Doch die Vorwürfe reichen tiefer. Auch bei den Aufgabenwahrnehmungen rund um Brückensanierungen und Finanzplanung attestiert der Rechnungshof schwerwiegende strukturelle Defizite.
Überhöhte Gehälter im Fokus
"Mehrere Vergütungselemente sind sachlich nicht notwendig und wirtschaftlich unangemessen", heißt es in einem aktuellen Gutachten, über das zuerst das Handelsblatt am 4. Juni 2025 berichtete. Die Prüfer kritisieren, dass die Autobahn GmbH den gesetzlich vorgeschriebenen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht einhalte. Der Bundesrechnungshof warnt vor einer möglichen Signalwirkung auf den gesamten öffentlichen Dienst, da "hohe Personalkostensteigerungen zu befürchten" seien – auch über das Unternehmen hinaus.
Konkret bemängelt der Rechnungshof, dass das Verkehrsministerium beim Start der Autobahn GmbH im Jahr 2021 auf eine tarifliche Anbindung an den öffentlichen Dienst verzichtet hatte. Um den Wechsel von rund 10.000 Landesbeschäftigten zu sichern und neues Personal zu gewinnen, bot die GmbH deutlich attraktivere Konditionen. Das Ergebnis: ein Sondertarifgefüge ohne klare Kontrolle durch das zuständige Bundesinnenministerium. "Der Bund muss dem gesetzlich verankerten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Geltung verschaffen", so das Gutachten wörtlich.
Mangelhafte Kontrolle und rechtliche Zweifel
Nicht zum ersten Mal kritisiert der Rechnungshof die Vergütungspraxis bei der Autobahn GmbH. Bereits im Vorjahr hatten die Prüfer auf erhebliche Defizite bei außertariflichen Verträgen hingewiesen, insbesondere bei Führungspositionen. Diese seien "rechtswidrig" ohne ausreichende Vorabprüfung durch das Bundesverkehrsministerium abgeschlossen worden.
Das Ministerium – damals noch unter Leitung von Volker Wissing – sei seiner Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Künftig, so die Forderung der Prüfer, solle jede Tarifvereinbarung gesetzlich zustimmungsbedürftig sein. Nur so lasse sich verhindern, dass einzelne Bundesgesellschaften sich tariflich verselbstständigen und unverhältnismäßige Kosten verursachen.
Auch bei Brückensanierung massive Kritik
Die neue Rüge reiht sich ein in eine Reihe schwerwiegender Vorwürfe gegen die Autobahn GmbH. In einem Sonderbericht vom April 2025 hatte der Bundesrechnungshof bereits erhebliche Mängel beim Brückenmodernisierungsprogramm festgestellt. Laut damaliger Analyse sind Zielvorgaben verfehlt, Kosten zu niedrig angesetzt und Erfolgsmeldungen geschönt.
Ein zentrales Problem ist die geringe Umsetzungsquote. Statt der 700 anvisierten Modernisierungen bis Ende 2024 wurden nur rund 270 Teilbauwerke tatsächlich saniert – weniger als 40 Prozent des Solls. Noch drastischer fiel das Ergebnis für das Jahr 2024 aus: Lediglich 69 statt 280 geplante Maßnahmen wurden abgeschlossen. Hinzu kommen methodische Ungenauigkeiten: Nach Angaben des Rechnungshofs rechnete das Ministerium selbst Neubauten oder nicht priorisierte Brücken dem Modernisierungsprogramm zu. In Wahrheit erfüllten weniger als ein Viertel der gemeldeten Maßnahmen im Jahr 2024 die vorgesehenen Kriterien.
"Das BMDV hat fälschlicherweise sämtliche von der Autobahn GmbH fertiggestellten Teilbauwerke als Programmerfolg gewertet – obwohl davon nur weniger als die Hälfte unter das Programm fällt", erklärte Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs. Auch finanziell offenbart der Bericht gravierende Lücken. Während das Verkehrsministerium für die Sanierung von jährlich 400 Teilbauwerken rund 1,4 Milliarden Euro veranschlagt, geht der Bundesrechnungshof von einem realistischen Bedarf von 2,1 Milliarden Euro aus – ein Fehlbetrag von rund 700 Millionen Euro jährlich.
Die Fotoshow zeigt die interessantesten Fakten zur deutschen Autobahn.