Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nach einer Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa) klargestellt, dass sich der Konzern nicht auf einen sogenannten Verbotsirrtum berufen kann. Die Entscheidung betrifft Abschalteinrichtungen in Diesel-Fahrzeugen, die den Stickoxidausstoß unter bestimmten Bedingungen erhöhen.
EuGH widerspricht Argumentation von Volkswagen
Hintergrund der Entscheidung ist ein Verfahren vor dem Landgericht Ravensburg, in dem zwei Käufer von VW-Dieselfahrzeugen eine Entschädigung verlangen. Ihre Fahrzeuge waren mit einer temperaturabhängigen Abschalteinrichtung ausgerüstet, die ab Außentemperaturen unter zehn Grad die Abgasrückführung drosselte – mit der Folge erhöhter Stickoxidemissionen.
Volkswagen hatte argumentiert, dass man die Einrichtung für zulässig gehalten habe und diese im Zweifel auch vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) genehmigt worden wäre. Der EuGH stellte jedoch klar, dass ein solcher Verbotsirrtum nicht geeignet ist, die Haftung des Herstellers auszuschließen. Auch eine EG-Typgenehmigung befreie nicht automatisch von der Verantwortung, sofern die betreffende Einrichtung tatsächlich unzulässig sei.
Hersteller haftet auch bei späterem Einbau
Der Gerichtshof betonte zudem, dass die Herstellerhaftung sowohl dann greift, wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung bereits bei der Herstellung des Fahrzeugs integriert wurde, als auch dann, wenn sie erst nachträglich eingebaut worden ist.
Der europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte das Urteil. Es sei ein "weiterer Sieg für die Verbraucher in der seit zehn Jahren andauernden Dieselgate-Affäre", erklärte Alexandre Biard vom BEUC gegenüber der dpa. Die Entscheidung des EuGH stärke die Position geschädigter Fahrzeugkäufer in laufenden und künftigen Verfahren.
Schadenersatz: Begrenzung unter Bedingungen zulässig
Bezüglich der Höhe des Schadenersatzes verwies der EuGH auf die Entscheidungskompetenz der nationalen Gerichte, stellte aber Anforderungen an eine angemessene Entschädigungshöhe. Eine pauschale Bewertung, wie sie der Bundesgerichtshof (BGH) vorgeschlagen hatte – nämlich zwischen fünf und fünfzehn Prozent des Kaufpreises – sei grundsätzlich zulässig. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass diese Beträge dem tatsächlichen Schaden angemessen Rechnung tragen.
Zudem sei es nach Unionsrecht erlaubt, den Nutzungsvorteil des Fahrzeugs auf den Entschädigungsanspruch anzurechnen. Das betrifft insbesondere den Zeitraum, in dem das Fahrzeug trotz der Manipulation genutzt wurde.
Volkswagen sieht Urteil mit Gelassenheit
Volkswagen selbst bewertet die Bedeutung des Urteils als eher gering. Zwar sei noch nicht absehbar, wie der Bundesgerichtshof die Entscheidung in nationales Recht überführen werde. Man rechne jedoch nur mit geringen Auswirkungen, da mittlerweile nur noch wenige Klagen in Deutschland anhängig seien. Eine ähnliche Bewertung hatte der Konzern bereits nach früheren EuGH-Urteilen abgegeben.
Bereits 2023 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass sogenannte Thermofenster – temperaturabhängige Abschalteinrichtungen – unzulässig seien und damit die rechtlichen Hürden für Entschädigungsklagen deutlich gesenkt.