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Ethik-Kommission zum Thema "Autonomes Fahren"
Technik soll nicht über Leben und Tod entscheiden

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Das autonome Fahren gilt als die größte Disruption seit der Erfindung des Autos. Dabei gibt es viele Schwierigkeiten – vor allem ethisch. Wie soll ein autonomes Auto handeln? Die Ethik-Kommission des BMVI hat einen 20-Punkte-Plan aufgestellt. Das Kabinett hat jetzt einen Maßnahmenplan zur Umsetzung der Ergebnisse beschlossen.‎

BMW Future Summit 2017 Autonomes Fahren 7er
Foto: BMW

Autonom fahrende Autos sind die Zukunft. Sie sollen den Straßenverkehr sicherer machen, womöglich sogar vollständig unfallfrei. Aber zu welchem Preis? Wie abhängig will sich die Gesellschaft von technisch komplexen System machen? Wie weit dürfen autonome Autos gehen, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden? Was passiert in einer sogenannten Dilemma-Situation, sprich wenn ein Unfall unvermeidbar wird und abgewogen werden muss, welche Person eher geschädigt werden kann, als eine andere?

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Dobrindt beruft Ethik-Kommission ein

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte dazu eine Ethik-Kommission eingesetzt, die sich mit den Fragen beschäftigt, die das Thema „Autonomes Fahren“ aufwirft. Geleitet wird die Kommission vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio. Ebenso mit dabei sind Vorstände aus der deutschen Automobil-Industrie, etwa Ulrich Eichhorn, Leiter Forschung und Entwicklung bei VW oder Renata Jungo Brüngger, Vorstand bei Daimler für Recht und Integrität.

Insgesamt erarbeitete die Ethik-Kommission 20 Punkte, die am 20. Juni 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.

Autonomes Fahren, Automatisierungsstufen, Stufen des automatisierten Fahrens
VDA
Die Stufen des automatisierten Fahrens: Die Kommission hat sich hauptsächlich mit den Levels 4 und 5 beschäftigt.

Die Ethik-Kommission hat sich in ihrer Arbeit hauptsächlich auf die Stufen (Level) 4 „vollautomatisiert, mit Fahrer“ und 5 „vollautomatisiert, ohne Fahrer“ konzentriert. Quasi jene Stufen, in denen der Mensch aus der kompletten Verantwortung des Fahrzeugbetriebs entlassen wird. Das autonom fahrende Auto soll Problem-Situationen in diesen Stufen von alleine bewältigen können. Soweit die Grundannahme.

Ein Problem ergibt sich schon bei der Frage, wer haftbar gemacht wird, falls doch ein Unfall ohne Personen-, sondern nur mit Sachschäden geschieht (Punkte 10 und 11 des Berichts). Die Ethik-Kommission hat darauf eine simple Antwort: „Die dem Menschen vorbehaltene Verantwortung verschiebt sich [...] auf die Hersteller und Betreiber der technischen Systeme.“ Heißt: Die Hersteller und der Staat haften für ihre Systeme und die dazugehörige Infrastruktur. Bislang hatten die Hersteller stets abgelehnt, für Unfallschäden aufkommen zu wollen. Ob sich das jedoch in Zukunft ändert, beschließt der Gesetzgeber.

Keine Entscheidung nach persönlichen Merkmalen

Besonderes Interesse haben in der Öffentlichkeit die sogenannten „Dilemma-Situationen“, also Situationen, die nicht ohne Crash zu bewältigen sind. Was sollen die autonomen Systeme dann tun? „Bei unausweichlichen Unfallsituationen ist jede Qualifizierung nach persönlichen Merkmalen strikt untersagt.“ Bedeutet: Es darf nicht abgewogen werden, ob es jetzt sinnvoller ist, womöglich kranke und alte Personen eher zu verletzen oder zu töten als junge und fitte.

Weiter heißt es im Bericht: „Echte dilemmatische Entscheidungen, etwa 'Leben gegen Leben' sind von der konkreten Situation abhängig.“ Es könne nicht schon im Vornherein (ex-ante) entschieden werden , was in einer derartigen Lage entschieden werden soll. Der Bericht führt auch ein Beispiel an – mit menschlichem Fahrer: Der hätte die Wahl, sich selbst das Leben zu nehmen, indem er über eine Klippe fährt, oder auf eine Gruppe spielender Kinder zuzufahren – mit ungewissem Ausgang.

Hier gibt es keine „richtige“ ethische Entscheidung – menschlich und autonom fahrend. Egal, wie der von einem anderen Menschen programmierte Computer handelt – es würde fremdbestimmt werden über das Leben eines einzelnen Menschen. Und diese Konsequenz sei „in vielerlei Hinsicht“ problematisch.

Oft gibt es keine „ethisch richtige“ Entscheidung

Einerseits könnte der Staat natürlich definieren, was passieren soll – das wäre allerdings ein großer Einschnitt in das Wertesystem unserer Gesellschaft. In unserer Rechtssprechung ist jeder Mensch gleich, der Schutz des einzelnen Menschenlebens hat oberste Priorität. Was sollte den Staat dazu veranlassen, einzelne und unschuldige Individuen zu töten, um andere zu retten?

Ein anderer Dilemma-Fall ist hingegen recht klar geregelt. So soll immer der Sachschaden dem Personenschaden vorgezogen werden, sofern er kalkulierbar ist. Auch höhere Tiere (keine Insekten) fallen in die Kategorie „Sachschaden“, werden aber anders als materielle Güter als „schutzwürdig“ eingestuft.

Kurzum: Das Auto soll ausweichen – und auf keinen Fall die Kontrolle plötzlich und unvermittelt an den Fahrer übergeben. Im Notfall muss das autonome Auto in der Lage sein, einen sicheren Platz zu finden und das Fahrzeug abzustellen. (Punkte 1, 2, 5, 7, 8, 9, 17, 19)

Keine totale Überwachung der Nutzer

Natürlich spielen auch bei autonomen Fahrzeugen die (ökonomischen) Interessen der Hersteller eine Rolle. Das Problem ist, dass die Systeme während der Nutzung einen nicht unerheblichen Teil an relevanten Daten über die Fahrer erheben müssen, um zu funktionieren. Also etwa Ziel einer Fahrt, Nutzungsdauer, beförderte Passagiere, und so weiter. Klar ist auch, dass die Hersteller diese Daten zu gerne für ihre Zwecke nutzen und/oder an Dritte weiterverkaufen würden.

Die Kommission sagt hierzu: Fahrzeughalter und -nutzer sollen „grundsätzlich über Weitergabe und Verwendung ihrer anfallenden Fahrzeugdaten“ entscheiden dürfen. „Einer normativen Kraft des Faktischen, wie sie etwa beim Datenzugriff durch die Betreiber von Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken vorherrscht, sollte frühzeitig entgegengewirkt werden.“

Außerdem fordert die Kommission eine Aufklärung über die sachgerechte Nutzung automatisierter Systeme im Rahmen der digitalen Bildung. (Punkt 20)

Im Anhang finden Sie den kompletten Kommission-Bericht mit allen 20 exakt formulierten Punkten zum Download.

Bericht der Ethik-Kommission "Autonomes Fahren"
0,68 MByte
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Erscheinungsdatum 07.12.2023

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