie möglich vorangehen muss."

Wie Mercedes Tesla rettete

Im Oktober 2008 auf dem Höhepunkt der damaligen Finanzkrise suchte Tesla händeringend nach Investoren, um das Unternehmen zu retten. Elon Musk klopfte auch bei Mercedes an und bekam als Auskunft, man denke dort über einen Elektro-Smart nach, ob Tesla so etwas realisieren könne, im Januar 2009 sei eine Daimler-Delegation in den USA. Also kaufte Tesla kurzerhand in Mexiko einen Smart – in den USA wurde das Auto damals nicht vertrieben – und baute den Verbrenner-Mini binnen drei Monaten auf den Antrieb des Tesla Roadster mit angepassten Akkus um. "Das Leistungsgewicht war irre, man konnte Wheelies mit dem Auto fahren", so Musk im Interview. Das in nur drei Monaten realisierte Ergebnis überzeugte die Mercedes Entwickler offenbar so sehr, dass Tesla mit der Serienentwicklung des Smart-Antriebsstrangs beauftragt wurde.

Mercedes beteiligte sich mit 50 Millionen Dollar an Tesla, damals entsprach das rund zehn Prozent des Unternehmenswertes. "Das gab uns sechs Monate zusätzliche Zeit für Tesla", so Musk, und damit die entscheidende Frist, um den Tesla Roadster für die Serienproduktion weiter zu entwickeln. "In dieser Zeit waren Chrysler und General Motors bankrott, da waren nicht besonders viele Leute daran interessiert, in ein Elektroauto-Start-up zu investieren", erklärt Musk die damaligen Schwierigkeiten. "2009 waren wir dann soweit, den Roadster so zu bauen, dass er nicht sofort kaputt ging." Kuriosum am Rande: Bis 2014 hatte Daimler die komplette Beteiligung wieder abgestoßen, was damals nach dem Tesla-Börsengang nach einem guten Geschäft aussah. Nach heutigem Börsenwert, obwohl weit vom Tesla-Allzeithoch entfernt, wären die ursprünglichen Anteile jedoch rund 76 Milliarden Dollar wert.

Tesla-Chef Elon Musk im Video-Interview Juni 2022
Tesla Owners Silicon Valley/Screenshot Youtube
Gute Laune im Interview: Elon Musk plauderte in der Gigafactory Austin/Texas mit Vertretern von US-Fanclubs.

Die Zukunft von Model S und Model X

Der Fokus von Tesla liegt aktuell nicht auf den Topmodellen der Marke. "Wir bauen Model S und X nicht, weil sie so viel Geld verdienen, sondern eher aus sentimentalen Gründen", sagte Musk. Unter idealen Bedingungen könnten rund 100.000 Einheiten der beiden Modelle pro Jahr produziert und verkauft werden. "Vom Model 3 und Y könnten dagegen drei bis vier Millionen Fahrzeuge im Jahr verkauft werden". Natürlich nur, wenn die Produktion uneingeschränkt und voll ausgelastet läuft, wovon Tesla wie die meisten anderen Autobauer aktuell weit entfernt ist.

Tesla Model S Plaid
Jens Eser
Produktion aus Sentimentalität, nicht als wichtiger wirtschaftlicher Beitrag zum Unternehmensziel: Für das Model S sieht Musk nur geringe Absatzchancen im Vergleich zu den Volumenmodellen.

Die aktuelle Situation bei Tesla

"Die letzten beiden Jahre waren ein absoluter Alptraum", kommentiert Elon Musk im Interview den aktuellen Stand der Dinge, "und wir sind noch nicht aus der Situation heraus". Wie allen Autoproduzenten machen Tesla die unterbrochenen Lieferketten zu schaffen, dazu kommen die Corona-Pandemie mit den deshalb unterbrochenen Produktionen. "Die Frage ist, wie wir die Fabriken am Laufen halten können, damit wir die Menschen bezahlen können und nicht bankrott gehen.", so Musk unerwartet deutlich. Wie als Beweis dient die im Hintergrund des Video-Interviews unverändert stillstehende Produktionslinie des Werks in Austin/Texas. "Diese Fabrik verliert genau jetzt irrsinniges Geld", sagt Musk. Einen wesentlichen Grund dafür nennt er auch, es ist die Fokussierung der Produktion auf die neuen 4680er Batteriezellen, mit der es aktuell Probleme gäbe. Zwar könne man die Autos auch mit den bisherigen 2170er Zellen bauen, doch hierfür fehlten die nötigen Werkzeuge – die stecken aktuell in chinesischen Häfen fest.

"Dasselbe gilt für Berlin" (Gigafactory Grünheide, Anm. d. Red.), "wobei Berlin in einer etwas besseren Position ist, weil sie mit den 2170er Zellen starteten. Berlin und Austin verlieren gerade Milliarden an Dollar, es sind gigantische Geldverbrennungsmaschinen. Weil es eine riesige Investition gab und aktuell praktisch keinen Output". Und weiter: "Es ist mehr Aufwand, diese Fabriken in Produktion zu halten als es war sie zu bauen".

Der Fokus bei der künftigen Tesla Software-Entwicklung

Befragt zu den weiteren Entwicklungen beim Infotainmentsystem gibt sich Musk ebenfalls überraschend selbstkritisch. "Wir haben viel zu tun mit der Basissoftware im Auto. Unser Webbrowser ist Mist, wie auf einem iPad vor fünf Jahren. Wir müssen definitiv an der gesamten Benutzeroberfläche im Auto arbeiten". Ziel sei auch ein getrenntes Infotainmentsystem für erste und zweite Reihe mit unterschiedlichen Tonspuren und Bildschirminhalten. Daran werde zwar gearbeitet, doch der "überwältigende Fokus (in der Softwareentwicklung) liegt auf dem autonomen Fahren."

Tesla Cybertruck Weltpremiere Pickup
Tesla
Interessante Info als Nebensatz: Das Design des Tesla Cybertruck sei final, so Musk im Interview. Wie genau der kommende E-Pickup tatsächlich aussieht, verriet er natürlich nicht.

Über Starman und den Roadster im All

Wie es tatsächlich dazu kam, dass heute ein Tesla Roadster mit dem "Starman" getauften "Piloten" auf dem Weg zum Mars durchs Weltall fliegt, erklärte Elon Musk übrigens auch noch. Bei der Entwicklung von Raketen für den Weltraumtransport werde anfänglich bei den ersten Funktionstests "irgendetwas wertloses" als Fracht befördert. "Ich sagte, wir können doch keinen Betonklotz hineinstecken, das ist superlangweilig". Machten die Entwickler bei Musks zweitem großen Unternehmen Space X dann aber trotzdem. Erst mit dem Start der ersten Falcon Heavy-Rakete im Jahr 2018 bekam Musk seinen Wunsch erfüllt und der rote Roadster hob mit Starman am Steuer ab. Auch ein anderes Detail verriet Musk zu dem Projekt: Das Auto sei sein eigener Roadster direkt aus seiner Garage gewesen, mit dem er sonst durch Los Angeles gefahren sei. Einen prominenten Vorbesitzer hat Starman also auch noch auf seiner spektakulären Mission.

Nicht ganz so außerirdisch, aber auch nicht wirklich von dieser Welt: In der Fotogalerie zeigt Ihnen Alexander Bloch das 1.020 PS starke Model S Plaid (siehe Video oben).

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Fazit

Menschelnd und unerwartet offen gibt sich Elon Musk in dem über dreistündigen Videointerview auf Youtube, das er verschiedenen Tesla-Fanclub-Vertretern gab. Dass es bei dem mit weitem Abstand (nach Börsenwert) wertvollsten Autohersteller der Welt auch nicht immer super läuft, ist angesichts der aktuellen Verwerfungen in der Weltwirtschaft nachvollziehbar, dass die momentanen Fertigungsausfälle die Existenz des Unternehmens bedrohen könnten, ist allerdings ein überraschendes Statement.

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