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Autobahn-Reise
7 Fakten über Autobahnen

Man sieht nur, was man weiß: an der A 8 zwischen Bad Reichenhall und Karlsruher Dreieck etwa die Spuren von 80 Jahren Verkehrs- und Technikgeschichte. Mitfahren und staunen!

Autobahn-Reise, Mercedes S63 AMG, Heckansicht
Foto: Karl-Heinz Augustin

Die Dame an der Vignetten-Verkaufsstelle ist freundlich, sie schiebt für 8,50 Euro ein Pickerl über den Tresen und verbittet sich ansonsten das Fotografieren. Die ersten paar hundert Meter Autobahn A 8 von der österreichisch-deutschen Grenze bis zur Ausfahrt Bad Reichenhall-Nord sind nur über die österreichische A 1 zu erreichen und daher mautpflichtig.

Neben dem Mercedes S 63 AMG steht ein VW Bus, die Insassen betrachten den Mercedes. Ein junger Mann sagt: "Bald wird es keine Autos mehr geben und natürlich auch keine Autobahnen." Ich klebe die Vignette dennoch oben links an die Scheibe, und wir bollern vom Parkplatz. Kein Vollgas, nur ausreichend viel Drehmoment, um den über zwei Tonnen schweren Mercedes sanft auf Richtgeschwindigkeit zu ziehen. Der Biturbo-Achtzylinder rauscht leise im Motorraum wie ein weit entfernter Wasserfall. Die Autobahn schmiegt sich als nassgraue Schärpe durch das Voralpenland, folgt den Höhenzügen und überspannt Flüsse, die Tiroler Achen, Traun oder später Mangfall heißen.

Straßen und Brücken sind Teil der Landschaft

Das ist kein Zufall, denn die A 8 ist eine sehr alte Autobahn, sie wird am 21. März 80. Bei der Trassenführung legte die Bauleitung unter Generalinspektor Fritz Todt – und wohl auch lokalen Nazi-Größen – auf eine harmonische, der Landschaft folgende Streckenführung mehr Wert als auf Zweckmäßigkeit. So führt die Autobahn heute noch zwischen Inntal-Dreieck und Holzkirchen völlig unnötigerweise über den Irschenberg, steile Anstiege und enge Kurven inklusive.

Die Straße, heißt es in der Broschüre "Die Reichsautobahn" des Generalinspektors von 1935, müsse sich in das Bild der Landschaft einfügen.
Die Brücken sollten architektonische Machtdemonstrationen sein. Sie wurden in Propagandafilmen und Gemälden aufwendig in Szene gesetzt. Und zum Teil in den letzten Kriegstagen gesprengt. Wie die Mangfallbrücke östlich von München, die lange nach dem Krieg völlig neu entstand, oder die 1950 reparierte Drachenlochbrücke am Albabstieg 50 Kilometer vor Stuttgart.

Fast nur Lastwagen fahren heute vorschriftsmäßig rechts

Westlich von München ist die Reichsautobahn unter der modernen A 8 nur zu ahnen. Sie wurde auf drei Spuren pro Richtung verbreitert, Kuppen und Täler zum Teil abgeflacht, Lärmschutzwände behüten jetzt Dörfer und Gehöfte an der Strecke.

Die meisten Autos Richtung Augsburg bleiben links, auch mit dem weißstrahlenden LED-Licht der S-Klasse im Innenspiegel. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung hält den Abstand konstant, keine Eile. Dabei gilt das Rechtsfahrgebot seit 1935. Und schon 1938 ermahnte ein Leitartikel im auto motor und sport-Vorläufer "Motor und Sport", es sei eine selbstverständliche Anstandspflicht aller Kraftfahrer, die rechte Bahn zu benutzen, denn es könne immer sein, dass man ein schnelleres Fahrzeug behindere.

Die Tank- und Raststellen waren Teil der Inszenierung

Langsam, aber beständig hat der Achtzylinder den Tank leer geschlürft. Eine schmucklos moderne Zapfanlage neben der Autobahn liefert Super Plus für den Benz und Bratwurst mit Pommes für den Fahrer.

Von den schönen alten Rastanlagen entlang der Reichsautobahnen ist fast keine übrig geblieben – abgerissen, durch Neubauten ersetzt, zweckentfremdet oder vergessen, wie das Rasthaus am Chiemsee oder das an der Magdeburger Börde. Sie sollten sich ebenso in das Landschaftsbild einfügen, in ortstypischer Architektur das Bild der Autobahn harmonisch abrunden. Von Fritz Todt wurde erzählt, dass er eine hässliche Tankstelle, obwohl von einem renommierten Architekten ausgeführt, abreißen ließ. Heute dominieren, mit wenigen Ausnahmen, wie etwa der Feng-Shui-Raststätte auf der Schwäbischen Alb, triste Zweckbauten.

Über Berg und Tal

Weiter geht’s. Einigen der engeren Kurven auf dem Weg nach Westen ist heute noch anzumerken, dass Todts Ingenieure und Architekten die Trassen damals anders anlegten als heute üblich, selbst wenn man nicht viel schneller als die 1935 geplante Geschwindigkeit von 120 bis 160 km/h fährt. Den meisten Kurven fehlen die sogenannten Übergangsbögen, abruptere Richtungsänderungen sind die Folge.

Für das Anlegen von Kurven, Geraden, Kuppen und Tälern gab es genaue Vorschriften, je nach Geländeform. Im Gebirge war bei Kuppen und Wannen (Tälern) etwa eine Steigung von sieben Prozent zulässig, ein heute undenkbar hoher Wert. Daran hielten sich die Ingenieure etwa beim Aichelberg, seit 1990 ist er entschärft.

Drei statt zwei Spuren sind heute Standard

Nur 24 Meter breit ist der Streifen der Reichsautobahn, der sich ab 1934 nach Westen schlängelt. Je 7,50 betonierte Meter für die beiden Richtungsfahrbahnen, 5 Meter Mittelstreifen und zweimal 2 Meter Randstreifen das war’s. Die neue Trasse ist ein Drittel breiter: RQ 36, die Standardbreite einer heutigen sechsspurigen Autobahn. Bei Adelsried verschwindet gerade eine Kuppe, eine Grünbrücke wird darübergestülpt.

Einkehr an der Autobahn

Daneben steht Deutschlands älteste Autobahnkirche, gestiftet von der Augsburger Industriellenfamilie Haindl, Papierfabrikanten und Arbeitgeber von Bert Brechts Vater. Ein dickes Buch in der Kapelle zeigt die A 8 als Raum- und Zeitmaschine: handgeschriebene Fürbitten der Besucher in Deutsch, Rumänisch, Ungarisch, Serbokroatisch, Italienisch oder Französisch, zehn Zentimeter Reisegebete von März bis Dezember.

Nicht immer friedlich

Die Autobahn hat freilich nicht immer nur so friedlichen Zwecken gedient, wie die Unterführung unter dem ehemaligen Fliegerhorst Neubiberg oder der Lämmerbuckeltunnel auf der Alb zeigen. Flugzeuge starteten und landeten während der letzten Kriegsmonate hier, in den Tunneln wurden Rüstungsfabriken versteckt.

Bis Ende der 1980er wurden übrigens 25 Autobahn-Notlandeplätze für den Verteidigungsfall angelegt, etwa auf der A 81 im Odenwald. Kurz vor dem Ziel versteckt sich im Wald bei Pforzheim eine ehemalige US-Raketenbasis hinter Bäumen. Auch sie selten gebraucht, fast vergessen, doch heute noch zu sehen. Wenn man es weiß.

So entstand die Autobahn A 8

Die A 8 zwischen Bad Reichenhall und Karlsruhe ist eine der ältesten Autobahnen der Welt, vor 80 Jahren begann der Bau. Sie soll seine Lieblingsautobahn gewesen sein. Vor allem beim Abschnitt zwischen München und der Landesgrenze hat Hitler angeblich großen Einfluss auf die Trassenführung genommen. Historisch verbürgt ist, dass er am 21. März 1934 in Unterhaching den ersten Spatenstich ausführte, als Auftakt zur sogenannten Arbeitsschlacht. Gleichzeitig begann an über 20 weiteren Stellen der Bau der neuen Reichsautobahnen (RAB).

Schon 1936 wurde der erste Abschnitt der RAB 26, die 26 km lange Strecke zwischen Ramersdorf und Holzkirchen östlich von München, eröffnet. 1937 wurde die Autobahn zwischen München und Siegsdorf für den Verkehr freigegeben, ein Jahr später bis zum Grenzübergang bei Bad Reichenhall. Gleichzeitig entstanden die Abschnitte zwischen München und Augsburg sowie die westlichen Teilstücke zwischen Ulm, Stuttgart und Pforzheim. 1939 war die Autobahn durchgehend befahrbar. Nur der Albaufstieg war nicht komplett, er wurde im Gegenverkehr auf der nach Westen führenden Fahrbahn einspurig befahren.

Nach dem Krieg in A 8 umbenannt, blieb die Strecke bis Mitte der Achtziger weitgehend im Originalzustand, abgesehen vom ab 1950 fertiggestellten Albaufstieg. Seit 1985 wird sie ständig umgebaut, auf sechs Fahrspuren verbreitert, Gefahrenstellen wie am Aichelberg werden entschärft. Zudem erhielt sie eine West-Erweiterung zwischen Pirmasens und Schengen. Der Ausbau von Karlsruhe nach Pirmasens wurde 1976 verworfen.

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