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Verkehrsminster sagen Nein zur blauen Plakette
Fahrverbote wegen NOx und Feinstaub?

Die Verkehrsministerkonferenz der Bundesländer hatte sich im Oktober 2016 gegen die blaue Plakette ausgesprochen. Damit sind die Pläne zwar nicht vom Tisch, doch erst einmal wollen die Länder andere Maßnahmen testen. Fahrverbote drohen nun, wenn Gerichte die Städte zu Maßnahmen gegen Stickoxid und Feinstaub verpflichten. Baden-Württemberg will die Blaue Plakette aber schon 2018.

blaue Plakette

Seit das Verwaltungsgericht Düsseldorf die NRW-Landeshauptstadt dazu verdonnerte, binnen eines Jahres die Schadstoffe deutlich zu reduzieren, geht die Angst in den Verkehrsministerien der Bundesländer um. Denn jetzt wird es ernst. Wenn sie nicht bald die Belastungen in den Städten senken, wie es die EU fordert, drohen Fahrverbote. Schließlich dreht es sich nicht mehr allein um Feinstaub. Jetzt sind da noch Stickoxide (NOx), die vor allem aus dem Verkehr stammen und ebenfalls gesundheitsschädlich sind.

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Wenn die Städte nichts tun, drohen Fahrverbote

Dabei macht nicht nur die EU in dieser Frage Druck. Zwar hat sie bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, will aber erst abwarten, was die verschiedenen Konzepte zur Reduzierung der Schadstoffe bringen. Konsequenzen drohen jedoch von den Gerichten in Deutschland.

In Stuttgart sieht man das mit großer Sorge. Auch der baden-württembergischen Landeshauptstadt liegt eine Klage wegen Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte vor; es wird mit einer schnellen Verhandlung gerechnet. Deshalb setzt das Land mit Nachdruck auf die Einführung der „Blauen Plakette“. Das würde die Chancen vor Gericht verbessern, heißt es im Ministerium, weil die Plakette besser zum Ziel führe als ein Urteil, wie es in Düsseldorf gefällt wurde – das würde nur Chaos verursachen. Bis Ende Februar müssen das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart dem Verwaltungsgericht erklären, wie sie die schlechte Luft in Stuttgart verbessern wollen. Um die Vorgaben zu erfüllen, möchte das Land die blaue Plakette an Alarmtagen für extrem belastete Strecken am liebsten schon 2018 einsetzen. Ganzjährig soll die Plakette erst eingeführt werden, wenn 80 Prozent der Fahrzeuge die Normen erfüllen – nicht vor 2020.

Blaue Plakette: bis zu 16 Millionen Autos betroffen

Doch die Verkehrsministerkonferenz hat eine andere Auffassung und legte die Blaue Plakette vorerst auf Eis – sie sei „derzeit nicht entscheidungsreif“, heißt es. Vor allem Bundesverkehrsminister Dobrindt stört sich am Konzept. Denn es sieht vor, Dieselautos die blaue Plakette zu verweigern, die nicht die Euro 6-Anforderungen erfüllen. Das bedeutet, dass selbst Besitzer junger Euro-5-Autos mit Fahrverboten rechnen müssen. Rund 13 Millionen Pkw wären somit bundesweit betroffen. Aber auch Fahrer von Benzinern sind nicht vor Fahrverboten sicher, Ottomotoren emittieren ebenfalls Stickoxide. Nur Autos mit Euro 3 oder besser sollen die Plakette bekommen – das betrifft noch einmal rund drei Millionen.

Nach Einschätzung Dobrindts gehe es darum, sich auf Fahrzeuge zu konzentrieren, die sich hauptsächlich in der Stadt befinden, womit er Taxen, Busse oder Behördenfahrzeuge meint. Diese sollten auf alternative Antriebe umgestellt werden. Diesen Vorschlag hat das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg bereits für die Stadt Stuttgart vor Monaten untersucht. Heraus kam, dass die Umsetzung die NOx-Emissionen nur um bis zu fünf Prozent reduziere. Die Blaue Plakette dagegen würde bis zu 40 Prozent Einsparung bringen.

Die schmutzigsten Städte Deutschlands

Nach den Plänen für die neue Plakette soll jede Stadt selbst bestimmen können, ob und wann sie zu Fahrverboten wegen der Stickoxidbelastung greift. Es soll keine Pflicht dazu geben. Doch Städte und Ballungszentren mit hoher Belastung werden wohl von diesem Recht Gebrauch machen – wie etwa Stuttgart, München, Reutlingen, Düren, Kiel, Limburg und Freiburg. Sie waren laut dem ADAC 2015 die schmutzigsten Städte Deutschlands. Stuttgart zum Beispiel hatte erwogen, falls die Luftqualität bis 2021 trotz vieler anderer Maßnahmen immer noch über dem zulässigen Grenzwert läge, die blaue Plakette unter der Voraussetzung einzuführen, dass 80 Prozent der Pkw die neue Plakette erhalten.

Das wäre die sozialverträglichere Methode gewesen. Da aber die blaue Plakette erst mal nicht kommt, haben jetzt in vielen Städten die Gerichte das Wort. Folgen sie dem Düsseldorfer Urteil, dürfte es zu Hau-Ruck-Aktionen kommen. Wie chaotisch es werden kann, zeigt das Beispiel Stuttgart: Wegen der Fahrverbote müssten Bewohner und Pendler auf den ÖPNV umsteigen. Doch auch diesen träfe der Erlass, denn die dieselbetriebenen Busse sind ebenfalls an der NOx-Belastung in der Stadt beteiligt. Mit anderen Worten: Nur 50 der 200 Busse dürften noch in Stuttgart ohne Einschränkungen fahren – das pure Chaos wäre die Folge.

Fahrverbot droht auch für Busse im ÖPNV

Ähnlich dürfte es auch in den anderen deutschen Städten sein. Mit einer Frist bis 2021 wäre Zeit für Planungen geblieben. Förderprogramme für den ÖPNV hätten die Städte und Länder auf den Weg bringen können. Und die Industrie wäre in die Lage versetzt worden, Nachrüstmöglichkeiten zu entwickeln.

In der Tabelle: Das bringen Maßnahmen zur Luftreinhaltung am Beispiel der Stadt Stuttgart

Maßnahmen zur Luftreinhaltung
MaßnahmenReduktion der Stickoxid-Emissionen um
Umstellung Paketdienste, Behörden, Taxis, Sozialdienste auf Elektromobilität2 bis 4 Prozent
Verbreitung private Elektromobilität1 Prozent
Umstellung der ÖPNV-Busse auf Elektro-Antrieb1 Prozent
Verstärkte Förderung Bahn, Bus, Rad, Fußgänger2 Prozent
Nahverkehrsabgabe4 Prozent
Temporäre "Blaue Plakette"5 Prozent
Erweiterte Parkraumbewirtschaftung5 Prozent
Tempolimit 50/60 auf Außerortsstraßen6 Prozent
Zeitweise Sperrung für alle Diesel6 Prozent
City-Maut7 Prozent
"Blaue Plakette" in der Umweltzone40 Prozent
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