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Interview mit Kanzler-Kanditat Armin Laschet
„Tempolimit ist kein Instrument für den Klimaschutz“

Armin Laschet ist Ministerpräsident in NRW, CDU-Parteichef und will Bundeskanzler werden. Im Interview äußert sich der Kanzler-Kandidaten über die Zukunft des Straßenverkehrs, Tempolimits und vieles mehr.

Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der CDU Deutschlands
Foto: Laurence Chaperon
Was sind die Eckpunkte in Sachen Mobilität in Ihrem Wahlprogramm?

Mobilität bedeutet Freiheit, für Menschen und für die Wirtschaft. Diese Freiheit müssen wir auf dem Weg zum klimaneutralen Industrieland unbedingt erhalten. Wir setzen auf Innovation und Zukunftstechnologien. In vielem ist Deutschland bereits führend. Anderswo müssen wir es werden, Stichworte: Wasserstoff, Batteriezellen, Chip-Technologie. Die Autobranche stellt sich bereits auf ganz neue Bedingungen ein. Und wir wollen die Transformation des Verkehrssektors – nicht nur auf der Straße – voranbringen, indem wir sowohl die Bedürfnisse von Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch die der Industrie berücksichtigen.

Unsere Highlights
Die EU will bis 2035 bei Autos die CO2-Neutralität erreichen. Was halten Sie davon?

Ehrgeizige Ziele finde ich richtig, Verbote nicht. Die deutschen Autobauer sind auf einem guten Weg hinsichtlich der E-Mobilität. Beim Wasserstoff wiederum gibt es in der Branche unterschiedliche Auffassungen, etwa was den Nutzen für Lkw anbelangt. Aber wie Sie richtig sagen: Es ist eine Ankündigung der EU. Die Frage wird zwischen Oktober und Dezember konkret verhandelt. Es ist gut, dass das auf europäischer Ebene geschieht – Klimaschutz darf nicht an Landesgrenzen haltmachen.

Wie ist Ihre Haltung zu synthetischen Kraftstoffen und zum Wasserstoff?

Wir setzen außer auf Elektromobilität auch auf synthetische Kraftstoffe im Straßenverkehr. Diese und der bereits angesprochene Wasserstoff können perspektivisch auch im Schwerlastverkehr eingesetzt werden. Nutzfahrzeuge und schwere Lkw könnten andere Antriebstechnologien erfordern. Wichtig ist, technologieoffen zu bleiben, denn wir wissen heute noch gar nicht, was morgen erfunden wird.

Wie stark werden Sie sich für den Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur einsetzen?

Wir brauchen so schnell wie möglich mehr Ladesäulen. Unser Ziel ist ein so gutes Ladesäulennetz, dass das nutzerfreundliche Laden ein Grund für den Wechsel auf ein Elektroauto sein kann. Dafür brauchen wir mehr Tempo, mehr Ladesäulen in Häusern und mehr Schnellladesäulen im Fernverkehr – die möglichst innerhalb von zehn Minuten zu erreichen sind.

Wie geht es mit dem Tempolimit weiter? Kommt es mit der E-Mobilität durch die Hintertür?

Beim Tempolimit ist die Union ganz klar: Das sehen wir nicht als Instrument, wenn es um mehr Klimaschutz im Straßenverkehr geht. Wir haben auf vielen Strecken eine Geschwindigkeitsbegrenzung, meistens aus Gründen der Verkehrssicherheit. Das ist auch richtig so. Mich beschäftigt aber ein anderes Tempolimit viel mehr: das bei Planungsverfahren – da drücken wir nicht genug aufs Tempo. In Deutschland dauert es bis zu 25 Jahre, um eine Verkehrsampel zu errichten, von Schienen und Stromtrassen ganz zu schweigen. Das müssen wir ändern!

01/2019, Tempolimit 130 km/h Lkw-Überholverbot
Archiv
Pauschal mit Verboten zu hantieren, ergibt laut Armin Laschet wenig Sinn.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Benzinpreise und der Pendlerpauschale?

Wir wollen so schnell wie möglich zu einem Europäischen Emissionshandel für Mobilität übergehen. Das wird sich auch beim Benzinpreis im Geldbeutel bemerkbar machen. Mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel wollen wir die EEG-Umlage abschaffen, damit die Stromrechnung der Menschen deutlich sinkt. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch sprechen wir da bei einem Singlehaushalt von 95 Euro. Zusätzlich wollen wir über die Pendlerpauschale einen Ausgleich schaffen, damit gerade diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, nicht unnötig belastet werden.

Brauchen wir aus Ihrer Sicht mehr Straßen?

Wir brauchen die bestmögliche Infrastruktur! Das können zusätzliche Straßen und Brücken sein, Umgehungsstraßen oder auch mehr Schienen und Fahrradwege. Wichtig ist, dass es hier kein Gegeneinander gibt, dass der Verkehr sicher ist und funktioniert. Nichts ist schlimmer als Stillstand. Und davon haben wir noch immer zu viel. Nehmen Sie die A 1. Das ist eine europäische Achse – von Skandinavien über Hamburg und Köln bis Marseille. Wenn da nicht ein paar fehlende Autobahnkilometer in der Eifel wären. Dass es Jahrzehnte dauert, eine solche Lücke zu schließen, ist nicht hinnehmbar. Und genau das wollen wir mit beschleunigten Planungsverfahren ändern.

Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der CDU Deutschlands
Laurence Chaperon
Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der CDU Deutschlands
Städte fordern Tempolimits und wollen Autos aussperren. Wie denken Sie darüber?

Es gibt an vielen Orten gute Gründe für ein angepasstes Tempo, über Sicherheit haben wir ja schon gesprochen: Wir müssen alles tun, um Unfälle zu vermeiden. Pauschal mit Verboten zu hantieren, ergibt aber wenig Sinn – und kann zu Akzeptanzverlust in der Bevölkerung führen. Noch mal: Es geht um ein Miteinander, nicht um Autofahrer gegen Fahrradfahrer, Stadt gegen Land. Alle Menschen müssen sicher von A nach B kommen. Mit ÖPNV, Park-and-ride-Angeboten, E-Rollern und Fahrrädern und natürlich auch dem Auto, das gerade in ländlichen Regionen schwer ersetzbar ist.

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