Ford strukturiert seine Unternehmungen in Europa auf dem Weg hin zu einem reinen Elektroautobauer um. Der Gewerkschaft IG Metall zufolge geht dies mit massiven Stellenstreichungen einher. Diese betreffen in erster Linie das Werk in Saarlouis. Das dort gebaute Kompaktmodell Focus läuft 2025 aus, weshalb die Zukunft des Standortes früh unsicher war. Den Zuschlag für die Produktion des elektrischen Nachfolgers hatte das Werk im spanischen Valencia erhalten.
Ende Juni 2023 hatte Ford verkündet, zusammen mit der saarländischen Regierung nach intensiven Verhandlungen eine Absichtserklärung mit einem Großinvestor unterzeichnet zu haben. Wie Ford-Deutschland-Chef Martin Sander im Oktober 2023 im Saarländischen Rundfunk (SR) erklärte, sei der mögliche Käufer jedoch nach gescheiterten Verhandlungen abgesprungen. Zuvor sollen der Autohersteller und die Landesregierung ein sehr attraktives Paket geschnürt haben. Konkrete Informationen über die Gründe habe Ford nicht erhalten. Der Autobauer ließ zudem offen, um wen es sich dabei genau handelte. Er sei jedoch weiter zu Gesprächen bereit gewesen, falls es andere Interessenten für das Gelände gegeben hätte.
Beschäftigungszusage bis 2032
Gleichzeitig mit der Ankündigung, mit dem Investor die Absichtserklärung geschlossen zu haben, gab Ford überraschend die Zusage, an seinem saarländischen Werk bis zum Jahresende 2032 festzuhalten. Wie das Management des Autoherstellers damals in einer Betriebsversammlung mitteilte, sollen bis dahin 1.000 Arbeitsplätze in Saarlouis erhalten werden. Aktuell arbeiten noch etwa 3.750 Beschäftigte im Ford-Werk Saarlouis. Diese Regelung ist in einer Betriebsvereinbarung festgehalten, die Ford Deutschland zuvor mit dem Betriebsrat in Saarlouis ausgehandelt hatte. Der seit Ende Februar 2024 geltende Sozialtarifvertrag umfasst auch hohe Abfindungen und Prämien, die Bildung einer Transfergesellschaft und Qualifizierungsprogramme. Außerdem wurde das Ende der Produktion des Ford Focus um ein halbes Jahr auf November 2025 verschoben.
Auch für die Mitarbeiter von fünf Zulieferfirmen des Werks Saarlouis wurde im März 2024 nach mehrtägigen Streiks ein Sozialtarifvertrag ausgehandelt, der hohe Abfindungsbeträge, Transfergesellschaften und Übergangsregelungen für ältere Mitarbeiter vorsieht.
BYD, Magna und Nedcar sollen interessiert gewesen sein
Verschiedenen Medienberichten zufolge habe Ford mit bis zu 15 Interessenten über einen (Teil-)Verkauf des Standortes verhandelt. Acht von ihnen sollen ein konkretes Interesse an einer Übernahme bekundet haben. Einer von ihnen soll BYD gewesen sein. Bereits im Januar 2023 berichtete das "Wall Street Journal", dass sich der chinesische Autobauer für das Werk in Saarlouis interessiert habe. Nach Informationen der Automobilwoche konnten sich aber auch die Auftragsfertiger Magna und Nedcar eine Übernahme des Werks vorstellen.
Anfang des Jahres 2023 hieß es noch, dass das Saarland einspringe, sollte sich kein geeigneter Investor finden. Die Regierung des Bundeslandes hatte sich Anfang März 2023 Optionsrechte zum Erwerb der Grundstücke und Immobilien des Standortes Saarlouis gesichert. Sollte das Saarland das Gelände im "Worst-Case" komplett übernehmen müssen, fließen bis zu 95 Millionen Euro an Ford. In diesem Fall wäre das Saarland alleiniger Eigentümer des Werks und würde es in Eigenregie vermarkten. Ob diese angedachte Regelung nun tatsächlich eintritt, nachdem der Investor abgesprungen ist, ist nicht bekannt.
Fazit
Obwohl bereits eine Absichtserklärung mit ihm existierte, sprang ein potenzieller Investor ab, der das Ford-Werk in Saarlouis übernehmen wollte. Ausbaden müssen es die Beschäftigten, von denen ein Großteil einer unsicheren Zukunft nach 2025 entgegenblickt. Eine Beschäftigungsgarantie darüber hinaus gibt es nur für bis zu 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
