Gebrauchtwagen-Verkauf in der EU: Kein Verkauf ohne TÜV oder Gutachten

EU-Regel zum Gebrauchtwagen-Verkauf
Kein Verkauf ohne TÜV oder Gutachten

Zuletzt aktualisiert am 26.06.2025

Am 17. Juni 2025 haben die EU-Umweltminister im Rat der Europäischen Union eine gemeinsame Position zur geplanten Altfahrzeugverordnung (End-of-Life Vehicles, ELV) beschlossen. Bereits am 13. Juli 2023 hatte die Europäische Kommission den entsprechenden Entwurf vorgelegt. Nun liegt ein einheitlicher Regelungsvorschlag auf dem Tisch, der tiefgreifende Änderungen für den Fahrzeugverkauf und das Recycling von Altautos vorsieht.

Nachweispflicht bei jedem Eigentumswechsel

Kernstück der neuen Vorschriften ist Artikel 25 des Kommissionsentwurfs. Danach muss künftig bei jedem Verkauf – egal ob im Inland oder bei einem Export – nachgewiesen werden, dass das Fahrzeug kein Altfahrzeug ist. Dafür ist eine von zwei Optionen erforderlich:

  • eine gültige Hauptuntersuchungsbescheinigung (z. B. TÜV),
  • oder ein Gutachten eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen.

Ohne diesen Nachweis verweigern Zulassungs- und Zollbehörden die Umschreibung oder Ausfuhr. Einzige Ausnahme: rein private Verkäufe ohne Nutzung elektronischer Plattformen, bei denen keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.

Übrigens: Immer wieder war vorgeschlagen worden, den Fahrzeugzustand auch per Video zu dokumentieren. Die EU-Kommission hat diesen Vorschlag jedoch nicht aufgenommen. Laut Entwurf gelten ausschließlich schriftliche Nachweise in Form eines HU-Berichts oder eines Gutachtens. Auch für den Export gibt es keine Ausnahmen.

Für gewerbliche Händler und Plattformen kommt zusätzlich eine zwei Jahre dauernde Aufbewahrungspflicht für die entsprechenden Nachweise hinzu. Behörden sollen so jederzeit nachvollziehen können, ob ein Fahrzeug ordnungsgemäß verkauft oder entsorgt wurde.

Wann ist ein Fahrzeug ein Altfahrzeug?

Ein Auto gilt künftig als Altfahrzeug, wenn es erhebliche und nicht reparierbare Schäden aufweist – zum Beispiel an tragenden Strukturteilen oder sicherheitsrelevanten Systemen wie Bremsen oder Airbags. Auch Fahrzeuge ohne gültige Fahrgestellnummer oder solche, die länger als zwei Jahre abgestellt waren und keine Hauptuntersuchung bestanden haben, fallen in diese Kategorie. Sobald ein Verwertungsnachweis vorliegt, ist der Verkauf ausgeschlossen – das Fahrzeug muss recycelt werden.

Die Nachweispflicht beim Verkauf gilt zunächst nur für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Für Motorräder, Lkw, Busse und Spezialfahrzeuge ist eine Ausweitung der Vorschriften vorgesehen, jedoch mit zeitlichem Verzug. Laut Kommissionsentwurf sollen diese Fahrzeugkategorien in späteren Umsetzungsstufen schrittweise in die Verordnung einbezogen werden. Die genauen Fristen sind noch nicht endgültig festgelegt und werden voraussichtlich über ergänzende Rechtsakte oder delegierte Verordnungen konkretisiert. Klar ist aber: Auch für diese Fahrzeugklassen wird mittelfristig ein verbindlicher Nachweis über den technischen Zustand verpflichtend.

Von der Idee zum Gesetz

Mit der neuen Verordnung will die EU zwei bisherige Rechtsakte ersetzen: die Altfahrzeugrichtlinie 2000/53/EG und die 3R-Typgenehmigungsrichtlinie 2005/64/EG. Der entscheidende Unterschied: Während die bisherigen Regeln in nationale Gesetze umgesetzt werden mussten, gilt die neue Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten, sobald sie verabschiedet ist. Ziel ist es, illegale Fahrzeugexporte zu unterbinden, den Materialkreislauf zu stärken und die Verantwortung der Hersteller deutlich auszuweiten.

Mit der Zustimmung des Rates liegt nun eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten vor. In den kommenden Monaten treten EU-Parlament, Kommission und Rat in die Trilogverhandlungen ein. Dabei werden letzte inhaltliche Differenzen ausgeräumt und der finale Verordnungstext abgestimmt. Nach der formellen Verabschiedung könnte die neue ELV-Verordnung ab 2026 direkt gelten – mit unterschiedlichen Übergangsfristen je nach Maßnahme. Für Fahrzeughalterinnen und -halter bedeutet das: Wer künftig ein Auto verkauft, braucht einen eindeutigen Nachweis über den technischen Zustand. Der Gebrauchtwagenmarkt steht damit vor einem europaweiten Umbruch.

Weitere Eckpunkte der ELV-Reform

  • Rezyklatquoten: Die Verordnung verpflichtet Fahrzeughersteller, künftig mehr wiederverwertete Materialien zu verwenden. Bereits sechs Jahre nach Inkrafttreten müssen neue Fahrzeuge mindestens fünfzehn Prozent (15 %) recycelten Kunststoff enthalten. Dieser Anteil steigt stufenweise auf zwanzig Prozent (20 %) nach acht Jahren und fünfundzwanzig Prozent (25 %) nach zehn Jahren.
  • Erweiterte Herstellerverantwortung: Die Pflicht zur Rücknahme und Verwertung gilt künftig auch für verwaiste Marken und für weitere Fahrzeugtypen, etwa Zweiräder oder leichte Nutzfahrzeuge.
  • Digitaler Fahrzeugpass: Ein digitaler und fälschungssicherer Fahrzeugpass dokumentiert den Lebensweg jedes Fahrzeugs – von der Produktion bis zur endgültigen Verwertung.
  • Demontagepflicht für wertvolle Komponenten: Bestimmte Bauteile wie Airbags, Steuergeräte, Batterien oder Magnetmaterial aus Elektromotoren müssen künftig vor der Schredderung ausgebaut werden.
  • Strengere Exportkontrollen: Fahrzeuge ohne gültigen Techniknachweis dürfen die EU nicht mehr verlassen. Zollbehörden sollen mit risikobasierten Verfahren prüfen, ob Fahrzeuge illegal aus dem Verkehr gezogen werden.

Was ist Rezyklat? Rezyklat ist ein industriell wiederaufbereiteter Werkstoff, der aus gebrauchten Materialien stammt – zum Beispiel aus alten Kunststoffbauteilen oder Verpackungsabfällen. Es ersetzt fossile Rohstoffe wie Erdöl bei der Herstellung neuer Produkte. Im Automobilbereich kann Rezyklat in Türverkleidungen, Unterbodenabdeckungen oder Sitzpolstern eingesetzt werden. Ziel der EU-Vorgaben ist es, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und den CO₂-Ausstoß der Fahrzeugproduktion zu senken.

Stimmen zur Altauto-Verordnung:

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) äußert sich kritisch, inbesondere bei der Nachweispflicht: "Eine Nachweispflicht würde neue Kosten für die Bürger und mehr Aufwand für die Behörden bedeuten, aber keinerlei Mehrwert schaffen. Es reicht! Brüssel sollte beim Abbau von Bürokratie Vollgas geben und bei Eingriffen in die Eigentumsrechte schleunigst auf die Bremse treten!"

"Wenn nun bei jedem Autoverkauf zusätzlich der genaue Zustand des Autos bescheinigt und geprüft werden müsste, wäre das ein riesiger Zusatzaufwand. Außerdem würde das bedeuten, dass Fahrzeuge beim Abmelden schnell als ‚Altfahrzeug‘ abgestempelt und damit quasi wertlos werden. Die Eigentümer müssten erst das Gegenteil mit einem teuren Gutachten beweisen. Das kann man niemandem vermitteln!"

Der TÜV-Verband begrüßt grundsätzlich die neuen EU-Regeln für Altfahrzeuge, insbesondere den Fokus auf Kreislaufwirtschaft und Ressourcensicherheit. Kritik äußert der Verband aktuell vor allem im Hinblick auf die Umsetzung technischer Details, etwa beim geplanten digitalen Fahrzeugpass, wo Interoperabilität, Datenqualität und Fälschungssicherheit gewährleistet sein müssen: "Kreislaufwirtschaft bei Fahrzeugen funktioniert nur, wenn Umweltziele mit technischer Machbarkeit Hand in Hand gehen. Besonders beim geplanten Digital Circularity Vehicle Pass müssen Interoperabilität, Datenqualität und Fälschungssicherheit gewährleistet sein."

Johannes Hanke vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) sagt: "Die Einführung eines verpflichtenden Verwertungsnachweises für die Abmeldung von Fahrzeugen ist ein wirksames Instrument gegen die illegale Verbringung von Altfahrzeugen."

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