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Ansichtssache Pkw-Maut
Straßennutzungsgebühr kommt - so oder so

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Kein Argument ist zu populistisch, um für oder gegen die Einführung einer Straßen-
benutzungsgebühr zu dienen. Die Diskussion pro und contra strotzt vor Scheinheiligkeit. Die Maut kommt, da ist sich Brigitte Haschek sicher. Die Frage ist nur: wann und wie?

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Foto: Picture-Alliance

Es gibt einfach Tatsachen, an denen man nicht vorbeikommt. Im Verkehrshaushalt klafft eine Finanzierungslücke von jährlich 2,5 Milliarden Euro, und derweil verfällt das deutsche Straßennetz immer mehr. Der Zustand von rund einem Drittel aller Brücken verdient allenfalls noch das prädikat "ausreichend", weitere 14 Prozent gelten als marode.

Also muss Geld her, um die Straßen-Erosion zu stoppen. Doch woher? Wie wäre es beispielsweise mit der Mineralölsteuer? Über 39,3 Milliarden Euro haben die Bürger im vergangenen Jahr mit ihrer Tankrechnung in die Staatskasse eingezahlt. Die Hälfte davon wäre im Prinzip "für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden". So sieht es jedenfalls das fast 50 Jahre alte Straßenbaufinanzierungsgesetz vor. Doch Regierungen jedweder Couleur haben über Jahre hinweg mit den Einnahmen aus der Mineralölsteuer lieber Haushalte saniert als Straßen. Ähnliches gilt für jene 4,4 Milliarden Euro aus der Lkw-Maut, die ebenfalls zweckgebunden – nämlich für den Erhalt des Straßennetzes – eingesetzt werden sollen.

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Schon in der Debatte um den vorletzten Verkehrshaushalt hatte der damals amtierende Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die Parlamentarier beschworen, die dramatische Finanzierungssituation seines Ressorts "durch irgendeine nutzerorientierte Abgabe" zu beseitigen. Dahinter verbrigt sich nichts anderes als die Forderung nach einer Autobahngebühr. Und ratzfatz zauberte der CSU-Frontman ein deutsches Maut-Modell nach österreichischem Vorbild aus dem Hut: 76,50 Euro Jahrespreis für alle. Bei Licht betrachtet eigentlich verkraftbar, wenn es dann tatsächlich dem Straßenbau zugute käme: Denn 76,50 Euro pro Jahr sind knapp 6,40 Euro pro Monat. Dafür bekommt man in guter Innenstadtlage noch nicht mal zwei Tassen Cappuccino.

Jedes Mautmodell belastet den Bürger

Doch in der öffentlichen Wahrnehmung punkten solche Fakten weniger als der Ruf nach einer Kompensation der deutschen Autofahrer – wenn die Maut kommt, so wie es auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer vehement fordert. Sollte dafür etwa die Kfz-Steuer ganz oder teilweise entfallen? Nur Traumtänzer können glauben, dass sich der Staat diese fast 8,5 Milliarden Euro durch die Lappen gehen ließe. Und auch der jüngste Vorschlag des Maut-Verfechters Seehofer dürfte eher Wunschdenken sein: Mit dem jährlichen Kfz-Steuerbescheid solle den Autobesitzern eine Vignette zum Null-Tarif mitgeschickt werden. Ganz nach der schlichten Formel: Deutsche benutzen die Autobahn kostenlos, Ausländer müssen blechen. Das kommt an Stammtischen gut an, ist aber reine Augenwischerei.

Aus zwei Gründen: Berücksichtigt man einerseits alle Kilometer, die Pkw-Fahrer derzeit auf deutschen Autobahnen zurücklegen, entfallen gerade einmal fünf Prozent auf jene mit ausländischem Kennzeichen. Andererseits gilt in der EU das Verbot der Schlechterstellung ausländischer Straßenbenutzer. Seehofers Wunschkonzert steht klar im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht der EU.

Karl-Heinz Daehre, früherer Leiter der Länderverkehrsminister-Kommission zur "Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung", hat anscheinend einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden. Er plädiert dafür, die Lkw-Maut für alle Lastwagen ab 3,5 Tonnen und für alle Straßen einzuführen. Nach Daehres Berechnungen brächte das 4,4 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr. Diese Idee finden sowohl SPD als auch Grüne prima.

Aber auch dies hat seinen Preis, den dann alle Bürger bezahlen müssen. Denn die Transportunternehmen werden nicht auf ihren höheren Maut-Kosten sitzen bleiben wollen. Im hart umkämpften Logistikgewerbe reicht man höhere Betriebskosten an den Kunden weiter. Höhere Lkw-Maut hat höhere Endverbraucherpreise als Konsequenz – ob im Supermarkt, im Buchladen oder im Modegeschäft.

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Auto Straßenverkehr 13 / 2021

Erscheinungsdatum 26.05.2021

76 Seiten