MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"8835460","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}

101 Jahre elektrische Verkehrsampel
Viel Neues zum Geburtstag

Die elektrische Verkehrsampel feiert Jubiläum. Wir zeigen Ihnen, wie sie früher aussah, wie sie heute arbeitet und was sie in Zukunft alles können wird.

asv 2014, 100 Jahre Ampel
Foto: Siemens

101ahre sind eine lange Zeit, in der sich nicht nur die Technik, sondern auch die Gesellschaft verändert hat. Gut abzulesen ist das an der Ampeltechnik, die sich in dieser Zeit vom Gasbetrieb zur computergesteuerten LED-Beleuchtung entwickelte und am Rande Kuriosa wie eine Broschüre zur richtigen Nutzung (Düsseldorf, 2012) oder geschlechtsspezifische Fußgänger-Piktogramme hervorbrachte. Heute ist die Ampel aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie regelt zuverlässig den Verkehr und scheint gelegentlich sogar hellseherische Fähigkeiten zu besitzen – Stichwort grüne (oder rote) Welle. Doch wie funktioniert sie eigentlich, und was steckt in den blinkenden Kästen, die in aller Welt über den Straßen hängen?

Unsere Highlights

Lichtsignalanlagen über stadteigenes Kabelnetz

Der Aufbau einer Ampel ist relativ simpel. Im Inneren sitzt ein Mikroprozessor, der mit einem Echtzeit-Betriebssystem arbeitet. Dieser sendet das Signal an LED, welche dann auf die innere Streuscheibe scheinen. Darüber liegt das Muster, und dann kommt die Frontlinse. Das erklärt aber immer noch nicht, wie die Signalgeber funktionieren und miteinander kommunizieren.

Wilke Reints, Entwicklungsleiter für Intelligent Traffic Systems bei Siemens, bringt Licht ins Dunkel: "In Europa sind Lichtsignalanlagen nahezu immer über ein stadteigenes Kabelnetz verbunden." Die Leitzentralen steuern und kontrollieren dann über ihr Netz die vorprogrammierten Ampelanlagen. Siemens beliefert weltweit Länder mit Ampeln, deutschlandweit stellt das Unternehmen fast jede zweite der rund 1,5 Millionen Anlagen.

Wie ist es aber möglich, dass eine Ampelanlage in Abu Dhabi von München aus gesteuert werden kann? Laut Reints kommt dafür ein Virtual-Private-Network-Kanal (VPN), ein virtueller Kommunikationstunnel, zum Einsatz. Schaltzentrale und Anlage müssen dazu nicht direkt miteinander verbunden sein. Die Datenverbindung verknüpft die Schaltzentrale mit einem VPN-Server, der das Signal dann an die Anlage in Abu Dhabi weiterleitet. Über das Internet direkt läuft nichts. Dennoch werden Hackerangriffe zu einem immer größeren Thema.

Eingebauter Sicherheitsmechanismus verhindert Manipulationen

In den USA gelang es Informatikern der Universität Michigan vor Kurzem, signifikante Sicherheitslücken in den Verbindungen zwischen Anlagen und der Schaltzentrale aufzudecken. Dabei handelte es sich um unverschlüsselte Drahtlos-Netzwerke, in denen die Hacker die Verteilung der Rot- und Grünzeiten manipulieren konnten. "Allerdings können feindliche Signalbilder, bei der in allen Richtungen Grün angezeigt werden soll, nicht ausgeführt werden", erklärt Reints. "Alle Ampeln haben einen eingebauten Sicherheitsmechanismus, der die Anlage dann sofort abschaltet", versichert der Experte.

Die Ampel-Hardware muss einiges aushalten können. Die Elektronik einer herkömmlichen Anlage verträgt Temperaturen von – 40 bis 85 Grad. Für Regionen mit noch extremerem Klima haben die Hersteller sowohl Anlagen mit Lüftern als auch mit Heizungen im Programm. Zusätzlich gibt es als regionale Besonderheit auf einigen Märkten spezielle Funktionen wie die Wartezeitanzeige. Für deutsche Straßen ist das zu teuer und zu aufwendig, da sich viele der Anlagen ohnehin eigenständig an den Verkehr anpassen. Mittels Kontaktstreifen auf der Fahrbahn wird erkannt, wie hoch das Verkehrsaufkommen ist.

Die Ampelsteuerung entscheidet auf dieser Basis dann selbst, wie lange die Rotphasen sind. Neben den diversen aktuellen Ampelmodellen und deren Spezialausführungen nimmt bei Siemens auch die Forschung eine wichtige Rolle ein. Dabei geht es darum, den Verkehr künftig flüssiger zu gestalten und Unfälle zu vermeiden. Aktuell wird beispielsweise an WLAN-Hotspots für Fußgänger gearbeitet. Diese sollen künftig per Smartphone die Kommunikation mit der Ampel ermöglichen und so Daten wie die restliche Wartezeit übermitteln können.

Audi entwickelt Software zur Nutzung von Ampeldaten

Auch für die Autoindustrie gewinnt das Thema Konnektivität mit den Leitsystemen zunehmend an Bedeutung. Audi hat bereits eine Software zur Nutzung von Ampeldaten im Auto entwickelt. Ziel auch hier: ein besserer Verkehrsfluss und möglichst kurze Wartezeiten. Bei Siemens wird daran gearbeitet, dass "Ampeln zukünftig Kontakt zu Autos aufnehmen, um beispielsweise der Start-Stopp-Automatik mitzuteilen, dass sie bei nur wenigen Sekunden Wartezeit den Motor nicht ausschalten muss", erläutert Reints eine der möglichen Optionen. "Außerdem könnten Ampeln in Zukunft Informationen über Scheibenwischerstufen auswerten. Eine hohe Stufe an vielen Fahrzeugen nahe der Ampel weist automatisch auf eine regennasse Fahrbahn hin, die Ampel könnte die Übergangszeiten automatisch anpassen." Mit diesen Möglichkeiten erreicht man nicht nur mehr Effizienz, sondern auch mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Reints rechnet mit einem Durchbruch auf dem Markt schon in drei bis fünf Jahren.

Bleibt die Frage, ob die gute alte Ampel angesichts neuer Arten der Datenübermittlung und Verkehrssteuerung langfristig nicht überflüssig wird. Wilke Reints verneint: "Die Ampel wird nicht verschwinden. Alternativen wie der Kreisverkehr sind nur für verkehrsschwache Regionen gedacht. Das rot-gelb-grüne Lichtsignal bleibt uns erhalten."

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten