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Autonomes Fahren: Die größten Probleme
Ampeln, Ethik und jede Menge Ärger

Inhalt von

Gehen wir mal davon aus, dass für uns das autonome Fahren tatsächlich die Mobilität der Zukunft ist. Dann darf man sich doch fragen, warum das alles nicht viel schneller geht? Wir zeigen, woran autonome Autos heute noch verzweifeln.

Google Car autonomous drive
Foto: Collage: auto-motor-und-sport.de

Geht es nach den digitalen Vordenkern der großen Autobauer und Technologiekonzerne, ist das autonome Fahren der entscheidende Schritt zu einer besseren, weil mobileren Gesellschaft. Und natürlich der Schlüssel zu einem ganz großen Geschäft. So ganz grundsätzlich ist der digitale Chauffeur eine bestechend gute Idee. Wo Maschinen miteinander sprechen, so die Theorie, wird der Verkehr sicherer. Braucht der Eigentümer sein Fahrzeug gerade nicht, sucht es sich ganz selbständig einen günstigen Parkplatz. Tankt auf oder lädt die Akkus. Fährt autonom zum Service oder stellt seine Dienste als Car- bzw. Ridesharing-Fahrzeug zur Verfügung. Effizient, sparsam und im Zweifel ökologisch. Sowas lässt sich nicht nur ganz prima auf Papier malen, an Wände projizieren und in animierte Schaubilder pressen, sondern damit heizt man auch problemlos die Fantasie von Investoren an.

Unsere Highlights
Google Maps
Alptraum XXL-Kreuzung: Mehrer Fahrspuren, Abbiegespuren, die kreuzende Straßenbahn, Fußgängerüberwege und keine Ampeln. Für autonome Fahrzeuge eine fast unlösbare Aufgabe

Zerrieben von Interessensgruppen

Die Realität hat, ganz ehrlich, im Moment wenig mit der hübschen Marketing-Zukunft zu tun. Nicht, weil es keine sehr ernsthaften und seriösen Ansätze gäbe, Fahrzeuge autonom mobil zu machen. Sondern weil das Thema in den letzten 24 Monaten konsequent kommunikativ zwischen jeder Menge Interessensgruppen zerrieben wurde. Heißsporne, Marketing-Profis, Ewig-Gestrige, Ingenieure, Erfinder, Trittbrettfahrer – sie alle wollen auf gar keinen Fall den Eilzug mit dem Businessmodell der Zukunft an sich vorbeirauschen sehen und versuchen, aufzuspringen. Manche haben rechtzeitig vorgesorgt und reserviert, andere schaffen es so grade eben durch die sich bereits schließende Tür, ein kleiner Teil hat die Finger im Türgummi und der Rest steht im Fahrtwind und versucht, der Öffentlichkeit die roten Lampen der Bahn als Lichter am Ende des Tunnels zu verkaufen. Heißt: Wer hier den Überblick behalten will, muss sehr genau hinsehen. Tun wir. Oder besser: wir versuchen es.

Nachweißlich sehr viele Leute, die sehr genau hinsehen, gibt’s beim Google-Unternehmen X. Unter dem Dach von X bündelt der Suchmaschinen-Riese alle Projekte, die ganz weit vom Kerngeschäft entfernt sind, die vor allem der Grundlagenforschung dienen. Im Auftrag von X arbeiten Ingenieure und Forscher an fliegenden Turbinen zur Windkrafterzeugung („Makani“), an autonomen Flugzeugen („Wing“), Ballons zur Datenübertragung („Loon“). Und an selbstfahrenden Autos („Self-Driving Car“). Dieses so genannte „Google Auto“ ist weithin der Inbegriff fürs autonome Fahren. Nicht, weil die Google-Truppe die ersten gewesen wären, die ein Auto gebaut haben, das ohne Fahrer auskommt. Sie waren um das Jahr 2009 herum schlicht die Einzigen, die das mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit, dem dazu passenden Budget und beeindruckenden Ressourcen getan haben. Inzwischen haben die verschiedenen Generationen des Google-Autos viele Millionen Testkilometer auf der Uhr. Auf abgesperrten Teststrecken, auf Prüfständen und im öffentlichen Straßenverkehr. Mit entsprechendem Erkenntnisgewinn.

Google gewährt Einblicke in alltägliche Probleme

Im Rahmen des „Hot Chips Symposiums“ im amerikanischen Cupertino ließ sich Google ein klein wenig in die Karten schauen. Daniel Rosenband, ein Entwickler aus dem Self-Driving-Car-Team von X, sprach in seiner Keynote über den aktuellen Stand des Projekts, berichtete von gewaltigen Fortschritten und den größten Herausforderungen auf dem Weg, aus Computern gute Autofahrer zu machen. Und die sind, irgendwie haben wir es ja alle geahnt, erstaunlich banal. Zumindest, wenn man über einen gesunden Menschenverstand verfügt, Augen im Kopf hat und einen Führerschein besitzt. Schaltkreise, Kameras, Sensoren und künstliche Intelligenz kommen im Alltag immer genau dort an ihre Grenzen, wo ein menschlicher Fahrer mit Erfahrung, Improvisation und Verstand die Situation meistert. Wichtig: Wir reden hier explizit nicht davon, wie schnell so ein Computer in der Lage ist, eine Vollbremsung einzuleiten oder einem Objekt auf der Straße auszuweichen. Es geht explizit um die wenigen Millisekunden vorher.

Daniel Rosenband, Google X
Daniel Rosenband, Google X
Grüne Ampel mit rotem Punkt? Und schon muss das autonome Auto passen.

Immer heikel: Ampeln

An Ampeln zum Beispiel. Die sind, zumindest in der Theorie, keine große Herausforderung für Kamerasysteme und die dahinter liegende Rechenpower. In der Praxis sind die Dinger für autonome Autos aber die Pest. Rosenband brachte drei Ampel-Beispiele aus dem Alltag eines Google-Autos mit, die das System heute vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Das Problem mit den Ampeln: Sie werden immer wieder von anderen Verkehrsteilnehmern verdeckt (Busse, LKW), sind teilweise von anderen Verkehrszeichen oder Gegenständen überdeckt, kaputt oder im Gegenlicht schon für einen menschlichen Fahrer schlecht zu erkennen. Die Folge: Nicht nur Google, sondern quasi fast alle anderen Konkurrenten in Sachen autonomes Fahren machen noch einen sehr großen Bogen um den Stadtverkehr in amerikanischen Städten.

Auch gemein: Große Kreuzungen ohne Ampeln

Fehlende Ampeln sind allerdings auch nicht viel besser. Am Beispiel einer großen 4er-Kreuzung in San Francisco erläuterte Rosenband das Problem. Jeweils eine Abbiegerspur pro Fahrtrichtung, in der Mitte jeweils die Straßenbahn, keine Ampeln. Im Alltag regelt man das mit viel Blickkontakt, Erfahrung, Umsicht und ein bisschen Mut. „Ein autonomes Auto läuft hier Gefahr, stecken zu bleiben“, so Rosenband.

Schwer zu deuten: Fahrradfahrer

Das Problem an den Drahteseln und ihren Fahrern ist nicht, dass die Kameras und Sensoren der autonomen Fahrzeuge so ein Fahrrad nicht wahrnehmen würden. Heikel wird es vor allem deshalb, weil die auf Sicherheit und Distanz gepolten elektronischen Systeme mit den verhältnismäßig schnellen Richtungswechseln und Schlenkern der Fahrradfahrer nicht klar kommen. Und wir reden jetzt noch nicht davon, die gleiche Übung auch bei Nacht zu meistern.

Sehr unfair: Fahrbahnmarkierungen

Neben extrem genauen Karten und diversen Sensoren orientiert sich so ein autonomes Fahrzeug auch immer an den Fahrbahnmarkierungen. Und schon müssen wir eigentlich nicht weiterreden, oder? Von der Farbe auf der Fahrbahn ist häufig nicht mehr viel zu sehen, Ausbesserungsarbeiten besorgen den Rest. Und dann sind da zum Beispiel noch temporäre Markierungen in Baustellenbereichen. Da kommt man selbst als geübter menschlicher Fahrer gerne ins Schwitzen. Und ein autonomes Fahrzeug? „Das bleibt im Zweifel einfach stehen“, erklärte Rosenband auf dem Hot Chips Symposium.

The Social Dilemma of autnomous cars
Jean-François Bonnefon, Azim Shariff, Iyad Rahwan
Im schlimmsten Fall muss sich das System entscheiden, wen es überfährt und wen gerade nicht - ethische Probleme, über die jetzt intensiv nachgedacht werden muss.

Wir müssen über Ethik reden

Zu all diesen nur auf den ersten Blick einfachen Alltagsproblemen gesellen sich natürlich auch sehr naheliegende Herausforderungen: Die Einsatzfähigkeit bei großer Hitze, großer Kälte, im Regen oder bei schlechter Sicht. Verglichen mit dem relevantesten Problem, das die Entwickler auf dem Weg zum serienmäßig einsatzbereiten autonomen Auto haben, sind das aber kaum mehr als Fingerübungen. Wir sollten über Ethik reden.

Warum? Weil auch autonome Fahrzeuge in Unfälle verwickelt sein werden. Weil Menschen drumherum versagen, weil die Technik versagt. Es wird krachen. Nun ist das Thema Ethik bei einem alltäglichen Auffahrunfall nicht von außergewöhnlicher Relevanz. Aber wer bringt so einem autonomen System eigentlich bei, wie es sich in einer ausweglosen Situation zu verhalten hat? Sprich: Wir verhält sich ein autonomes Auto in einer Situation, in der ein Unfall nicht mehr zu verhindern ist? Gefährdet es den Fahrer? Gefährdet es ein Gruppe von Menschen, die gerade die Straße überqueren und eine mögliche Ausweichstrecke „blockieren“? Erste Wissenschaftler beschäftigen sich mit diesem neuen Dilemma („Social Dilemma of autonomous vehicles“). Die möglichen Antworten sind so vielschichtig wir unbefriedigend. Ganz abgesehen von der Frage, wer dann hinterher die Verantwortung trägt? Der Programmierer? Der Hersteller? Der (unbeteiligte) Fahrer?

Um es mal kurz zu machen: Echtes autonomes Fahren funktioniert schon heute. Aber noch nicht immer, nicht überall und schon gar nicht zu 100% zuverlässig. „Wir können schon verdammt hoch springen“, heißt es dazu bei Google. „Aber bis es zum Fliegen reicht, wird es noch eine Weile dauern!“

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