In der Marktwirtschaft zählt der einzelne Verbraucher wenig, aber vor dem Verbraucher im Allgemeinen haben Unternehmen Respekt. Denn wenn Käufer mit den Füßen abstimmen, sind Absatz und Gewinn in Gefahr. Der Verbraucher trifft seine Kaufentscheidungen nicht nur, aber auch nach Produktqualität und Preis-Leistungs-Verhältnis. Bei Elektroautos führte und führt da kein Weg dran vorbei, Produkte von Tesla zumindest in Erwägung zu ziehen, weil sie gerade beim E-Antrieb Benchmark waren und immer noch mindestens State of the Art sind. Selbst wenn andere Eigenschaften wie Bedienung, Fahrverhalten und Verarbeitungsqualität nicht zu ihren Stärken zählen mögen, wie auto motor und sport in zahlreichen Tests ermittelt hat.

E-Autos kaufen gegen den Klimawandel?
Gerade die grundsätzliche Entscheidung für ein Elektroauto fällt bei dem einen oder anderen Käufer allerdings auch aus Gründen, die eher moralischer Natur sind, also nur bedingt mit den Produkteigenschaften zu tun haben: Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen und der Wunsch nach CO₂-armer Mobilität spielen eine wichtige Rolle. Die Autoindustrie auf der anderen Seite versucht mit der Antriebswende mehr oder minder ambitioniert den Einstieg in eine Kreislaufwirtschaft in der Herstellung und den Aufbau von Lieferketten, in denen Ausbeutung oder sozial bedenkliche Verhältnisse möglichst wenig Platz haben.
Elon Musk hat das beim Aufstieg von Tesla nie besonders in den Vordergrund gestellt, sondern die Überlegenheit des E-Antriebs technisch begründet (schneller, leiser, effizienter). Bei seinen anderen Unternehmen steht Weltverbesserung erst recht nicht im Vordergrund: Mit Space X will er diese Welt eher verlassen, das Tunnelbau-Unternehmen Boring Company zielt auf die teure Beschleunigung von Mobilität für wenige, sein KI-Start-up xAi sammelte dieses Jahr Milliarden an Investitionen und mit Star Link könnte er so etwas wie der größte Internet-Infrastruktur-Anbieter der Welt werden.
Musk kauft ein Medienunternehmen und instrumentalisiert es
Was sich damit verbreiten lässt, zeigt sich an dem sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). Das kaufte Musk im Jahr 2023 zum unglaublichen Preis von 44 Milliarden Dollar. Nicht wenige hielten das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für einen Fehler, da Twitter zuvor – anders als Facebook beispielsweise – nicht mit überbordenden Werbeeinnahmen auffiel. Erste Maßnahmen Musks schienen denn auch darauf abzuzielen, die Kosten schnell zu senken und die Einnahmen zu steigern: Den blauen Haken zur Autorisierung offizieller Accounts gab’s fortan schlicht für Geld. Und um die Nutzerzahlen und den Traffic zu steigern, öffnete Musk das Netzwerk unter dem Label der Meinungsfreiheit für zuvor wegen der Verbreitung von Falschmeldungen und Hetze gesperrte Accounts.
Das schien nur konsequent, denn Kontrollinstanzen gab es ohnehin nicht mehr – Musk hatte gleich zu Beginn seiner Übernahme 80 Prozent der Mitarbeiter entlassen. Viele Beobachter urteilen, das Netzwerk sei inzwischen eine Kloake aus Lügen Rechtsradikaler, Verschwörungstheoretiker und anderer politischer Brandstifter, der Diskurs in den Kommentaren brutal und derart vergiftet, dass von Meinungsaustausch keine Rede mehr sein könne. Auch Donald Trump durfte wieder zurückkehren, dessen Account Twitter im Januar 2021 dauerhaft gesperrt hatte – wegen des Risikos "weiterer Anstiftung zur Gewalt".
Musk unterstützt Trump, der findet E-Autos doof
Spätestens da wurde klar, dass Musk mit X keinen unternehmerischen Plan, sondern eine politische Agenda verfolgt: Seine eigenen Posts rückten immer weiter nach rechts, die Beherrschung des Algorithmus erlaubte die massive Steigerung ihrer Reichweite. Musk als Chef eines Medienunternehmens bekannte sich zur Unterstützung der Präsidentschafts-Kandidatur von Donald Trump, eines verurteilten Straftäters, der offen rassistische Parolen sowie Unwahrheiten verbreitet.
Dem Geschäftsziel von Tesla, Elektroautos zu verkaufen, läuft das an sich zuwider. Trump hatte bis dato keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen diese Antriebsform gemacht, wollte vielmehr zurück zu fossilen Energieträgern, Fracking fördern. Aber Space X beispielsweise macht die meisten Umsätze mit Staatsaufträgen, überflügelt technologisch die Weltraumbehörde NASA. Der Weltraum ist informationstechnologisch und militärisch längst Interessensphäre von Staaten, zuvorderst der USA. Hier ist die Verbindung, die Musk anzustreben scheint: Politik plus Technologie ergibt Geschäfte und Geld – Macht macht Unternehmer reich.
Tesla "disruptiert" die Autoindustrie, Musk Staat und Gesellschaft
"Move fast and break things" (übersetzt etwa: "Bewege dich schnell und mach' Dinge kaputt") war einst das Motto von Facebook. An Tesla hat Musk gelernt, dass diese Art von Disruption sehr erfolgreich sein kann. Jetzt möchte er den Staat "disruptieren" ("disrupt" heißt im Englischen auseinanderbrechen, spalten): Bürokratie abbauen, positiv formuliert, zu viel Regulatorik, die technologische und vor allem wirtschaftliche Entwicklung behindert, abschaffen. Das soll zudem Effizienzen in der Verwaltung heben und dort Unsummen von Geld sparen.
Fehlende Regulation ist die gefährliche Kehrseite der Medaille. Noch vor gut einem Jahr warnte Elon Musk vor KI als eine der größten Bedrohungen der Menschheit und befürwortete eine Art Schiedsrichter zur Überwachung der Technologie. Auch das ist Regulatorik. Soll sie künftig vom reichsten Wirtschaftsboss der Welt mit eigenen (KI-)Unternehmen und Eigeninteressen kommen? Wie würde die Überwachung für Musks xAI dann aussehen? Wohl kaum wie die von konkurrierenden Unternehmen wie OpenAi.
Darf ein Wirtschaftslenker Politik machen?
Die Verbindung dieser Unternehmen mit politischer Macht ist problematisch für Wirtschaft und Gesellschaft, denn Interessenkonflikte sind unvermeidbar. Dann geht es nicht mehr und die Befreiung wirtschaftlicher Kräfte und die heilsame Wirkung innovativer Technologie, sondern um Vorteile, Subventionen, Staatsaufträge oder platt gesagt: Selbstbedienung.
Gut möglich, dass eine solche Verbindung im ersten Schritt bahnbrechende neue Technologien hervorbringt und vielleicht sogar herausragende Produkte. Aber ihr Ziel bleibt die Vermehrung von Macht und Reichtum, nicht das Wohl des Staates und seiner Gesellschaft oder gar der Menschheit. Das war's auch nicht bei Tesla. Trotzdem entstanden (unter bestimmten Aspekten, s.o.) herausragende Produkte. Tesla stieg damit in einem Staat mit Regularien, Gesetzen, Gewerkschaften zum wertvollsten Autobauer der Welt auf.