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Führerscheinklassen A und B im Vergleich
Wie gut ist die Ausbildung?

Ob Auto oder Motorrad – die Sicherheit im Straßenverkehr hängt maßgeblich von der Ausbildung der Fahranfänger ab. Welche Unterschiede gibt es bei den Führerscheinklassen A und B? Und führt die Ausbildung auch weit genug?

Fahrausbildung im Vergleich, Sicherheitskampagne
Foto: Adobe Stock

Jährlich machen Tausende Menschen einen Führerschein. Laut Kraftfahrt-Bundesamt erhielten im Jahr 2020 insgesamt 842.460 Fahranwärter den Pkw-Führerschein, 213.492 einen fürs Motorrad. Davon sind knapp 68 Prozent der Führerschein-Neulinge für Autos zwischen 17 und 24 Jahre alt, für Motorräder sind es knapp 51 Prozent.

Dass gerade diese Altersgruppe besonders häufig in Unfälle verwickelt ist, zeigen die Unfallstatistiken: Allein im Jahr 2019 waren laut Statistischem Bundesamt 35.541 Autofahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren Hauptverursacher von Unfällen mit Personenschaden.

Rücksicht hat Vorfahrt

Ähnliche Voraussetzungen

Eine gute Ausbildung der Fahrschüler ist deshalb maßgeblich für die Sicherheit aller Teilnehmer im Straßenverkehr. Doch geht die Ausbildung bei Auto und Motorrad weit genug? Betrachtet man den theoretischen Teil, ist kein Unterschied zwischen Klasse A und B festzustellen: Zwölf Doppelstunden à 90 Minuten für den Grundstoff und zwei Doppelstunden für den Zusatzstoff der entsprechenden Klasse sind beim Ersterwerb nach der Fahrerlaubnis-Verordnung Pflicht. Auch die praktischen Pflichtstunden – fünf Überland-, vier Autobahn- sowie drei Nachtfahrten – gleichen sich. Wie viele Übungsstunden ein Schüler benötigt, hängt von seinen eigenen Fähigkeiten sowie der Einschätzung des Fahrlehrers ab.

Der Unterschied zwischen den Ausbildungen zeigt sich erst, wenn man sich das Alter anschaut, in dem man die Fahrerlaubnis erhalten kann. So ist bereits ab 16 Jahren beim Motorrad die Klasse A1 möglich, beim Auto ist durch das begleitete Fahren (BF17) der Führerschein ab 17 Jahren drin. Doch während die Motorradfahrer mit dem A1 ohne Unterstützung unterwegs sind, ist beim BF17 immer eine ein-getragene Begleitperson mit an Bord.

Laut Bundesverkehrsministerium liegt genau hier der entscheidende Unterschied, wenn es um die Verkehrssicherheit bei Fahranfängern geht. Demnach passieren BF17-Anfängern im ersten Jahr ohne Begleitperson rund 20 Prozent weniger Unfälle im Vergleich zu Fahranfängern, die ihre Fahrerlaubnis mit 18 Jahren erhalten haben.

Fahrausbildung im Vergleich, Sicherheitskampagne
ADAC
20% weniger Unfälle passieren laut BMVI bei Autofahrern im ersten Jahr ohne Begleitperson nach der BF17-Ausbildung. Fahrsicherheitstrainings helfen Motorradfahrern dabei, ihr Kraftrad besser einschätzen zu können.

Die Gründe liegen auf der Hand: Die BF17-Fahrschüler sammeln im Vergleich zu den anderen deutlich mehr Fahrpraxis. Laut ADAC legt ein Fahrschüler nämlich in der Ausbildung rund 500 Kilometer zurück, bevor es zur Prüfung geht. Beim BF17 kommen im Durchschnitt noch mal rund 1.400 Kilometer während der Begleitphase hinzu, die letztendlich bis zu zwölf Monate beträgt. In einer Studie des ADAC sprachen sich auch Begleitpersonen für das BF17 aus. Für 88 Prozent der 504 Befragten spielt demnach das BF17 eine wichtige Rolle für den Gewinn an Fahrsicherheit der Fahranfänger.

Der ADAC geht sogar noch einen Schritt weiter und spricht sich für die Herabsetzung des Alters auf 16 Jahre aus. Dies würde nach Ansicht des Automobilclubs dazu beitragen, die Jugendlichen noch besser auf die Praxis vorzubereiten. Jungen Fahrern soll so vor allem Rückmeldung über ihr Können und ihre Grenzen vermittelt werden, da sie sich am Anfang zu häufig überschätzen würden.

Geht da noch mehr?

Einen Schritt in Richtung höherer Verkehrssicherheit verspricht die "Optimierte Praktische Fahrerlaubnisprüfung" (OPFEP), die seit Januar 2021 durchgeführt wird. Sie soll dazu beitragen, das Unfallrisiko zu senken, indem sie durch einen Kriterienkatalog mehr Transparenz und Objektivität schafft. Außerdem erhalten die Prüflinge und die Fahrschulen im Anschluss an die Prüfung Feedback vom Prüfer. Ob diese Änderungen wirklich mehr Sicherheit bringen, bleibt abzuwarten.

Was die Ausbildung der Motorradfahrer angeht, tut sich ansonsten aber recht wenig. Ein begleitetes Fahren im klassischen Sinn ist schließlich fürs Zweirad nicht realisierbar. Wirkliche Alternativen gibt es bislang nicht. Es scheint, als läge hier der Fokus deutlich stärker auf der kontinuierlichen Verbesserung der Pkw-Ausbildung.

Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands in Baden-Württemberg, sieht auch nicht viele Alternativen: "Was diverse Fahrschulen bereits anbieten, sind betreute Ausfahrten für ehemalige Motorrad-Fahrschüler", sagt er. Hier könnten die Fahranfänger in Gruppen gemein-sam Fahrerfahrung sammeln und bekommen während der Touren Feedback von den Fahrlehrern.

Was für Jochen Klima in jeder Fahrerlaubnisklasse definitiv für mehr Verkehrssicherheit sorgen kann, sind Fahrsicherheitstrainings und eine Nachbetreuung für alle. "Denn circa 80 Prozent aller Fahrschüler erhalten keine weitere Betreuung durch die Fahrschulen nach der absolvierten Prüfung", berichtet er. Lediglich die Auffälligen, die zur Nachschulung kommen müssen, bekämen hier noch mal Unterstützung. Dabei sei genau die Anfangszeit entscheidend, um Gelerntes zu festigen. "Am besten wäre es, wenn alle Fahranfänger etwa ein halbes Jahr nach der bestandenen Prüfung noch mal für ein Training in die Fahrschule kommen und anschließend ein Fahrsicherheitstraining absolvieren müssten", so Klima.

Auch die Tatsache, dass nach alter Tradition die Führerscheinklassen AM und L für Mopeds und Mofas sowie Zugmaschinen beim BF17 und bei Klasse B mit erworben werden, sollte seiner Ansicht nach überdacht werden. Die Frage sei, ob es sinnvoll ist, wenn junge Leute, die nur etwas jünger als BF17-Schüler sind, für Klasse AM eine komplette Ausbildung machen müssen.

Viele Jugendliche warten daher lieber etwas länger und machen direkt das BF17. Ob solche Wünsche und Änderungen durchsetzbar sind, sei leider fraglich. "Das Thema ist hochpolitisch", sagt Klima. Denn die Fahrausbildung dürfe nicht zu teuer werden. Demgegenüber stehe das Thema Sicherheit. Wie es scheint, ginge da also definitiv noch mehr.

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