Hohe Spritpreise: Spanier senken Tempolimit

Hohe Spritpreise
Spanier senken Tempolimit

Veröffentlicht am 28.02.2011
Spanische Flagge

Das kündigte Vizeregierungschef Alfredo Pérez Rubalcaba am Freitag (25.2.) nach einer Sitzung des Kabinetts in Madrid an. Die Maßnahme tritt für unbestimmte Zeit am 7. März in Kraft. "Wir müssen etwas gegen die steigende Energierechnung tun", betonte er.

Treibstoffversorgung gesichert

Um die Bürger dazu zu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, werden zugleich die Bahnpreise im Schnitt um fünf Prozent reduziert. Vorgesehen ist auch, die Beleuchtung staatlicher Gebäude und öffentlicher Einrichtungen zu drosseln. Mit dem Sparplan, der noch nicht vollständig ausgearbeitet worden ist, kann der Benzinverbrauch nach Angaben der Regierung um rund 15 Prozent und der Dieselverbrauch um 11 Prozent verringert werden.
 
Nach den Worten von Pérez Rubalcaba bedeutet eine Preiserhöhung pro Ölbarrel um zehn Euro eine zusätzliche monatliche Belastung von etwa einer halben Milliarde Euro. Die wirtschaftliche Erholung des schuldengeplagten Spaniens werde das aber nicht größer beeinträchtigen. Die Treibstoffversorgung sei trotz der Krise in Libyen und anderen Ländern in jedem Fall garantiert, unterstrich er.

Verkehrsschilder überkleben

In den kommenden Tagen müssen ldamit andesweit mehr als 6.000 Verkehrsschilder überklebt werden, um sie an das neue Tempolimit anzupassen, das die sozialistische Regierung wegen der gestiegenen Ölpreise zum 7. März einführen wird. Für das rund 9.000 Kilometer umfassende Autobahnnetz des Urlaubslandes gilt dann bis auf weiteres eine Höchstgeschwindigkeit von 110 statt wie bisher 120 km/h.
 
Laut Verkehrsministerium lassen sich damit jährlich rund 1,4 Milliarden Euro an Spritkosten einsparen. Die Maßnahme hat in Spanien jedoch eine heftige Kontroverse über den tatsächlichen Nutzen ausgelöst.
 
"Unsere Abhängigkeit von den Erdölimporten ist übermäßig groß", räumte Vizepremier Alfredo Pérez Rubalcaba nach Presseberichten vom Sonntag ein. Die hohen Benzinpreise könnten sich auch negativ auf die wirtschaftliche Erholung des Krisenlandes auswirken. Die Versorgung sei zwar nicht gefährdet. Es müsse aber jetzt gehandelt werden, denn es sei nicht abzusehen, wie lange die politische Instabilität im Norden Afrikas und in den arabischen Ländern noch anhalten werde.
 
Spanien hängt zu 80 Prozent von Energieimporten ab. Wichtigster Erdöl-Lieferant ist der Iran. Danach folgt bereits Libyen, mit einem Anteil von rund 13 Prozent. Im vergangenen Jahr schlugen die Erdöleinfuhren mit 25,5 Milliarden Euro zu Buche, das waren bereits 10,3 Milliarden Euro mehr als noch 2009. Und seitdem ist der Barrelpreis auf nunmehr rund 110 Dollar geklettert. An Spaniens Tankstellen kostet der Liter Benzin derzeit um die 1,28 Euro.

Kritik von allen Seiten

Der Städte- und Gemeindetag (FEMP) schlug unterdessen vor, auch den Verkehr im Stadtbereich einzuschränken. Denkbar sei ein Fahrverbot für Privatwagen an bestimmten Tagen. Industrieminister Miguel Sebastián will sich noch diese Woche mit Vertretern der verschiedenen Regionen treffen, um weitere Maßnahmen zu erörtern.
 
Die konservative Volkspartei (PP) kritisiert die Pläne der Regierung indes als "chaotisch, lächerlich und grotesk" und hält den angekündigten Spareffekt für übertrieben. So treffe das Tempolimit zwar die Autofahrer, nicht aber Lastwagen und Busse, die sowieso langsamer fahren müssten. Sie machten aber rund ein Drittel des gesamten Spritverbrauchs aus. Außerdem entfalle auf die Autobahnen nur 60 Prozent des Verkehrs. Der Rest konzentriere sich auf Städte.
"Es geht hier um sowjetische Maßnahmen, wie sie heute die Menschen auf Kuba ertragen müssen", kritisierte PP-Sprecher Esteban González Pons. "Die Spanier können aber nicht per Dekret zum Sparen gezwungen und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden." Vielmehr brauche das Land ein neues Energiemodell.
 
Auch Spaniens Automobilclubs laufen gegen die Verordnung Sturm. "Am Ende wird immer der Autofahrer bestraft", beklagte der Verband CEA. Das Tempolimit werde nur zu einer Zunahme der Strafzettel führen. Die Regierung müsse stattdessen mit Kaufanreizen dafür sorgen, den veralteten Fuhrpark im Lande zu erneuern.
 
Den Umweltschützern geht der Sparplan dagegen nicht weit genug. "Die Regierung hat die Chance vertan, eine wirklich durchgreifende Lösung zu beschließen", heißt es bei Greenpeace. Die Organisation Ecologistas en Acción forderte, die Geschwindigkeit auf Autobahnen dauerhaft auf 100 km/h zu begrenzen.
 
Genau das fürchten viele Autofahrer in Spanien am meisten. Das erste Tempolimit überhaupt war im Zuge der großen Ölkrise von 1973 noch unter der Franco-Diktatur eingeführt worden - es wurde nie wieder abgeschafft.