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Autonomes Fahren
Das sagen die Versicherer

Das autonome Fahren steht in den Startlöchern. Doch noch sind rechtliche Fragen offen. Jörg Rheinländer und Michael Müller, zuständig für die Entwicklung von Kfz-Versicherungen bei der HUK-Coburg, klären im Gespräch mit auto motor und sport auf, welche das sind. Und geben aus Sicht der Versicherungsbranche einen Einblick, wie weit Carsharing und E-Autos bereits in der Gesellschaft angekommen sind.

Fahrerassistenzsysteme werden im Zuge des autonomen Fahrens irgendwann ganz die Kontrolle über das Auto übernehmen. Inwieweit bringen sich die Versicherungen bei der Entwicklung ein?

Rheinländer: Assistenzsysteme, die autonomes Fahren bewirken, haben Auswirkungen auf das Schadensgeschehen. Das interessiert uns massiv.

Sehen Sie da positive oder negative Auswirkungen?

Rheinländer: Wir müssen schauen, wie groß der Anteil eines Assistenzsystems an der Unfallvermeidung tatsächlich ist. Untersuchungen der Unfallforschung der Versicherer deuten darauf hin, dass solche Systeme wirklich Unfälle vermeiden können. Zur validen Analyse fehlt uns aber häufig die Information, ob ein System im Auto verbaut ist. Da würde uns ein entsprechender Schlüssel in der Fahrzeugidentifikationsnummer helfen. Und dass wir als Versicherer so etwas erst genau analysieren müssen, zeigt eine Erfahrung aus der Vergangenheit: Als ABS eingeführt wurde, hat die Versicherungsbranche einen positiven Einfluss auf das Schadengeschehen vermutet und einen Einführungsrabatt von zehn Prozent gegeben. Nachher hat sich aber sogar herausgestellt, dass sich das Risikoverhalten ändert – wenn man mehr Sicherheitssysteme im Auto hat, fährt man riskanter.

Unsere Highlights
Wann planen Sie, eine Art Versicherungswelt rund um das Thema autonomes Fahren aufzubauen?

Rheinländer: Das wird noch dauern. Das Grundproblem ist der rechtliche Rahmen, der uns für das autonome Fahren zurzeit fehlt. Solche Fahrzeuge sind zurzeit nicht zum Verkehr zugelassen. Haftungsfragen, die entscheidend sind für den Schutz von Verkehrsopfern, müssen geklärt werden. Das muss der Gesetzgeber machen. Beim Bundesministerium für Verkehr gibt es zum Thema autonomes Fahren erst seit 2014 einen runden Tisch, an dem wir auch sitzen.

Die Frage ist also: Wer haftet überhaupt? Der Pilot des autonomen Autos oder der Hersteller?

Rheinländer: Ganz generell: Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist und bleibt erster Ansprechpartner für Verkehrsopfer von Autos. Das gilt auch für autonome Fahrzeuge. Rechtsfragen dürfen nicht auf dem Rücken der Verkehrsopfer ausgetragen werden. Prinzipiell würde bei einem autonomen Fahrzeug die Produkthaftung greifen, aber sie ist nicht dafür gemacht.

Wie sind Ihre Interessen als Versicherung? Möchten Sie, dass das System oder der Fahrer das Auto lenkt?

Müller: Wir sind für den Opferschutz da. Wer fährt, ist dabei nicht unser Thema. Wir setzen uns dafür ein, dass die haftungsrechtlichen Grundlagen eindeutig geklärt sind, damit der Opferschutz nicht auf der Strecke bleibt. Hier muss der runde Tisch Ergebnisse liefern.

Wo muss denn angesetzt werden, um den Opferschutz zu gewährleisten?

Rheinländer: Die Mechanismen der Versicherung müssen auch beim autonomen Fahren so einfach bleiben wie bisher. Ich muss als Geschädigter immer die Möglichkeit haben, meinen Anspruch direkt gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung geltend zu machen und durchzusetzen. Schwierig ist jetzt allerdings die technische Abwicklung.

Was verstehen Sie unter der technischen Abwicklung?

Müller: Beispielsweise der Zugang zu den Daten, die im Fahrzeug vorhanden sind. Wir wissen, dass in manchen Modellen bereits Daten aufgezeichnet werden. Momentan hat nur der Fahrzeughersteller Zugriff auf diese Daten. Auch der Eigentümer des Autos sollte selbstverständlich die Daten lesen können.

Aber die Blackbox ist doch sehr umstritten in der Öffentlichkeit, weil keiner weiß, was mit den Daten passiert. Wie kann man das Problem lösen?

Müller: Für uns soll der Kunde die Wahlfreiheit haben, was mit seinen Daten geschieht. Das setzt aber voraus, dass die Systeme so offen sind, dass der Verbraucher auch wirklich wählen kann, wem er seine Daten anvertraut.

Wann können wir mit einer Novelle zum Thema autonomes Fahren in Deutschland rechnen?

Müller: Der Entwicklungskreis besteht seit gut einem Jahr, aber wir sind noch nicht so weit vorangeschritten, dass das Thema novellenreif wäre.

Rheinländer: Ich vermute aber trotzdem, dass die Annäherung schneller sein wird als bei üblichen Gesetzgebungsverfahren. Da das autonome Fahren in absehbarer Zeit kommen wird, besteht die Notwendigkeit, zügig zu handeln.

Werden die Erkenntnisse des runden Tischs als Schablone für die EU dienen?

Rheinländer: Möglich wäre das. Bislang sind die rechtlichen Problematiken beim autonomen Fahren noch nicht wirklich auf EU-Ebene angekommen. Derzeit reden wir nur auf nationaler Ebene. Deutschland ist aber aufgrund der Herstellerpräsenz prädestiniert dafür, ein Konzept zu entwickeln, mit dem man auf EU-Ebene antreten könnte.

Neben dem autonomen Fahren kommt auch das Thema E-Auto immer stärker auf. Haben Sie vor, spezielle Tarife für E-Autos anzubieten?

Rheinländer: Einen speziellen Tarif gibt es noch nicht, dazu ist die Anzahl an Fahrzeugen noch zu gering. Allerdings verfolgen wir bereits einen Ansatz zu diesem Thema. Wenn ein Auto einen geringen CO2-Ausstoß hat, dann belohnen wir das im Tarif. Wir sehen, dass das gerechtfertigt ist. Denn Kunden, die sich ein besonders ökologisches Fahrzeug kaufen, fahren auch vorsichtiger.

Stichwort Carsharing – wie beeinflusst das Ihre Versicherungswelt?

Müller: Wir beobachten diese Entwicklung. Aber bislang besteht für uns noch kein Bedarf, darauf zu reagieren, da wir noch keine dramatischen Rückgänge in den Fahrzeugzulassungen sehen. In unserer Wahrnehmung werden mit Carsharing zurzeit eher Taxifahrten oder Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln substituiert als der Besitz von Autos.

Rheinländer: Der Markt an versicherten Fahrzeugen wird derzeit vom Carsharing nicht in einer Größenordnung beeinflusst, die uns Sorgen macht.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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