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Sicherheitssysteme von Bosch
Neue Assistenzsysteme für Bikes

Bosch schlägt mit Radartechnik ein ganz neues Kapitel bei Motorrad-Assistenzsystemen auf: Sie erlaubt unter anderem selbsttätige Geschwindigkeits- und Abstandsregelung. Bei BMW, Ducati und KTM kommt diese wegweisende Innovation inzwischen zum Einsatz.

Bosch Radar-Warner, Sicherheitskampagne
Foto: Getty Images

Im Bosch-Vokabular lautet die Bezeichnung kurz und bündig ARAS – das Akronym steht für "Advanced Radar Assistance Systems". In den Ausstattungslisten von BMW, Ducati und KTM ist dagegen mal die Rede von Adaptive Cruise Control (ACC), Abstandstempomat oder adaptiver Geschwindigkeitsregelanlage. Gemeint ist trotzdem das Gleiche: eine neue Generation von Assistenzsystemen, die auch das Umfeld des Motorradfahrers erfassen kann.

BMW hat vor über 30 Jahren erstmals ein Antiblockiersystem (ABS) für die K-100-Baureihe angeboten und damit das Zeitalter der elektronischen Sicherheitstechnik für Motorräder eingeläutet. Inzwischen ist ABS europaweit für alle neu zugelassenen Maschinen Pflicht. Der Blockierverhinderer ist quasi die Mutter aller Assistenzsysteme, und auf ihrem Siegeszug bis hin zum Ausstattungs-Muss beim Motorrad hat sie eine Menge Töchter bekommen: etwa die Traktionskontrolle, die unter Nutzung der vorhandenen ABS-Sensorik (Raddrehzahl) das Durchdrehen des Hinterrads verhindert, indem sie regulierend in die Motorsteuerung eingreift, sprich das Gas entsprechend zurücknimmt. Gleiches gilt für die Wheelie- und Stoppie-Kontrolle – auch Überschlagverhinderer genannt.

Rücksicht hat Vorfahrt

Der Tatsache geschuldet, dass 46 Prozent aller Motorradunfälle in Kurven passieren, kamen die Bosch-Unfallforscher vor Jahren zu dem Schluss, das ABS um einen Mechanismus für die Stabilitätskontrolle zu erweitern. 2013 – nicht einmal fünf Jahre nach dem Start des Forschungsprojekts MSC (Motorcycle Stability Control) – kam diese Art von ESP für Motorräder in die Serienproduktion.

Bosch Radar-Warner, Sicherheitskampagne
Bosch
Adaptive Cruise Control passt das Tempo dem Verkehrsfluss an und hält Sicherheitsabstand zum Vordermann.

Als erster Motorradhersteller setzte 2014 KTM das Bosch-Kurven-ABS in der 1190 Adventure ein. Es bezieht neben der Motorsteuerung die Schräglagensensorik (Gyrosensor) mit in die Regelung ein. Das erlaubt dem Fahrer unter normalen Bedingungen, selbst bei 40 Grad Schräglage noch gefahrlos in die Eisen zu gehen, ohne dass durch zu großen Schlupf Sturzgefahr besteht. Der Kniff dabei ist, den Bremsdruck über die zunehmende Schräglage zu reduzieren. Mittlerweile ist die Stabilitätskontrolle – zumindest in Europa – Standardausstattung bei neuen Motorrädern.

Derzeit tüfteln die Bosch-Forscher noch daran, die Kurvenstabilität, etwa beim Überfahren von Ölflecken, Sand oder nassem Laub, zu erhöhen. Wie das gehen könnte, haben sie vor drei Jahren publikumswirksam demonstriert: Die "Sliding Mitigation" zündet sogenannte Kaltgasgeneratoren, wie sie in Pkw-Airbags eingesetzt werden, sobald die MSC-Sensorik erkennt, dass das Vorderrad wegrutscht.

Das Gas entweicht mit einem Knall gezielt durch eine seitliche Düse. Der so erzeugte Rückstoß gleicht quasi die verlorene Seitenführung aus, schiebt das Motorrad wieder zurück in die Fahrspur – yes, we can! Doch zurzeit ist der Rutschverhinderer leider noch reine Zukunftsmusik aus der Bosch-Unfallforschung.

Radar auf dem Vormarsch

Mit der Realisierung von radarbasierten Assistenten geht Bosch jetzt noch einen Schritt weiter bei der Verwirklichung des selbst gesetzten dreistufigen Sicherheitskonzeptes. ABS und MSC stehen für Unfallvermeidung und Verbesserung der Fahrstabilität, ARAS liefert nun ein genaues Bild des Fahrzeugumfelds, und die dritte Stufe hat schließlich die Vernetzung von Fahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur zum Ziel.

Bosch Radar-Warner, Sicherheitskampagne
Bosch
Totwinkelwarner nutzt einen Radarsensor im Heck als elektronisches Auge. Ein optischer Hinweis im Spiegel signalisiert dem Fahrer, wenn Gefahr droht.

Nach Einschätzung der Bosch-Unfallforscher könnten radarbasierte Assistenzsysteme wie adaptive Abstands- und Geschwindigkeitsregelung (ACC), Totwinkelwarner sowie Kollisionswarner jeden siebten Motorradunfall verhindern. Sie sind nie abgelenkt und reagieren zur Not immer schneller als der Mensch – der Radar fungiert dabei als Sinnesorgan der Maschine. Die Technik, die dahintersteckt: eine Kombination aus Radarsensor, Bremssystem, Motormanagement sowie das Zusammenspiel von Mensch und Maschine.

Was sich jetzt so einfach anhört, war indes eine gewaltige Herausforderung für die Bosch-Entwickler. Zwar stammt die Anwendung wie so vieles aus dem Pkw-Bereich, doch die Übertragung auf das Zweirad gestaltete sich weitaus anspruchsvoller. So banal es klingen mag: Ein Motorrad ist nun mal kein Automobil – angefangen von völlig unterschiedlichen Eingangsparametern zu Fahrerposition, Lenkeigenschaften, Fahrdynamik, Bremsverhalten und Betriebsbedingungen bis hin zu beengteren Unterbringungsmöglichkeiten der Radarsensoren.

Der Aufwand lohnt sich. Denn ACC markiert insofern einen Meilenstein, als das System erstmals den Fahrer aktiv mit dosierter Verzögerung unterstützt, konstanten Sicherheitsabstand einzuhalten. Eins ist jedoch klar: In Notsituationen muss der Fahrer selbst bremsen, was das Zeug hält, da im System eine begrenzte Verzögerung hinterlegt ist, die bei Weitem nicht so stark eingreift wie beim Auto.

Bei der KTM 1290 Adventure S gehört der Abstandsradar zur Serienausstattung. BMW berechnet einen Aufpreis von 500 Euro für dieses Sicherheits-Extra bei der R 1250 RT. Und in Ducatis Multistrada V4 S ist der Abstandstempomat noch on top mit einem Totwinkelwarner kombiniert – doch nur zu haben im Paket mit Seitenkoffer, Hauptständer, Heizgriffen und Sitzheizung zum schlanken Preis von 2.150 Euro.

Bosch Radar-Warner, Sicherheitskampagne
Bosch
Kollisionswarner: Reagiert der Fahrer nicht auf eine kritische Annäherung zum Vordermann, erfolgt eine optische Warnung, aber kein Bremseingriff.

Motorrad-Assistenzsysteme

Bereits verfügbar: ABS/Kurven-ABS, Traktionskontrolle, Wheelie-/Stoppie-Kontrolle, wählbare Fahrmodi, Tempomat, elektronisch einstellbares Fahrwerk, Schaltassistent, Launch Control, Pitlane-Limiter, Reifendruckkontrolle, Schleppmoment- (Motorbrems-)Regelung, Berganfahrhilfe, eCall-System, Totwinkelassistent (Ultraschall), adaptives Kurvenlicht, adaptives Bremslicht, Start-Stopp-Automatik, adaptiver Tempomat, Totwinkelwarner (radarbasiert), Kollisionswarner.

Geplant: Spurhalteassistent, Scheinwerferassistent, Verkehrszeichenerkennungs-Assistent, Notbremsassistent, Fahrzeug-zu-Fahrzeug-/Fahrzeug-zu-X-Vernetzung.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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