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Digitalisierung in der Fahrschule
Peppt ein Roboter bald den Theorie-Unterricht auf?

Die Digitalisierung macht mit E-Learning und Co. auch vor den Fahrschulen nicht Halt. Ein Passauer Unternehmen will den Theorieunterricht sogar mit einem Lernroboter optimieren und interessanter gestalten.

03/2022_Pepper Roboter Fahrschule
Foto: Educatio Digitale Lernsysteme

Er ist weiß, aus Kunststoff, etwas ungelenkt in seinen Bewegungen, hat große drollige Augen und trägt ein Tablet an der Brust. Pepper heißt er und was ganz wichtig ist: Beim Wissen über geltende Regeln im Straßenverkehr macht dem Lernroboter so leicht keiner was vor. Durch sein für eine "Lehrperson" untypisches Erscheinungsbild und seine Expertise könnte der etwa 1,20 Meter große Humanoid mehr Schwung in den angestaubten Fahrschulunterricht bringen – zumindest, wenn es nach Oliver Frey geht, der das Passauer Unternehmen Educatio Digitale Lernsysteme leitet. Als Entwickler der notwendigen Anwendung für Pepper programmiert er ihn gemeinsam mit seinem Team.

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Laut Frey, der selbst über zehn Jahre Erfahrung als Fahrlehrer mitbringt, sei der Roboter ein Versuch, den Theorieunterricht in der Fahrschule digitaler zu gestalten. "Wir bedienen damit auch die Neugier und das Interesse von jungen Lernenden und beobachten dabei eine gesteigerte Aufmerksamkeit und Motivation bei der Aufnahme von Inhalten", erklärte Frey die Vorteile eines Lernroboters im Unterricht.

Nicht als Fahrlehrer-Ersatz gedacht

03/2022_Pepper Roboter Fahrschule
Educatio Digitale Lernsysteme
Der Lernroboter soll den klassischen Fahrlehrer nicht ersetzen, sondern nur ergänzen und unterstützen.

Dem Anwendungsentwickler ist eines besonders wichtig: Der Lernroboter soll den klassischen Fahrlehrer nicht ersetzen, sondern ergänzen. Im Theorieunterricht könnte der reale Lehrer seinen Schützlingen die geltenden Vorfahrtsregeln erklären. Der Roboter soll das erkennen und eine dazu passende Verkehrssituation auf seinem Tablet darstellen. Zusätzlich könnte er den Fahrschülern Quizfragen stellen und die entsprechende Lösung per Video erläutern. Der Lerneffekt sei hier deutlich größer als wenn der Fahrlehrer alles allein mache.

Ob es ein solches Gimmick wirklich braucht? Die Frage ist zumindest berechtigt. Gerhard von Bressensdorf, Präsident der Deutschen Fahrlehrer-Akademie, sehe jedenfalls keinen Bedarf für den Einsatz von Lernrobotern: "Auch können wir nicht erkennen, wo in der Kürze der Zeit Platz eingeräumt werden könnte für den Einsatz eines Lernroboters", so von Bressensdorf.

Bulimie-Lernen in der Fahrschule

Bei Educatio in Passau glaubt man an die Zukunft von digitalen Helfern in der Fahrschule und kritisiert den Theorieunterricht deutlich. "Auf den Führerschein lernen ist heutzutage wie Bulimie-Lernen", beschreibt Frey den aktuellen Zustand. "Die Jugendlichen versuchen alles auswendig zu lernen, wenn sie die Prüfung bestanden haben, dann vergessen sie alles wieder." Das sei problematisch. Denn wer etwas auswendig weiß, könne noch lange nicht in einer schwierigen Verkehrssituation richtig reagieren. Die Kompetenz dafür entwickle ein Fahrschüler nicht durch Auswendiglernen, so Frey. Seit rund einem Jahr bietet Educatio deswegen sein Online-Lernprogramm "Dreiv" an. Inzwischen nutzen es rund hundert Fahrschulen in Deutschland. Deren Fahrschüler können den Theorieunterricht online nachbereiten, Videos anschauen, bekommen Zusatzinfos und spielen Situationen interaktiv durch.

Bundesrat fordert mehr E-Learning

Das Lernprogramm "Dreiv" bringt bereits das mit, was die Politik gerade heiß diskutiert. Erst kürzlich forderte der Bundesrat den Bund auf, Rahmenbedingungen für verstärktes E-Learning in der theoretischen Fahrschulausbildung zu schaffen. Gleichzeitig öffnete man den Anbietern mit einer Abstimmung die Tür zum rein virtuellen Unterricht.

Die großen Fahrlehrerverbände taten sich aber schon in der Vergangenheit mit der Digitalisierung in ihrer Branche schwer. Auch jetzt treten Verbände wie die Deutsche Fahrlehrer-Akademie auf die Bremse. In der Abstimmung des Bundesrats sahen sie sogar eine Gefahr für die Verkehrssicherheit. "Ein reiner Online-Theorieunterricht kann niemals die Ausbildungsqualität bieten wie es im Präsenzunterricht möglich ist", sagte von Bressensdorf im Vorfeld der Bundesrat-Abstimmung. "Bei 25 digitalen Teilnehmer:innen, die alle auf einem Bildschirm abgebildet sind, ist es nahezu unmöglich, die Körpersprache und die Reaktionen aller Fahrschüler:innen zu erfassen und darauf zu reagieren."

Sicherheitskampagne Führerschein Jugendliche
ams
"Bei 25 digitalen Teilnehmer:innen, die alle auf einem Bildschirm abgebildet sind, ist es nahezu unmöglich, die Körpersprache und die Reaktionen aller Fahrschüler:innen zu erfassen und darauf zu reagieren", findet Gerhard von Bressensdorf, Präsident der Deutschen Fahrlehrer-Akademie.

Blended-Learning als Kompromiss?

Eine komplett virtuelle Fahrschule wollen die großen Fahrlehrerverbände verhindern. Sie lehnen deswegen den reinen Theorieunterricht vor der Webcam oder nur mittels Online-Lernprogrammen ab. Immerhin: Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) und die Fahrlehrer-Akademie äußerten sich positiv gegenüber einer Mischform von Präsenz- und virtuellem Unterricht – dem sogenannten "blended-learning". Hierbei findet immer noch Präsenz-Unterricht statt. Die Fahrschüler bereiten aber Inhalte mittels Online-Lernprogrammen wie "Dreiv" ausführlich vor und nach. Auch Softwareentwickler Frey sieht darin Vorteile für Fahrschüler und Lehrer: "Mit Dreiv kann der Wissenstransfer auch mal ausgelagert werden, damit in den eigentlichen Theoriestunden mehr Zeit für den Dialog bleibt – die Fahrschulen geben diesen Bereich ihrer Arbeit also nicht komplett aus der Hand, sondern strukturieren ihn nur effizienter."

Übergabe der Lernmaterialien für die Führerscheinprüfung
Janine Graubaum
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) und die Fahrlehrer-Akademie äußerten sich positiv in Bezug auf das sogenannte "blended-learning". Hierbei findet immer noch Präsenz-Unterricht statt. Die Fahrschüler bereiten aber Inhalte mittels Online-Lernprogrammen wie "Dreiv" ausführlich vor und nach.

Fahrlehrer als Lernbegleiter

Der klassische Fahrlehrer könnte damit aber der Vergangenheit angehören. Der DVR weist darauf hin, dass die Fahrlehrer dann Lernbegleitende wären, die zum Beispiel Lernziele vorgeben, den Lernverlauf überwachen und auch ihren Präsenz-Unterricht auf das E-Learning anpassen müssten. Bis "blended-learning" flächendeckend in den Fahrschulen Einzug hält, könnte aber noch viel Zeit vergehen. Der DVR empfiehlt dem Bundesverkehrsministerium zuerst einmal ein "blended-learning"-Konzept wissenschaftlich auszuarbeiten und in einem Pilotprojekt auf die Lernwirksamkeit zu überprüfen.

Deutlich schneller soll es bei der Entwicklung des digitalen Lernassistenten Pepper aus Passau gehen. Noch befindet sich das Ganze am Anfang. Aber Ende des Jahres soll der kleine Roboter schon auf den Markt kommen und die Fahrlehrer im Unterricht unterstützen.

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Klasse Idee. Das peppt den Unterricht auf und macht ihn für die Fahrschüler spannender.Absolut überflüssig. Was soll das bringen?

Fazit

Das Passauer Unternehmen Educatio Digitale Lernsysteme will den Unterricht an Fahrschulen durch den Lernroboter Pepper fesselnder gestalten – eine Idee, der Gerhard von Bressensdorf, der Präsident der Deutschen Fahrlehrer-Akademie, allerdings nur wenig abgewinnt.

Dafür spricht sich der Bundesrat aber immerhin für verstärktes E-Learning an Fahrschulen aus. Mit "Drive" bietet Educatio bereits ein entsprechendes Programm, auf das schon rund hundert deutsche Fahrschulen setzen. Auch über einen komplett virtuell stattfindenden Theorieunterrricht diskutiert die Branche. Für die großen Fahrlehrerverbände kommt das aber nicht in Frage – höchstens eine Mischform aus Präsenzunterricht und E-Learning.

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