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Euro NCAP-Crashtest
Sind unsere Autos wirklich sicher?

Euro NCAP verschärft seine Kriterien beim Crashtest, um unsere Autos noch sicherer zu machen. Wer schafft künftig fünf Sterne?

Euro NCAP, City-Notbremssystem
Foto: Hersteller

Fünf Sterne beim Crashtest gelten als Ritterschlag, wenn es um das Sicherheitspotenzial eines Autos geht. Die erhielten jüngst selbst Kleinwagen wie VW Up oder Peugeot 208 von einem europäischen Konsortium aus Regierungsvertretern, Automobilclubs und Versicherungsverbänden namens EuroNCAP, das sich objektive Verbraucherinformation auf die Fahnen geschrieben hat. Dazu werden seit 15 Jahren Neuwagen verschiedenen Crashtests unterzogen und deren Ergebnisse für mögliche Kaufentscheidungen der Öffentlichkeit präsentiert.

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Allerdings ist es in einer technisch immer komplizierter gewordenen Welt nicht einfach, komplexe Zusammenhänge für Endkunden auf einen einfachen Nenner zu bringen. Deshalb haben sich die elf Partner darauf verständigt, gut oder schlecht in einem Schulnoten-ähnlichen Punktesystem zu bewerten und das abschließende Sicherheits-Rating in ein Sterne-Schema zu packen. Für die Autoindustrie ist dieses Sterne-Urteil zu einem entscheidenden Werbeargument geworden.

Neue Kategorie „Sicherheits-Assistenten“

Bei den Testbedingungen, die sich anfangs an den geplanten EU-Richtlinien für Frontal- und Seitenaufprall orientierten, lag der Schwerpunkt zunächst primär auf dem Insassenschutz für Erwachsene. Die beiden anderen Kriterien – Kinder-Insassenschutz oder Fußgängerschutz – wurden zuerst in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Diese Fokussierung führte zur stetigen Verbesserung des Schutzstandards für erwachsene Insassen, sprengte jedoch das ursprüngliche Vier-Sterne-Schema und damit auch die Differenzierungsmöglichkeiten. Kinder- und Fußgängerschutz hinkten der Entwicklung noch hinterher. Doch inzwischen fragen Verbraucher zunehmend nach einer umfassenden Gesamtbewertung.

Deshalb verständigte sich das EuroNCAP-Konsortium 2009 zum Beginn der letzten Rating-Periode auf eine Überarbeitung. Diese integriert nicht nur neue Testverfahren, wie zum Heckaufprallschutz, sondern auch als neue Kategorie die Sicherheits-Assistenten. Damit erweitert sich das Rating-Schema von der passiven hin zu Systemen der aktiven und integrierten Sicherheit.

Wichtungs- und Balancing-Methode des NCAP-Crashtest

Was die Sache noch komplizierter macht: Die in jeder Kategorie zu erreichenden fünf Sterne lassen sich nicht einfach addieren, vielmehr werden sie nach einer „Wichtungs- und Balancing-Methode“ zusammengeführt. Das aufwendige Verfahren erlaubt es – wie zwischen 2009 und 2012 geschehen – die Anforderungen des Bewertungssystems in jährlichen Schritten anzuheben. Eine frühere Fünf-Sterne-Wertung könnte daher heute vielleicht nur noch für zwei oder drei Sterne reichen, weiß EuroNCAP-Präsident Andre Seeck.

Um einerseits den technischen Fortschritt einzubeziehen, andererseits aber weitere Möglichkeiten zur Differenzierung zu schaffen, hat EuroNCAP für die nächste, 2013 beginnende Rating-Periode weitere Verschärfungen vorgesehen – sowohl bei den Versuchsszenarien als auch im Wertungsverfahren. Ab 2014, das zum Jahr der aktiven Sicherheit ausgerufen werden soll, wird die schrittweise Einführung von Notbremssystemen gefordert. Ein intelligenter Geschwindigkeitsassistent soll zudem das jeweils zulässige Tempo anzeigen. Voraussetzung dafür ist eine Video-Umfelderfassung. Mit entsprechender Ausstattung können dann auch Kleinwagen noch fünf Sterne erreichen. Um jedoch Härtefälle zu vermeiden, soll das Rating für diese Ausrüstungsquoten bis 2016 langsam hochgefahren werden.

Zierliche „Fünf-Prozent-Frau“-Dummys

Bei der passiven Sicherheit ist ab 2015 ein zusätzlicher Frontalcrash mit 50 km/h bei Voll-Überdeckung und zudem mit zierlicheren „Fünf-Prozent-Frau“-Dummys (1,55 Meter groß, 46 Kilogramm schwer) geplant. Neue, altersgemäße Kinder-Dummys sollen zudem das Geschehen realistischer abbilden. Auch der Seitenaufprall wird 2015 mit einer schwereren 1.300-Kilogramm-Barriere verschärft und dazu der Pfahlaufprall mit einer Schrägkomponente modifiziert. Adaptive Rückhaltesysteme gewinnen damit zunehmend an Bedeutung.

Beim Fußgängerschutz wird ab 2013 eine Verfeinerung der Netzpunkte für den Hauben- und Frontscheibenbereich mit den entsprechenden Belastungsgrenzwerten eingeführt. Ein Bein-Prüfkörper ist noch in der Entwicklung. 2015 schließlich stehen weitere Optimierungen der Fahrzeugfront in Sachen Personenverträglichkeit für den Hüftbereich auf der Agenda.

Auch wenn der Zeitplan flexibel ist, das Ziel ist klar: Mit den technischen Möglichkeiten werden die Sicherheitsanforderungen durch EuroNCAP wachsen. Doch selbst für Kleinwagen werden fünf Sterne weiter erreichbar sein – freilich nur, wenn auch sie über Assistenzsysteme mit intelligenter Umfelderkennung verfügen. Die Kosten für Spurhaltesysteme, Fußgängererkennung, Notbremssysteme oder intelligente Speedlimiter werden mit wachsender Verbreitung ohnehin sinken – und damit deren Einzug in untere Fahrzeugklassen ermöglichen.

Kommentar: Stern-Deutung

Steigende Sicherheitsanforderungen werden den technischen Fortschritt unserer Autos beflügeln. Das ist gut so. Dennoch wird es bei maximal fünf Sternen bleiben. Auch das ist im Sinne der Kundeninformation gut. Eine Schwäche des Sterne-Ratings ist, dass Ergebnisse nur aus dem gleichen Testjahr vergleichbar sind. Ein Fünf-Sterne-Auto von 2009 würde heute vielleicht nur noch zwei Sterne erreichen – obwohl es damals den optimalen technischen Stand repräsentierte. Klaus-Ulrich Blumenstock zum EuroNCAP-Rating

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