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CO2-Limits verteuern Kleinwagen
In Zukunft keine Neuwagen unter 20.000 Euro

VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch warnt in einem Interview vor sozialen Problemen durch die neue CO2-Gesetzgebung und erwartet „Preiserhöhungen im Kleinwagensegment“. Er zweifelt, ob bei der Festlegung der Abgaswerte alle gesellschaftlichen Aspekte berücksichtigt wurden.

01/2019, VW Polo 1.0 TSI
Foto: Dino Eisele / Jochen Knecht

Im Gespräch mit der Zeitung „Welt am Sonntag“ warnt VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch vor einer Verteuerung des Autofahrens durch die CO2-Gesetzgebung. Menschen mit niedrigem Einkommen dürften sich seinen Worten zufolge künftig vor die Frage gestellt sehen, ob sie sich ein Auto überhaupt noch leisten können. „Das könnte ein Thema werden“, sagte Pötsch. „Wir haben das klare Ziel, die Elektromobilität auch für breite Bevölkerungsschichten zugänglich, das heißt erschwinglich zu machen.“ Bei Einstiegsfahrzeugen werde das aber in Zukunft schwierig.

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„Preiserhöhungen im Kleinwagensegment“

„Das heutige Preisniveau ist nicht zu halten, wenn diese Autos mit Elektromotoren ausgestattet werden“, führte Pötsch aus. „Daher wird es im Kleinwagensegment ganz unweigerlich zu erheblichen Preiserhöhungen kommen.“ Der Aufsichtsratsvorsitzende nannte als Grund die strengere CO2-Grenzwerte für Neuwagen in der EU. Im Dezember verabschiedete Regeln legen fest, dass bis 2030 der CO2-Ausstoß von Neuwagen um 37,5 Prozent sinken soll.

„In unserem Fall bedeuten die Vorgaben aus Brüssel einen Anteil von etwa 40 Prozent E-Fahrzeuge ab 2030“, nahm Pötsch damit Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess auf. Kritisch stellte Pötsch im Gespräch mit der Zeitung in Frage, ob bei der Festlegung der Abgaswerte alle gesellschaftlich relevanten Aspekte ausreichend berücksichtigt worden seien. „Die EU-Kommission hatte auf diese Entwicklung frühzeitig hingewiesen“, sagte Pötsch. „Leider haben EU-Parlament und EU-Rat diese soziale Frage der individuellen Mobilität nicht mehr aufgegriffen.“

Sparsame Kleinwagen sind heute schon teuer

Hintergrund für die prognostizierte Verteuerung: Die Technik in Autos zur Verbrauchsminderung bzw. zur Reduktion des CO2-Ausstoßes kosten pro Fahrzeug absolute Summen. Bei größeren Autos lässt sich das über den Preis eher kompensieren. Bei Kleinwagen hingegen sind aktuell etwa schon Dieselmotoren auf dem Rückzug, weil sich der Aufpreis für die teure Abgasreinigung nicht mehr durch die Verbrauchsminderung im Betrieb amortisieren lässt. Wenn aber teure Technik wie Hybridisierung oder Batterien für einen vollelektrischen Antrieb in jedes Auto müssen, damit die CO2-Werte der Kleinwagen nicht den Flottenverbrauch der Hersteller in die Höhe treiben, treibt das die Verkaufspreise nach oben.

Aktuell beginnt beispielsweise die Preisliste des Polo, ein Kleinwagen, der durchaus als Erstauto taugt, bei 13.500 Euro (65 PS). Der CO2-Ausstoß überschreitet mit 110 g/km aber schon das Limit für den Flottenverbrauch 2021 (95g/km). Bis 2025 soll dieser Wert auf 80 g/km sinken, 2030 darf er nur noch bei 59 g/km liegen. In die Nähe des 2025er-Wertes kommt der Polo als 1,0 TSI Bluemotion (85g), dann kostet er aber folgerichtig 19.800 Euro. Mit 84 g/km ist das Hybridmodell Toyota Yaris noch ein wenig sparsamer, aber mit 18.240 Euro nicht viel billiger. Die Japaner können den Yaris Hybrid vermutlich auch deswegen so günstig anbieten, weil er Nickel-Metall-Akkus verwendet. Aber dafür kann er auch kaum lokal emissionsfrei fahren oder den CO2-Ausstoß als Plug-in-Hybrid weiter senken.

Die Schwäche der CO2-Gesetzgebung

Elektroautos sind zwar mit ihrer noch überschaubaren Reichweite grundsätzlich für den Stadtverkehr prädestiniert, aber nicht als Kleinwagen, vor allem nicht als kleines, aber vollwertiges Erstfahrzeug. Denn Lithium-Ionen-Akkus sind noch immer sehr teuer. So kostet der VW Up (erheblich kleiner als der Polo) als Elektromodell eUp mit diesen Batterien rund 23.000 Euro. Selbst wenn sich die Batterien noch verbilligen – unter 20.000 Euro dürften elektrische Kleinwagen in Pologröße auf absehbare Zeit nicht kosten. VW zieht daraus schon jetzt die Konsequenzen: Das günstigste Elektroauto mit der Technik des neu entwickelten Modularen Elektrobaukasten (MEB) wird kein Kleinwagen, sondern ein Crossover – um den Preis jenseits der 20.000 Euro zu rechtfertigen.

Ein universell einsetzbarer Kleinwagen wie jetzt der Polo (vielleicht mit 80 PS für gut 14.000 Euro) wird das aber nicht. Zumal dazu mehr Reichweite gehören würde, die das Auto noch teurer machen würden. Und übrigens auch seine CO2-Gesamtbilanz verschlechtern würden. Denn je größer die Akkus, desto mehr CO2 setzt ihre Herstellung frei. Der ADAC hat ausgerechnet, dass ein Tesla Model S mit 100 kWh erst ab etwa 580.000 Kilometern Fahrleistung wieder CO2-günstiger fahren würde als ein Diesel. Selbst wenn der Tesla mit regenerativem Strom geladen würde, dauerte es ca. 76.000 km. Da zeigt sich auch die Schwäche der CO2-Gesetzgebung, die nur den CO2-Ausstoß des Fahrzeug-Betriebs reglementiert.


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