Bremslicht vorn am Auto: Neue Studie zeigt Potenzial

Neue Studie aus Österreich
Grünes Bremslicht an der Fahrzeugfront

Zuletzt aktualisiert am 08.06.2025
Studie: grünes Bremslicht an der Fahrzeugfront soll Unfälle vermeiden
Foto: Canva/ams

Ein Bremslicht an der Fahrzeugfront. Das klingt im ersten Moment absurd, denn das hinterherfahrende Auto muss doch erkennen, wenn der Vorausfahrende bremst, oder? Nun ja, laut dem Stand der aktuellen Forschung könnte ein zusätzliches Bremslicht an der Schnauze des Autos die Verkehrssicherheit erheblich verbessern. Ein Team um Studienleiter Ernst Tomasch vom Institut für Fahrzeugsicherheit der Technischen Universität Graz hat sich dieser simplen, aber bisher wenig beachteten Idee gewidmet. In einer umfassenden Studie untersuchten die Forscher, welchen Einfluss eine vordere grüne Bremsleuchte auf das Unfallgeschehen an Straßenkreuzungen haben könnte.

Reale Unfälle, virtuelle Bremslichter

Für ihre Analyse nutzte das Team 200 real dokumentierte Pkw-Unfälle an österreichischen Kreuzungen aus der sogenannten Central-Database-for-In-Depth-Accident-Study- Datenbank. Zunächst rekonstruierten sie diese Unfälle, um die tatsächlichen Abläufe genau nachvollziehen zu können. Anschließend simulierten sie dieselben Szenarien erneut. Diesmal allerdings unter der Annahme, dass die von untergeordneten Straßen kommenden Fahrzeuge mit einer grünen, vorderen Bremsleuchte ausgestattet seien.

Die Ergebnisse sind beachtlich: Je nach Reaktionszeit der Verkehrsteilnehmer hätte die grüne Frontleuchte zwischen 7,5 und 17 Prozent der Kollisionen verhindern können. In weiteren rund 25 Prozent der Fälle hätte sie zumindest die Aufprallgeschwindigkeit verringert – und damit auch die Schwere der Unfälle reduziert.

So funktioniert die Frontleuchte

Das grüne Licht an der Fahrzeugfront aktiviert sich, sobald das Bremspedal betätigt wird – genau wie die herkömmlichen roten Rückleuchten. Sichtbar wäre dieses zusätzliche Signal für entgegenkommende sowie zum Teil auch seitlich heranfahrende Verkehrsteilnehmer. Dadurch ergibt sich ein entscheidender Vorteil: Die Information "Das Fahrzeug bremst" steht nicht mehr nur jenen zur Verfügung, die hinter dem Fahrzeug unterwegs sind, sondern auch den anderen Verkehrsteilnehmern, die sonst erst spät auf eine Bremsung reagieren würden. Laut Tomasch könnte dieses visuelle Signal die Reaktionszeit deutlich verkürzen, was sich direkt in einem kürzeren Anhalteweg und somit einer geringeren Unfallwahrscheinlichkeit widerspiegeln würde.

Die Idee ist keineswegs neu, bislang gab es aber keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu. Schon frühere Studien des Bonner Instituts für Rechts- und Verkehrspsychologie (BIRVp) deuteten darauf hin, dass Bremsungen mit einer vorderen Leuchte schneller erkannt und entsprechend früher beantwortet werden. In Laborversuchen zeigte sich zudem, dass die Wahrnehmung und Einschätzung des Bremsvorgangs durch die Frontleuchte verbessert wird – sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern, die etwa die Fahrbahn überqueren wollen.

Auch die Bereitschaft, bei sichtbarem Bremslicht zu reagieren oder eine Querung vorzunehmen, wurde in Versuchen signifikant beeinflusst. Dennoch gibt es Einschränkungen: In etwa einem Drittel der simulierten Unfälle war das grüne Licht von der Seite schlicht nicht sichtbar – beispielsweise durch ungünstige Winkel oder andere Fahrzeuge. Daher empfehlen die Forscher, auch den Einsatz seitlicher Bremsleuchten zu prüfen.

Der Blick nach vorn – Potenziale und offene Fragen

Die Umsetzung in der Praxis wäre laut der TU Graz technisch unkompliziert: Die vordere Leuchte ließe sich problemlos in bestehende Fahrzeugdesigns integrieren, auch eine Nachrüstung älterer Fahrzeuge sei denkbar und kostengünstig machbar. Der Haken: Bislang gibt es weder rechtliche Vorgaben noch einheitliche Standards für die Nutzung solcher Leuchten. Kein Serienfahrzeug ist aktuell mit einer vorderen Bremsleuchte ausgestattet. Nur einzelne Versuchsträger – etwa im Rahmen eines Feldtests in der Slowakei – fahren mit der Technologie.

Doch das könnte sich ändern: Die nun veröffentlichten Ergebnisse im Fachjournal Vehicles liefern belastbare Argumente für eine Normierung und zukünftige Serienumsetzung. Sollte die Gesetzgebung folgen, könnte die grüne Frontleuchte schon bald zum neuen Standard in Sachen aktiver Sicherheit werden.