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Elektroautos bei der HU des TÜV
Tesla Model S mit Mängelquote auf Dacia-Niveau

Der TÜV Wertet erstmals die HU-Ergebnisse der beliebtesten Elektroautos in Deutschland aus – Smart EQ, Renault Zoe, BMW i3 aber auch Tesla Model S. Die Mängelquoten sind teils überdurchschnittlich schlecht, die betroffenen Baugruppen überraschend.

Tesla Model S P100D 4X4, Exterieur
Foto: Achim Hartmann

Bei Wartung und Reparaturen sollen Elektroautos günstiger sein als Verbrenner. Der Grund: Viele Baugruppen, die bei Benzinern oder Dieseln Ärger machen, gibt es bei E-Autos nicht: Abgasanlage und -reinigung, Turbolader, der Ölwechsel fällt weg und die Bremsen verschleißen viel weniger, weil E-Autos viel durch Rekuperation verzögern.

E-Auto-Bremsen: Verschleiß durch Nichtbenutzung

Gerade letzteres kann allerdings auch zu Problemen führen, weil die Bremsen in E-Autos so selten zum Einsatz kommen, dass die Scheiben rosten oder die Betätigungsfähigkeit leidet. Das kann dann bei der Hauptuntersuchung auffallen. Bei der erste nennenswerten Zahl an Hauptuntersuchungen spielte das allerdings nur bei einem von drei untersuchten Fahrzeugtypen eine Rolle – wobei die absoluten Zahlen der untersuchten E-Autos immer noch gering sind – die erste Hauptuntersuchung wird drei Jahre nach Erstzulassung fällig, vom Untersuchungsjahr 2021 aus gerechnet waren das die Neuzulassungsjahrgänge 2017 und 2018, als von der E-Auto-Förderung noch nicht die Rede war.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Denn für den TÜV-Report 2022 hat der Verein rund 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen von Pkw ausgewertet, die er an seinen Prüfstellen von Juli 2020 bis Juni 2021 durchgeführt hat. In der Publikation sind 222 Fahrzeugmodelle in 5 Altersklassen abgebildet. Im Ranking der 2 bis 3 Jahre alten Pkw sind allein 128 Fahrzeugmodelle aufgeführt. Auch die vier beliebtesten, jetzt betrachteten E-Autos sind hingegen wegen geringer Stückzahlen noch nicht im TÜV-Report enthalten.

Erste E-Auto-HUs der Jahrgänge 2017 und 2018

Grundlage der Ende Januar veröffentlichten Ergebnisse sind 1142 Hauptuntersuchungen des BMW i3, 1939 des Renault Zoe, 1645 des Smart Fortwo Electric Drive und 812 des Tesla Model S. "Auf dieser Basis ist eine vorläufige Bewertung der technischen Sicherheit der jeweiligen Fahrzeugmodelle möglich", so der TÜV.

Bei den 2 bis 3 Jahre alten Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor liegt der Anteil der Pkw mit "erheblichen Mängeln" im Durchschnitt bei 4,7 Prozent. Autos mit erheblichen Mängeln fallen durch die Hauptuntersuchung und müssen nach der Reparatur erneut vorgeführt werden, bevor sie die HU-Plakette erhalten.

TÜV Report 2022
TÜV
Wohl coronabedingt sank die Quote erheblicher Mängel bei der Hauptuntersuchung.

Smart EQ: Der Kleinste hat die wenigsten Mängel

Von den vier betrachteten Elektrofahrzeugen schneidet der elektrische Smart Fortwo mit einer Mängelquote von 3,5 Prozent am besten ab. In der Liste der 128 im TÜV-Report aufgeführten 2- bis 3-jährigen Verbrenner würde der E-Smart im ersten Drittel landen. Es folgt der BMW i3, der mit 4,7 Prozent genau den Mängelschnitt trifft und im zweiten Drittel rangieren würde. Neben defektem Abblendlicht fallen beim i3 laut TÜV häufig Defekte an den Bremsscheiben auf – aus den eingangs erwähnten Gründen. Beim i3 hat BMW die Rekuperation standardmäßig so stark eingestellt, dass sich der Kleinwagen selbst in der Stadt zu 90 Prozent fahren lässt, ohne das Bremspedal zu betätigen ("One-Pedal-Driving"). Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, rät: "Besitzer von E-Autos sollten die Bremsen möglichst bei jeder Fahrt betätigen und diese regelmäßig warten."

TÜV Report 2022
TÜV
Die Beleuchtung macht auch bei herkömmlich angetrieben Autos am häufigsten Ärger.

Der Renault Zoe, sas E-Auto mit der drittniedrigsten Mängelquote hat offenbar weniger Probleme mit den Bremsen; tatsächlich rekuperieren die ersten Modelle des französischen Kleinwagens weniger stark. Das häufig meistverkaufte E-Auto der vergangenen Jahre würde mit einem Mängelschnitt von 5,7 Prozent im letzten Drittel der Gesamtstatistik (mit Verbrennern) landen. Neben defekten oder falsch eingestellten Scheinwerfern hat der Zoe überdurchschnittlich häufig Mängel an den Achsaufhängungen. Möglicherweise auch ein typisches E-Auto-Problem: Anders als der i3, dessen Gewicht dank teurer Carbon-Karosse deutlich unter 1.400 kg bleibt, wog der kaum größere Zoe schon mit der anfangs nur 22 kWh großen Batterie gut 1.500 kg und bewegt sich mit den größeren Akkus nach der Modellpflege Richtung 1.600 kg.

Tesla mit Problemen am Fahrwerk

Teslas Model S hat demgegenüber ein bis zu rund 5 mal größere Batterie, die an die 700 Kilogramm schwer ist, das Fahrzeuggewicht der fast 5 Meter langen Limousine steigt dann auf mehr als 2160 kg. Neben Mängeln am Nebellicht und am Abblendlicht machen dem Model S bei der HU vielleicht deswegen vor allem Probleme mit den Querlenkern zu schaffen. Insgesamt schneidet er in dem vom TÜV betrachteten E-Auto-Quartett am schlechtesten ab. Mit einer Mängelquote von 10,7 Prozent fällt jeder zehnte Tesla Model S durch die erste Hauptuntersuchung und würde ebenfalls im letzten Drittel der 128 ein bis dreijährigen Verbrenner landen. Hinter dem Tesla würden nur noch der Dacia Duster (11,4 Prozent fallen bei der ersten HU durch) und der Dacia Logan (11,6 Prozent) rangieren.

Interessant zu beobachten wird, wie sich die E-Autos mit zunehmendem Alter im Vergleich zu Verbrennern schlagen – die Gruppe von Autos, die älter als 10 Jahre sind, ist inzwischen in Deutschland die größte (42,1 Prozent) und das Durchschnittsalter der Pkw ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, liegt jetzt bei 9,8 Jahren. Die Mängelquote nimmt natürlich mit dem Alter zu (2022 von 4,7 auf 22,8 Prozent). Ob die bei den vier E-Autos aufgefallenen Mängelarten dann weiter dominieren? Vergleichsweise leicht zu behebende Probleme mit der Beleuchtung sind jedenfalls auch bei der Gruppe der Acht- bis Neunjährigen am häufigsten, Mängel an Achsaufhängung und Bremsen sind hingegen bei Verbrennern nur am dritt- bzw. vierthäufigsten, während Zoe und Tesla schon in jungen Jahren überdurchschnittlich oft mit Fahrwerksproblemen auffielen. Interessanterweise taucht ein frühes E-Auto hier nicht auf, weil es anfangs Probleme mit der Aufhängung hatte: Beim EQC musste Mercedes erst die Achsbolzen verstärken, ehe der auf dem GLC basierende Elektro-SUV bei den Stückzahlen Fahrt aufnahm. Der GLC mit Verbrenner ist übrigens Zuverlässigkeitssieger im TÜV-Report bei den Ein- bis Dreijährigen: nur 1,5 Prozent Mängelquote.

Das Zweithäufigste "Altersproblem" von Verbrennern dürften E-Autos hingegen kaum bekommen: Das war im 2022er-Report Ölverlust an Motor oder Getriebe.

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Fazit

Weniger Teile, weniger Reparaturen und Wartungsbedarf – das gilt für E-Autos in der Werkstatt. Beim TÜV ergibt sich ein differenzierteres Bild. Auf schmaler Datenbasis zeichnen sich spezifische Stärken und Schwächen ab: Ölverlust dürfte die Mängelquote von E-Autos auch in Zukunft nicht in die Höhe treiben, während Probleme mit Aufhängung und Bremsen ein Thema bleiben könnten. Für beides gäbe es konstruktionsseitig Verbesserungspotenzial: Das Fahrwerk der vergleichsweise schweren Stromer müssen die Hersteller offenbar kräftiger auslegen, wie es Mercedes beim holprigen Serienstart des rund 2,5 Tonnen schweren EQC getan hat. Und den Bremsen könnte eine automatische Betätigung pro Fahrt helfen – in diesem einen Fall statt Rekuperieren. Dann würden zumindest die Bremsscheiben nicht unbenutzt vor sich hinrosten, ohne dass der Fahrer dran denken muss.

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